Regisseur Walter Hill („Straßen in Flammen“, „Nur 48 Stunden“, „Red Heat“) versuchte sich in „Last Man Standing“ an einer Neuinterpretation von Akira Kurosawas Klassiker „Yojimbo“. Heraus kam ein sehr stilvoller, aber ausnehmend oberflächlicher Action-Western.
Er ist auf dem Weg nach Mexiko. Seine Reise führt ihn durch das Grenznest Jericho. Aufgehalten von einem auf der Straße liegenden Pferdekadaver wirft er einen Blick auf die vorbeischreitende Freundin (Karina Lombard) des örtlichen Gangsterbosses Doyle (David Patrick Kelly). Dafür wird ihm das Auto gehörig demoliert. Auf die Frage, wer er sei, nennt er sich John Smith (Bruce Willis). Er bleibt in Jericho. John sieht die Entweihung seines Autos als persönliche Herausforderung an. Wenig später tötet er den Übeltäter. Er schließt sich einem mit Doyle verfeindeten Gangsterboss an: Fredo Strozzi (Ned Eisenberg). Doch seine Loyalität währt nicht lange…
Bereits einmal wurde die Geschichte vom fremden Samurai, der sich zwei verfeindeten Parteien zum besten Preis anbietet, neu verfilmt. Die Rede ist von Sergio Leones legendärem Spaghetti-Western „Für eine Handvoll Dollar“, der Auftakt der Dollar-Trilogie. Altmeister Walter Hill versuchte sich erneut an der Thematik, ließ sich aber mehr vom Italo-Western, denn Akira Kurosawas „Yojimbo“ inspirieren. Ihm gelang eine stimmige Kreuzung aus Gangsterfilm und Neo-Western. Angesiedelt in der Zeit der Prohibition, lässt Hill seinen Anti-Helden in einer fiktiven Grenzstadt zu Mexiko landen, die stark an die verlassenen, von tyrannischen Desperados beherrschten Städtchen der Italo-Western erinnert.
Stil und Ausstattung erweisen sich denn auch als der große Trumpf von „Last Man Standing“. Die edle Art der Kameraführung, der solide Schnitt und das karge Wüsten-Setting begründen eine ansehnliche Atmosphäre. Ry Cooders musikalische Umrahmung fördert dieses atmosphärische Ambiente zusätzlich und rundet ein formal hohes Niveau ab. Hätte auch der Rest des Films diesen beträchtlichen Standard beibehalten können, „Last Man Standing“ wäre ein denkwürdiger Film geworden. So aber bekommt es der Betrachter nur mit einem grundsoliden Action-Western zu tun, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Das Leben eines Menschen hat in „Last Man Standing“ keinen einnehmend hohen Wert. Nicht, dass dies ein besonders wichtiges Detail wäre. Es ist Actionfilmen eigen, dem menschlichen Leben keine allzu große Bedeutung beizumessen. „Last Man Standing“ unterstreicht dies in entwaffnend ehrlicher Weise, schafft es aber nicht, der gezeigten und zelebrierten Gewalt einen kritischen Anstrich abzugewinnen, wie es beispielsweise einem Sergio Leone gelungen ist. So erhalten die Aggressionsorgien doch einen schalen Beigeschmack, beeindrucken zwar mittels ihrer Konsequenz, stoßen aber durch unkritische Distanzlosigkeit ab. Das könnte zwar implizieren, dass die gezeigte Gewalt um der Gewalt Willen eine satirische und dadurch im Endeffekt doch kritische Überspitzung erhalten hat, damit wäre dem Film aber zuviel des Guten unterstellt.
„Last Man Standing“ funktioniert auf der Ebene eines anspruchslosen Unterhaltungskrachers und auch nur auf dieser Ebene. Mehr darf und kann von „Last Man Standing“ nicht erwartet werden. Das stilistische Ambiente und die brachialen Actionszenen, deutlich von John Woo inspiriert, überzeugen. Gerade die moderne Action vor westernähnlicher Kulisse mit einem Schuss Gangsterfilmstimmung gefällt und hält das Interesse des Zuschauers wach.
Eine mehr als dürftige, dafür aber straff erzählte Geschichte versucht den Film zu tragen, die durch begleitende Off-Kommentare von Bruce Willis’ Charakter zusammengehalten wird. Meist klingen diese ziemlich cool, sind aber so hohl wie eine leere Nuss. Hat sich der Zuschauer aber erst einmal mit der unmoralischen Gleichgültigkeit des Films arrangiert, macht das nichts mehr, wird doch dadurch die bedrückende Stimmung gut unterstrichen und beinhalten diese Sprüche durchaus etwas vom Geist der frühen Werke des Film Noir.
Darstellerisch bewegt sich „Last Man Standing“ auf ordentlichem Niveau. Bruce Willis schweigt, flüstert und ballert sich konsequent unsympathisch durch den Film und gefällt redlich als der starke Mann mit einer Schwäche für schöne Frauen. Dem Film kommen interessante Gesichter in Nebenrollen zu Gute, wobei allerdings Charakterköpfe wie Christopher Walken und Bruce Dern auf Sparflamme agieren.
Der große Wurf ist „Last Man Standing“ bei weitem nicht, als unterhaltsamer, atmosphärischer Actionfilm kann er aber Pluspunkte verbuchen und dürfte Fans von Gangster-Filmen und Italo-Western für sich einnehmen.