In Hollywood kann es mitunter sehr schnell gehen – praktisch über Nacht werden Stars geboren, Hypes entfacht und Legenden geschaffen. Letzteres ist bei Ryan Gosling zwar noch bei weitem nicht der Fall, aber es steht außer Frage, dass er einer der großen Gewinner des Kinojahres 2011 war. Er wirkte in drei namhaften Filmprojekten („Crazy Stupid Love", „The Ides of March", „Drive") mit, die von Publikum und Kritik wohlwollend aufgenommen oder sogar gefeiert wurden. Ein Jahr zuvor hatte er bereits eindrucksvoll auf sich aufmerksam gemacht: Im Independent-Drama „Blue Valentine" und in „All Beauty Must Die", einem Psychothriller des für seinen Dokumentarfilm „Capturing the Friedmans" oscarnominierten Regisseurs Andrew Jarecki. Das großartige Schauspieltrio Gosling, Kirsten Dunst („Melancholia") und Frank Langella („Frost/Nixon") ist der Trumpf des auf wahren Begebenheiten basierenden Films. Darüber hinaus wartet „All Beauty Must Die" mit vielen packend inszenierten Einzelszenen auf – zu einem dramaturgisch flüssigen Ganzen fügen sich diese Höhepunkte aber leider nicht zusammen.
New York, Anfang der 1970er: Durch Zufall lernt David (Ryan Gosling) die hübsche Katie (Kirsten Dunst) kennen und lieben. Schon bald werden sie ein Paar, heiraten und erfüllen sich einen gemeinsamen Traum, indem sie einen Haushaltsbedarfsladen in Vermont eröffnen. Das alles geschieht sehr zum Missfallen von Davids Vater (Frank Langella), der die aus einfachen Verhältnissen stammende Katie als nicht standesgemäß betrachtet. Viel lieber will er seinen Sohn in den zwielichtigen Familien-Immobilienbetrieb einführen. Der dominante Vater übt zunehmend Druck auf David aus, bis dieser mit Katie zurück nach New York zieht. Von diesem Moment an beginnt sich das Leben des Ehepaars grundlegend zu ändern; der ohnehin sehr stille David wird zunehmend verschlossener, führt Selbstgespräche und hat Wutausbrüche. Nachdem die schwangere Katie von David zu einer Abtreibung genötigt wurde, will sie ihn endgültig verlassen. Und dann, eines Abends, ist die junge Frau spurlos verschwunden...
Ganze zweieinhalb Jahre haben die Filmemacher den wahrhaft filmreifen Kriminalfall um die 1982 verschwundene Kathie McCormack und ihren Ehemann Robert Durst recherchiert. Die Filmhandlung ist prinzipiell stark an diesen Geschehnissen und ihrer Auflösung orientiert, die hier deshalb nicht verraten werden soll, aber natürlich kommen bei einer Fiktionalisierung für die Leinwand auch jede Menge spekulative Momente hinzu. Dabei gelingen Andrew Jarecki einige nicht nur spannende, sondern sogar markerschütternde Szenen, die nachhaltig im Gedächtnis bleiben. So etwa, wenn Katie ein Selbstgespräch ihres Mannes belauscht oder wenn ein wütender David ins Wohnzimmer stürmt und seine Frau vor den Augen ihrer entsetzten Familie an den Haaren aus dem Haus schleift. Hier entfaltet auch die starke Musikuntermalung ihre volle Wirkung, überhaupt findet Komponist Rob Simonsen sowohl für die romantischen Momente des Beginns, als auch für die zunehmend beklemmende Atmosphäre im weiteren Verlauf immer den passenden Ton.
Dass „All Beauty Must Die" trotz packender Szenen und starker Darsteller nicht durchweg überzeugt, liegt an der weitschweifigen Handlungsführung. Man merkt der Arbeit der Drehbuchautoren Marcus Hinchey und Marc Smerling jederzeit deutlich an, dass sie ihr enormes Wissen über den Fall unbedingt einbauen wollten – bei einer solchen Detailfülle verliert die streng an der historischen Chronologie orientierte Filmhandlung allerdings immer wieder deutlich spürbar an Fahrt und wirkt oft regelrecht überladen. Das letzte Drittel von „All Beauty Must Die" - nach Katies Verschwinden - mutet dann plötzlich fast wie ein anderer Film an; einer ohne die dichte Atmosphäre, die mit den Szenen einer völlig verstörten Ehe etabliert wurde. Immerhin, der echte Robert Durst, der heute in Florida lebt, gab an, dass ihm der Film sehr gefallen habe – seine Unschuld beteuert er übrigens nach wie vor.
Fazit: „All Beauty Must Die" ist ein solider Psychothriller mit echten Spannungshighlights, hervorragenden Darstellern und einem großartigen Soundtrack. Schade bloß, dass der Film vom arg vollgestopften Drehbuch immer wieder ausgebremst wird.