Es stimmt: Was auf den ersten Blick wie eine Version von "Midnight Meat Train" anmutet (nächtliche Großstadt mit Abgründen, unheimliche Gestalten in der Finsternis sowie ein von Fotografie besessener Hauptcharakter), entpuppt sich als ein komplexer Film, der wie das Thema ist, das immer wieder angesprochen wird: Chaos. Chaotisch, weil sich eben durchaus viele Elemente wiederfinden: Sozialstudie (hier übrigens an "Harry Brown" mit Michael Caine erinnernd!), Horror- und Gruselfilm, Faustgeschichte, Liebesgeschichte und über allem auch das Charakterdrama um Jamie, brilliant dargestellt von Jim Sturgess. Mit diesem Jamie hat man durchaus Mitleid und kann mit ihm fiebern. Das ist auch nötig, denn gemeinsam mit ihm gerät man in einen eigenartigen Strudel aus Ereignissen, die ebenso interpretationsfreudiger anmuten, wenn man genau darüber nachdenkt. Hat Jamie aufgrund seiner seelischen Verletzungen alles nur erdacht? Kann man annehmen, aber diese Interpretation wäre zu vorschnell - und schließlich deutet hier alles auf mehr hin. Ist das Ende erlösend-platt? Da wäre ich mir nicht so sicher, denn in seinem Leben war dem jungen Mann eigentlich nicht viel vergönnt gewesen - die letztlichen Schönheiten und Geheimnisse konnte er nicht entdecken. - Aber das kann man eben auch alles anders sehen. Eben deshalb lohnt es sich wirklich dieses Werk noch einmal zu schauen.
Höhere Wertungen bleiben jedoch versagt, weil ich durchaus der Meinung bin hier und da wär eine intensivere Verbindung nötig gewesen. Gerade im letzten 2/3 gibt es dann doch die eine oder andere Länge. Auch hätte ich mir hier und da mehr Erklärungen gewünscht (z.B. zu Jamies Vater: Ob er auch mit Papa Bee zu tun hatte?). Schließlich gefiel mir auch der Einsatz der Popsongs nicht so wirklich, wo doch der zu Anfang zu hörende eigene Score des Films viel besser zur bedrohlichen Atmosphäre gepasst hat.
Fazit: Ein auf den zweiten Blick durchaus vielschichtiges Horrordrama, das auch als Metapher für das Post-9/11-London dient.