Vorpremiere, fast leeres Kino, die Erwartung an Refns Hollywood - Erstling waren kolossal, meinerseits, nicht von der breiten Masse, zumindest nicht an diesem Abend. Und das Einspielergebnis wird unter der ab 18 Freigabe durchaus leiden, auch wenn das absolut in Ordnung geht.
Vielleicht sollte man all diese Erwartungen an die großen Actionpassagen und Tricksereien Hollywoods beiseite schieben, um diesen Film wirklich vollends wahrzunehmen, was ich nach den ersten 10 Minuten dann auch getan habe. Es findet dort zu Beginn nicht eine halsbrecherische Hetzjagd wie in Transporter statt, auch wenn der Film teilsweise daran erinnert. Nein, der Film nimmt sich die Zeit, die er braucht, um auf den Zuschauer zu wirken. Er offenbart einen unfassbar coolen, introvertieren und schweigsamen "Driver". Seine Figur ist einmalig, er ist keinem Vorbild angepasst oder auch nur verwandt, allein das ist schon die Leistung Refns und natürlich auch Goslings, die diesen Film zu großen Teilen aus- und einzigartig macht. Und es enfalltet sich nach diesen 10 Anfangsminuten eine Geschichte, die skripttechnisch zwar auf 4 Seiten gepasst hätte, aber nicht von seiner Inszenierung. Die Stille und Bedachtheit gibt ihm nämlich Atmosphäre und Spannung, und was für eine! Jeder Gewaltexzess, der diese Ruhe durchsetzt, kommt somit noch intensiver heraus, als er ohnehin schon in Szene gesetzt wird. Es packt den Zuschauer ( ich lüge nicht, zu behaupten, das Publikum sei das ein ums andere Mal hochgeschreckt). Zumal sind die spannendsten Momente, ohne etwas vorweggreifen zu wollen, von künstlerisch hohem Anspruch und packender dramatischer Intensität.
Der 80er Jahre Flair scheint gut hindurch, ohne dadurch altbackend zu wirken, alleine die Schrift der Credits oder die syntheziser verstärken Musikszenen bestechen durch ihr Timing und ihre Inszenierung.
Schauspielerisch schafft es Gosling natürlich jeden auszustechen, meistens mit seiner nicht selten bedrohlichen Gestik, aber die klaren Stärken liegen trotzdem zwischen dem Wechselspiel Goslings mit Mulligan; wenn "Driver" und ihr Sohn zusammen schweigend nebeneinander fernsehen, sind das einige der anrührendsten und schönsten Momente des Films, bis Refn das Konzept wieder auf Goslings ultrahartes Spiel mit seinen Auftraggebern lenkt. Diese kriegen zwar nur begrenzte Spielzeit, überzeugen jedoch in ihren Kurzauftritten und auch wenn sie kein Mitgefühl für ihr Handeln bekommen, schenkt ihnen das Publikum dennoch Akkzeptanz für ihre teilweise beschissenen Ausgangslagen.
Aufgrund dieser Argumente und anderer, ist es schon eine kleine Enttäuschung wie sehr der Film an der Oscar- Jury vorbeigekommen ist. Dennoch wird er bleiben.
Der Film wird nicht jeden ansprechen, alleine aufgrund seiner verdienten Altersfreigabe. Dennoch ist er eine dieser Werke, die dem interessierten und nicht zu zimperichen Zuschauer in Erinnerung bleiben werden, aufgrund seines durchdringenden und verstörenden Realismus, seiner wagemutigen Inszenierung, seiner Emotionen, die nur durchscheinen, wenn man Gestik und Mimik dieses Fast - Stummfilms zu verstehen weiß und ja, auch aufgrund seiner verdammten Coolness. Ich kauf mir morgen erstmal einen Zahnstocher!