Globalisierung ist böse – das ist auch ohne Finanzkrise glasklar! Die wirklich fiesen Auswirkungen weltweiter Vernetzung werden besonders dann ersichtlich, wenn ursprünglich ortsgebundene Flüche ihre japanische Folklore-Heimat gen Amerika verlassen, um dort ihr Glück zu suchen - pardon, Angst und Schrecken zu verbreiten. Zur Verantwortung dafür gezogen gehört allerdings weniger Kayako, als eher Regisseur Toby Wilkins, der der blassen Schönheit mit den Kehlkopfproblemen via „The Grudge 3“ endgültig den letzten Rest Gruselcharme entreißt. Ließ er im klaustrophobischen Monsterschocker Splinter noch Ansätze stimmig inszenierten Horrors erkennen, läuft „The Grudge 3“ als erster nicht von Serienschöpfer Takashi Shimizu inszenierter Teil von Beginn an auf eine hirnlose Revue des umfangreichen Ju-On-Franchises heraus. Wenigstens erinnert Poltergeist-Opfer Rose mit einem weinerlichen „Ich habe solche Angst“ gegen Ende noch einmal daran, was der bis zur unfreiwilligen Komik abdriftende Direct-to-DVD-Streifen eigentlich soll.
Verdammte Psychologen! Eben noch hat der kleine Jake (Matthew Knight, The Grudge 2) das paranormale Massaker an seiner Familie überlebt, schon wird sein Augenzeugenbericht zur Traumakompensation umgedeutet. Bis Dr. Sullivan (Shawnee Smith, Saw-Reihe) endlich einsieht, dass Racheengel Kayako (neu besetzt: Aiko Horiuchi) keineswegs eine Kinderphantasie ist, ist das Blutvergießen längst wieder in vollem Gange. Denn ungünstigerweise herrscht reger Verkehr in Jakes ehemaliger Behausung mitten in Chicago. Nach wie vor gilt: Wer über die Türschwelle tritt, dem blüht kurz darauf ein fatales Date mit der weißen Dame. Eigentlich hat Hausmeister Max (Gil McKinney) schon Sorge genug damit, seine beiden Schwestern auf Kurs zu halten. Die kleine Rose (Jadie Hobson) braucht teure Medikamente, während Lisa (Johanna E. Braddy) mehr mit ihrer Libido als einem Beitrag zum Familienaufkommen beschäftigt ist. Hätten sie den Hauszwist doch bloß für einen Augenblick pausiert und auf die Warnungen der mysteriösen Naoko (Emi Ikehatas) gehört! Doch es ist zu spät – der Fluch fordert einmal mehr seinen Tribut...
„The Grudge 3“ ist kein annähernd funktionierender Horrorfilm, Hochphilosophisches eröffnet er aber allemal. Wo beginnt ein auch metaphysisch gültiges Areal, wo endet es? Immerhin hält sich der Fluch peinlichst genau an bürokratisch begrenzten Wohnraum, während Exekutivgewalt Kayako bei der Heimsuchung ihrer unglücklichen Besucher omnipräsent ist. Warum macht sie sich immernoch die Mühe, epileptisch aus Gemälden oder um Flurkanten zu kriechen, wo sie sich doch völlig frei materialisieren kann? Fragen nach der mentalen Gesundheit der noch lebendigen Figuren sind ebenfalls angebracht. Dass ein schneeweißer und hingebungsvoll miauender Junge, der zudem noch innerhalb eines Wimpernschlag auftaucht und verschwindet, für das Agieren einer unheimlichen Macht sprechen könnte, kommt Lisa gänzlich unsinnig vor.
Da hilft auch Naokos Vorschlag zur rituellen Gegenwehr nicht weiter. Denn Kayakos Arbeitsvertrag hält freilich weitere Sequels offen. Da spricht ihr Lisa ganz aus der untoten Seele: „Dass so viele sterben, kann einen doch nicht davon abhalten, weiterzuleben.“ So verkommt „The Grudge 3“ zur bloßen Übergangsepisode. Wer die Vorgänger kennt, weiß bis hin zur Schlusseinstellung, wie das Elend ausgeht. Nicht minder traurig ist, wie würdelos die einzig nennenswerten Castmitglieder verheizt werden. Jigsaw-Schülerin Shawnee Smith und Weltraum-Veteranin Marina Sirtis (Star Trek - Der erste Kontakt) dürfen jeweils eine Handvoll Dialogphrasen runterleiern und drei entsetzte Close Ups stellen, bis sie als Geisterfutter enden. Von minimalem Interesse ist einzig Emi Ikehatas Naoko – was jedoch nicht bedeutet, dass ihre Ghostbuster-Ambitionen mit mehr als einem arg konstruierten Familienschwenk angetippt würden.
Auch ästhetisch hat „The Grudge 3“ nichts zu bieten. Die Akustik entwickelt sich nicht eine Sekunde über genretypisches und zum Gähnen indifferentes Streichergeflirre hinaus, oft genug flankiert von Kayakos zornigem Geknatter. Das wäre noch verschmerzbar, würde Wilkins sich auch nur annähernd darum bemühen, ein atmosphärisches Setting zu etablieren. Doch weder taugt der Hauptschauplatz im alten Mietshaus als vom Horror infiltrierter Ort des Vertrauten, noch kommt in den leeren Räumen und öden Gängen ein wenigstens sachtes Haunted-House-Flair auf. Wilkins verlässt sich ganz auf die Zugkraft Kayakos und entlarvt „The Grudge 3“ damit als dumm-dreiste Markenmelke. Hätte die arme Bleichhaut das geahnt, wäre sie sicher im heimischen Tokio geblieben.