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DerJarno
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5,0
Veröffentlicht am 6. Mai 2024
Man sollte mit dem Begriff „Meisterwerk“ sicher vorsichtig umgehen, aber auf „Dolores Claiborne“ trifft er meines Erachtens zu. Drehbuch, Regie, Kamera, Musik, Szenenbild, alles absolut erstklassig, und dazu noch bis in die Nebenrollen hervorragend besetzt und gespielt. Der Film steht heute leider ein wenig im Schatten anderer, populärerer Stephen King-Verfilmungen – völlig zu Unrecht.
Viele Einflüsse ergänzen sich in diesem Film zum Meisterwerk. Sozial- und Familiendrama als Krimi, das ganze an der Grenze zum Episodenfilm gestaltet, wobei einige wenige Male die handelnden Personen in den Rückblenden doppelt vorkommen - in Gegenwart und Vergangenheit. Klasse Story und Spannungsbogen, hervorragende Schauspieler, Musik und Inszenierung. Ein Film der besonderen Art.
Das geniale an dieser Stephen King Verfilmung ist nicht die Verknüpfung von angeblichen Morden mit einem dramatischen Mutter-Tochter Verhältnis, in dem die Vergangenheit so erdrückend wird, dass sie nach Aufarbeitung schreit. Es ist auch nicht die außergewöhnliche schauspielerische Leistung von Kathy Bates und Jennifer Jason Leigh, sondern es ist das Fehlen des üblichen Horrorszenarios wie es sonst im Genre üblich ist. Hier knistert es zwischen Mutter und Tochter, sehr sensibel aufgezeigt und fein dosiert gesteigert. Barsch prallen die verletzten Emotionen aufeinander bis hin zur Selbstzerstörung. Natürlich fehlen nicht die tatkräftigen Schlag-Zu-Szenen. Außerdem ist es ein Frauenfilm, der die Botschaft enthält ’Du musst ein Miststück sein, um zu überleben!’ Die Vertreter des männlichen Gegenparts kommen hier eher suboptimal weg. Und auch die Erzählweise tut ein Übriges um Spannung zu erzeugen, oftmals mit Hilfe von technisch gut gemachten Rückblenden. Packend, erschütternd, unerbittlich!
''Dolores'' ist ein beeindruckend kühl und mit Sinn für Schlichtheit gefilmtes Drama, in dem eine junge Frau in ihre Vergangenheit zurückkehren muss, um jetziges Leben zu verstehn. Dabei gefällt mir insbesondere der dezente Symbolismus, der mit der Insel als Metapher für das Vergangene eingeführt wird. Die Figur kann wieder in das Jetzt zurück kehren und die Insel verlassen, wenn die Vergangenheit aufgeklärt ist. ''Doroles'' basiert auf der Romanvorlage von Stephen King, der nach ''Stand By Me'' erneut beweist, dass er für Hollywood-Verfilmungen jenseits der Horrorgenres gut ist. Tony Girloys Adaption passt sich dem langsamen Rhythmus der einsamen Insel an, auf der der Film spielt und versteht sich darauf, eine packende Story mit Charaktertiefe zu verbinden. Zeitweise fehlt zwar die emotionale Bindung zu den Figuren, da man sich mit ihnen nicht wirklich identifizieren kann, doch fesselnd ist dieser Film dennoch. Wer ruhige und optisch beeindruckende Filme mag, die Wert auf Entwicklung der Protagonisten legen, der wird mit diesem Film gut beraten. Anspruchsvoll und schön anzusehen.