Charles Bronsons Selbstjustiz-Trip in Ein Mann sieht rot zog nicht nur vier Sequels und ein für 2011 angekündigtes Remake von Sylvester Stallone, sondern in den 1970er Jahren auch eine wahre Armada an Trittbrett-Produktionen nach sich. Aktuell schwappt eine zweite Welle von Vigilante-Streifen über das Kino herein. Die Fremde in dir mit Jodie Foster, Death Sentence mit Kevin Bacon und 96 Hours mit Liam Neeson sind nur einige jüngere Erfolgsfilme, in denen die Protagonisten das Gesetz in die eigene Hand nehmen. Damit ist das Ende der Fahnenstange aber noch lange nicht erreicht: Mit The Tortured von der Saw-Schmiede und Edge Of Darkness mit Mel Gibson stehen nämlich bereits die nächsten Genrebeiträge in den Startlöchern. In diese Kerbe schlägt nun auch F. Gary Grays „Gesetz der Rache“. Doch im Gegensatz zu den meisten anderen Filmen des Genres nimmt dieser seine Ideologie leider etwas zu ernst. Das Vergnügen an den brutalen Rachephantasien wird so doch merklich getrübt.
Nach der brutalen Ermordung seiner Frau (Brooke Stacy Mills) und seiner Tochter (Ksenia Hulayev) ist Clyde Shelton (Gerard Butler) am Boden zerstört. Und als der psychopathische Täter (Christian Stolte, Public Enemies) nach einer Absprache mit dem auf seine Verurteilungsquote bedachten Staatsanwalt Nick Rice (Jamie Foxx) mit einer lächerlich geringen Haftstrafe davonkommt, verliert der Ex-Familienvater auch noch seinen Glauben ans Rechtssystem. Zehn Jahre später schnappt sich Clyde den Mörder, bringt ihn in ein abgelegenes Lagerhaus und foltert ihn langsam zu Tode. Als die Polizei mit einem Squad-Team anrückt, leistet Clyde keinerlei Widerstand. Er lässt sich bereitwillig inhaftieren und der inzwischen die Karriereleiter herauf gesprintete Nick ist sich sicher, es hier mit einem Selbstgänger-Fall zu tun zu haben. Doch da hat er die Rechnung ohne Clyde gemacht: Aus dem Gefängnis heraus verübt der leidenschaftliche Tüftler mit selbstgebastelten, vorab deponierten Apparaturen Anschläge auf alle, die einst am Prozess gegen den Mörder seiner Familie beteiligt waren…
Selbstjustiz-Reißer hängen, das sagt bereits ihr Name, in aller Regel einer verächtlichen Moral nach. Dass sich das Genre dennoch einer solchen Beliebtheit erfreut, hat mit einer Art geheimem Abkommen zu tun, das die Filmemacher und ihr Publikum schließen. Gemeinsam leben sie im Kinosaal für zwei Stunden ihre dunkle, rachsüchtige Seite aus, ohne das alles aber sonderlich ernst zu nehmen. Diesen Pakt hat Gerard Butler nun gebrochen. „Gesetz der Rache“ ist der erste Film von Butlers frisch gegründeter Produktionsfirma Evil Twins und der produzierende Schauspieler wird in Interviews nicht müde, sein erstes Zelluloid-Baby gegen die Einstufung als Trash-Spaß zu verteidigen und ihm eine bitte ernst zu nehmende gesellschaftskritische Komponente zuzusprechen. Auch dem Film selbst ist in den meisten Szenen anzumerken, dass er tatsächlich als Kommentar zur Gesellschaft und zur Justiz gelesen werden möchte. Dabei wird nicht nur für eine konsequentere Anwendung der Todesstrafe plädiert, nein, es wird sogar nach einer schmerzhafteren Methode verlangt. Ganz schön starker Tobak, der sich nicht mal eben so schlucken lässt.
Deshalb ist es nun am Zuschauer selbst, in seiner Wahrnehmung aus dem Möchtegern-Brainer einen No-Brainer zu machen. Gelingt ihm dies, lässt sich mit „Gesetz der Rache“ nämlich überraschend viel Spaß haben. Abgesehen von den genreüblichen Logiklöchern in Scheunentorgröße hält der Film schließlich doch den einen oder anderen Trashwert für sein Publikum bereit. Allein der Plan und die dazu nötigen vorherseherischen Fähigkeiten, mit denen Clyde seine Rache aus dem Gefängnis heraus vorantreibt, nehmen dermaßen hanebüchene Züge an, dass dieser MacGyver-Gedenk-Blödsinn bereits wieder prächtig unterhält. Und wenn Gerard Butler seine Richterin (Annie Corley, Monster), der er gerade noch eine Freilassung auf Kaution heraus geleiert hat, plötzlich aufs Übelste zusammenscheißt, wie sie denn um Gottes Willen darauf kommen würde, einen psychopathischen Killer wie ihn wieder auf freien Fuß zu setzen, möchte man dem coolen Hund nur noch applaudieren – egal ob man seine Absichten nun gutheißen darf oder nicht.
Sowieso ist das Star-Duo an der Spitze der Besetzungsliste der größte Trumpf des Films. Gerard Butler (300, Rock N Rolla, Gamer, Die nackte Wahrheit) meistert die Gratwanderung zwischen gebrochenem Racheengel und verspieltem Spitzbuben, dem es ein diebisches Vergnügen bereitet, den versammelten Justizapparat an der Nase herumzuführen (und abzumurksen, versteht sich). Oscar-Preisträger Jamie Foxx (Ray, Collateral, Dreamgirls, Der Solist) ist als opportunistischer Karrierist hingegen dafür zuständig, das vogelwilde Story-Konstrukt zumindest ein kleines bisschen zu erden, was ihm nicht in allen, aber doch in vielen Szenen recht gut gelingt. So ist man als Zuschauer ständig hin- und hergerissen, welchem der beiden grundverschiedenen Kontrahenten man nun eigentlich die Daumen drücken soll.
Fazit: Es reicht nicht, nur ein Auge zuzudrücken, um über die fragwürdige Moral dieses Leinwand-Rachefeldzugs hinwegzusehen. Ist man dazu jedoch bereit, offenbart sich „Gesetz der Rache“ als spitzbübisch-überdrehtes, stark besetztes Trash-Vergnügen.