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    Celeste & Jesse Beziehungsstatus: Es ist kompliziert!
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Celeste & Jesse Beziehungsstatus: Es ist kompliziert!
    Von Jörg Brandes

    Wenn sich ein Paar getrennt hat, stellt sich automatisch die Frage, wie man von nun an miteinander umgehen soll. Die Spannbreite möglicher Reaktionen ist enorm. Am einen Ende der Skala stehen die radikalen Beziehungsterminierer, die dazu tendieren, die Sache so schnell wie möglich zu vergessen und den Kontakt zum Ex-Partner komplett abzubrechen. Am anderen Ende finden sich diejenigen, die bereit sind, ihr ehemaliges Liebesverhältnis in eine enge Freundschaft umzuwandeln. Zu dieser Spezies gehören auch Rashida Jones und Will McCormack, die gemeinsam das Drehbuch zu der bezaubernden US-Independent-Dramödie „Celeste & Jesse" schrieben. Einst waren sie kurz miteinander liiert, seit ihrer Trennung sind sie gute Kumpel. Diese Vertrautheit mit dem Thema ist wohl mit ein Grund dafür, dass die Handlung des Films von Regisseur Lee Toland Krieger über weite Strecken sehr glaubhaft wirkt. Und dass sich „Parks And Recreation"-Star Rashida Jones die Hauptrolle selbst auf den Leib schrieb, ist gewiss auch nicht von Nachteil.

    Celeste (Rashida Jones) und Jesse (Andy Samberg) hängen in ihrer Freizeit meist gemeinsam ab, verstehen sich super, haben jede Menge Spaß miteinander und werfen sich im Beisein anderer oft verschwörerische Blicke zu. Für Außenstehende deutet nichts darauf hin, dass die Ehe der beiden nach sechs Jahren am Ende ist. Doch seit sechs Monaten pennt der Gelegenheitsgrafiker Jesse im Atelier hinter seinem ehemaligen Zuhause. Die Initiative zur Trennung ging von der als Trendforscherin, Buchautorin und Teilhaberin einer Marketing-Agentur sehr umtriebigen Celeste aus, der Jesses ewige Schlunzigkeit auf den Senkel geht. Nun sind beide beste Kumpel, und zwar so gute, dass sich ihre Freunde Beth (Ari Graynor) und Tucker (Eric Christian Olsen) bereits über die Unklarheit ihres Beziehungsstatus aufzuregen beginnen. Diese Ungewissheit ist insbesondere Jesse ganz recht, der insgeheim hofft, dass sich seine Noch-Frau wieder umbesinnt. Doch als etwas unerwartet passiert, ist es plötzlich Jesse, der die Scheidung forcieren will...

    Man kann vielleicht nicht alles nachvollziehen, was die beiden Titelfiguren im Zuge ihrer Irrungen und Wirrungen so treiben. Aber die meisten Wendungen, die die Handlung nimmt, sind stimmig. Dabei ist es eine der großen Stärken des Drehbuchs, wie geschickt die Autoren mit der Option auf eine Wiedervereinigung des Ex-Paars spielen. Eine weitere sind die nie gekünstelt klingenden Dialoge. Und wie es in guten Dramödien der Fall ist, liegen Ernst und Spaß, der sich hier auch mal in Slapstick äußern kann, eng beieinander.

    Wie großartig die beiden Drehbuchautoren diese Faktoren gegeneinander auszutarieren verstehen, verdeutlicht wohl am besten die Sequenz, in der sich Celeste genötigt sieht, auf der Hochzeitsfeier von Beth und Tucker einen Toast auf das Brautpaar auszusprechen. Einem peinlichen Witz, in dem es um die Antwort auf die Frage geht, wie man eine Nonne schwängert, folgt eine entwaffnend ehrliche Rede. Was in vielen Hollywood-Romantikkomödien aufgesetzt erscheint, sorgt hier für einen wahrhaft bewegenden Moment. Dessen emotionale Wirkung beruht freilich mit darauf, dass Regisseur Lee Toland Krieger („The Vicious Kind") das Geschehen unaufdringlich in Szene setzt. Überhaupt erweist er sich als guter Beobachter. Gleichzeitig offenbart er ein feines Gespür für die Befindlichkeiten seiner Protagonisten.

    Bei diesen verlagert sich der Fokus im Verlaufe des Films zunehmend auf Celeste. Die muss nicht nur damit zurechtkommen, dass sich durch die neuen Umstände das Kräftegleichgewicht zwischen ihr und Jesse zu dessen Gunsten verschiebt. Ihr wird auch klar, was sie mit ihrem langjährigen Partner alles verlieren würde und wie schwer ihr das Loslassen fällt. Die mit dieser Entwicklung einhergehende Unsicherheit ihrer Figur nutzt Rashida Jones, um ihre darstellerische Vielseitigkeit unter Beweis zu stellen. Weil er weniger Leinwandzeit zugebilligt bekommt, ist ihr Filmpartner Andy Samberg, mit dem Jones schon in „Trauzeuge gesucht!" gemeinsam vor der Kamera stand, in dieser Hinsicht auch weniger gefordert. Aber zumindest wirkt der einstige „Saturday Night Live"-Comedian als Schluffi, der plötzlich die verantwortungsbewusste Seite an sich entdeckt, grundsympathisch. Dem Filmvergnügen förderlich sind auch die Nebendarsteller – etwa Chris Messina („Ruby Sparks") als Celestes Dating-versessene Yoga-Kurs-Bekanntschaft, „Frodo" Elijah Wood („Der Herr der Ringe") als ihr schwuler sarkastischer Geschäftspartner und ganz besonders Emma Roberts („Scream 4") als von diesem unter Vertrag genommenes Pop-Sternchen, das dann doch nicht so doof ist, wie Celeste zunächst glaubt.

    Fazit: Mit „Celeste & Jesse" ist dem Autorenduo und dem Regisseur ein erfrischender unkonventioneller Liebes-/Entliebungsfilm geglückt, der sich ziemlich nah am Puls des wahren Lebens bewegt und sich hinter gelungenen artverwandten Independent-Werken wie „(500) Days Of Summer" und „Lola gegen den Rest der Welt" nicht zu verstecken braucht.

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