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    Ein Augenblick Freiheit
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Ein Augenblick Freiheit
    Von Andreas Staben

    Erstlingsfilme sind oft von unerhörter Ambition. Eine kaum gezügelte (Über-)Fülle von Themen, Ideen und Stimmungen kennzeichnet dabei Hollywood-Klassiker von Citizen Kane bis Der mit dem Wolf tanzt genauso wie unzählige ungleich bescheidener produzierte erste cineastische Gehversuche aus dem Rest der Welt. Radikal subjektive und sehr persönliche Erzählformen werden dabei häufig mit universellen künstlerischen oder politischen Ansprüchen verbunden. Diese gegenläufigen Tendenzen des Intimen und des Allumfassenden verleihen den Debüts eine besondere Spannung, die auch beim Flüchtlingsdrama „Ein Augenblick Freiheit“, dem ersten Spielfilm des in Österreich lebenden Exil-Iraners Arash T. Riahi, zu spüren ist. Die Fliehkräfte des Disparaten setzen der episodenhaften Erzählung trotz einer sehr durchdachten Konstruktion allerdings merklich zu, so dass der Film im Ganzen weder analytisch noch emotional zufriedenstellt.

    Arash T. Riahi verknüpft in seinem Drehbuch, in das auch autobiographische Anteile einflossen, lose drei exemplarische Flüchtlingsgeschichten: Lale (Behi Janati Ataï), Hassan (Payam Madjlessi) und ihr kleiner Sohn Kian (Kamran Rad) werden beim beschwerlichen Weg vom Iran in die Türkei von einem skrupellosen Schlepper hintergangen. Auch die beiden jungen Männer Ali (Navid Akhavan, Salami Aleikum) und Merdad (Pourya Mahyari) versuchen die gefährliche Flucht über die winterlichen Grenzberge nach Westen. Sie wollen Alis Nichte Azy (Elika Bozorgi) und seinen Neffen Arman (Sina Sarba) nach Wien bringen, wo die bereits vor Jahren entkommenen Eltern der Kinder Asyl erhielten. Am Knotenpunkt Ankara steigen beide Gruppen in einem heruntergekommenen Hotel ab, in dem auch die beiden ungleichen Freunde Manu (Fares Fares) und Abbas (Said Oveissi) Unterschlupf suchen. Die neue Freiheit wird bald durch Bürokratie, Korruption und Fremdenfeindlichkeit gefährdet, auch der Arm des iranischen Geheimdienstes reicht bis in die Türkei und darüber hinaus…

    Nach diversen Verwicklungen hält Autor und Regisseur Riahi sehr unterschiedliche Schicksale für seine Protagonisten bereit, kaum ein Aspekt der Flüchtlingsproblematik bleibt unerwähnt. Die Darstellung geht jedoch nur in seltenen Fällen über das rein Konstatierende hinaus. Dass es etwa auch in der Türkei verblendete Nationalisten gibt, die zuschlagen, wenn sie die kurdische Sprache hören, und Geschäftsleute, denen Geld mehr bedeutet als Menschlichkeit, ist keine wirklich überraschende Erkenntnis. Die politisch-kulturellen Hintergründe sind nur angedeutet, daher behalten die Charaktere trotz ihrer dramatischen Erlebnisse und trotz der sehr authentischen Besetzung, die vorwiegend aus Laien mit persönlichen Flucht- und Exilerfahrungen besteht, meist ihre anonym anmutende Beispielhaftigkeit.

    „Ein Augenblick Freiheit“ beginnt effektvoll mit der Großaufnahme des Gesichts eines Hinrichtungsopfers kurz vor der Exekution. Riahi schließt die Klammer am Ende und nimmt diese Erschießungssequenz zum Abschluss wieder auf. Ähnlich eindrücklich gelingen dem gelernten Dokumentaristen die Aufnahmen von der Flucht durch das unwirtliche Gebirge, doch starke Bilder ergeben eben noch lange keine Geschichte. Der Versuch, komplexe politische Zusammenhänge in einem Panorama nach Art von L.A. Crash oder Babel aufzufächern, schwankt unvorteilhaft zwischen den Polen des Individuellen und des Exemplarischen, des Nüchternen und des Überhöhten, des Tragischen und des Komischen. Vor allem die humoristischen Einlagen, für die in erster Linie der von Fares Fares (Kops) verkörperte kurdische Tausendsassa Manu zuständig ist, wirken bemüht. Die ausgedehnte Jagd des hungernden Überlebenskünstlers auf einen Schwan, die für das Tier im Kochtopf endet, ist eher befremdlich als lustig, besonders mit vorangegangenen Szenen von Folter und Mord im Hinterkopf.

    „Hühnchen à la Flüchtling“, so tauft der stets optimistische Manu den zähen Schwaneneintopf. Dieses fröhliche Umtaufen einer deprimierenden Realität zeugt von den guten Absichten der Filmemacher. „Ein Augenblick Freiheit“ ist unverkennbar mit viel Herzblut und Engagement entstanden. Die Vignetten über die Zustände im Iran und in der Türkei sowie über die Defizite der europäischen Einwanderungspolitik mögen vereinzelt spontane Empörung wecken - nachhaltigen Erkenntnis- oder Erlebniswert besitzen sie nicht.

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