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    Cold Prey - Eiskalter Tod
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Cold Prey - Eiskalter Tod
    Von Björn Helbig

    Kalt ist es in den Bergen Norwegens, doch kälter noch in den Herzen derjenigen, denen schreckliches Unrecht widerfuhr. Debütant Roar Uthaug greift ein bekanntes Motiv auf und verlegt die Handlung in den alpinen Norden. Auch wenn der der junge Filmemacher die engen Genregrenzen nicht überschreitet, ist ihm doch ein sehenswerter kleiner Film gelungen, der vor allem durch den ruhigen aber konsequenten Spannungsaufbau, psychologisches Einfühlungsvermögen und atemberaubende Landschaftsaufnahmen überzeugt.

    Die fünf Freunde Jannicke (Ingrid Bolsø Berdal), Eirik (Tomas Alf Larsen), Ingunn (Viktoria Winge), Mikal (Endre Martin Midtstigen) und Morten (Rolf Kristian Larsen) gönnen sich einen Urlaub im norwegischen Outback. Was gibt es da Schöneres, als die beeindruckende Bergwelt mal mit dem Snowboard zu erkunden? Doch schon bald ereignet sich ein tragischer Unfall, der den Traumurlaub zu Nichte macht: Mitten im verschneiten Nirgendwo stürzt Morten und bricht sich das Bein. Notgedrungen suchen die Freunde Unterschlupf in einem abgelegenen Hotel. Was sie nicht ahnen: So verlassen, wie das Hotel gewirkt hat, ist es nicht. Und der in den Gemäuern wohnende Fremde mag keine Eindringlinge…

    Dass Schneelandschaften gut zu Horrorfilmen passen, hat man schon bei Das Ding aus einer anderen Welt von 1951, John Carpenters gleichnamigem Remake von 1982 oder auch kürzlich bei 30 Days Of Night erleben dürfen. Thematisch, vor allem aber von der Stimmung her, schlägt „Cold Prey“ allerdings eine andere Richtung ein. Referenzen sind eher Filme wie Kubricks Meisterwerk Shining oder auch der launige Mystery-Thriller Der eisige Tod. Einen Gang runter schalten, heißt das Konzept, das auch in diesem Falle aufgeht. Bei „Cold Prey“ stellt die Stimmung nicht grelle Effekte in den Vordergrund. Dazu stechen die Figuren zunächst positiv heraus. Uthaug hat darauf verzichtet, aus ihnen das typische Slasher-Kanonenfutter zu machen. Die fünf sind einfach ganz normale Mittzwanziger. Die Beziehung zwischen ihnen wird eher angedeutet als ausgewalzt. Man erfährt zwar, dass beiden Pärchen so ihre Probleme haben – bei Jannicke und ihrem Freund geht es um das Zusammenziehen, beim Ingunn und Mikail um die Wahl des richtigen Zeitpunkts für intime zwischenmenschliche Kontakte – und Morten (Rolf Kristian Larsen) sich ein wenig wie das fünfte Rad am Wagen fühlt. Ansonsten bleibt er Film in der Charakterisierung angenehm dezent. Und selbst als die Freunde in die Extremsituation geraten, bleiben die Figuren echte, nachvollziehbare Menschen. Dass dies gelungen ist, verdankt der Film natürlich auch seinen Schauspielern. Alle machen ihre Sache gut. Ingrid Bolsø Berdal gewann für ihre Rolle der toughen Jannicke den Amanda-Publikumspreis („Best Actress“).

    Die Story an sich bietet wenige Überraschungen. Berghütte, fünf potenzielle Opfer, Killer. In dieser Hinsicht hebt sich „Cold Prey“ nicht von der Masse ab. Selbst die Reihenfolge der Todesfälle folgt mehr oder weniger den Erwartungen. Aber so funktioniert das Genre nun mal, deswegen dürften auch die Wenigsten wirklich enttäuscht sein. Schon eher etwas Anstoß finden könnte der ein oder andere Horror-Fan daran, dass „Cold Prey“ nicht dem derzeitigen Trend zu immer brutaleren Szenen folgt; auch wenn der Film alles andere als handzahm ist, hält sich Uthaug bei der Darstellung von Gewalt eher zurück. Anstelle dessen bemüht sich der Regisseur um einen ruhigen, aber sukzessiv ansteigenden Spannungsaufbau und eine atmosphärische Ausarbeitung des Berghotel-Szenarios. Das ist dem 1973 in Lørenskog geborenen Norweger größtenteils gelungen. Der ruhige Erzählton und die in kühlen Farben eingefangenen Bilder der norwegische Berglandschaft und der heruntergekommenen Location ergeben ein stimmiges Ganzes. Doch auch wenn Stimmung und Ambiente gelungen sind und auch die Darsteller überzeugen – so ganz lässt sich die spannungsraubende Wirkung der zu vorhersehbaren Geschichte nicht wegdiskutieren. Die zahlreichen Versatzstücke des Genres mögen optisch stilvoll aneinander gereiht sein, aber ein wenig mehr eigene Ideen hätten auch der Geschichte gut getan. Nicht mal der Mini-Twist am Schluss war wirklich unvorhersehbar. Wenn man an den modernen Klassiker des Genres, The Descent, denkt, sieht man, dass auch innerhalb der Genregrenzen einiges an Potenzial schlummert. Wenn Neil Marshalls Film derzeit die qualitative Obergrenze des Outdoor-Horrors markiert und der missratene Blood Trails die Untergrenze, dann orientiert sich „Cold Prey“ eindeutig oben und landet schließlich im guten Mittelfeld.

    Fazit: Vorhersehbarer, aber handwerklich solider Slasher, der vor allem durch Atmosphäre und gute Darsteller punktet.

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