Mein Konto
    Puls - Wenn alle vernetzt sind ist keiner sicher
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Puls - Wenn alle vernetzt sind ist keiner sicher
    Von Thomas Vorwerk

    In seiner bisher mehr als 40 Jahre und 60 Bücher umspannenden Karriere hat Bestseller-Autor Stephen King so ziemlich alle bekannten Facetten des Horrorgenres umfassend abgefrühstückt: Vampire, Werwölfe, Geister (gern auch ein ganzes Hotel davon), Serienmörder, böse Doppelgänger, Terror-Tiere (etwa in Gestalt eines Bernhardiners), den C'thulhu-Mythos, Außerirdische und viele mehr. Auch einige reanimierte Leichen waren dabei („Friedhof der Kuscheltiere“), aber dem aktuell so beliebten Zombie-Genre widmete sich King tatsächlich erstmals 2006 in seinem Roman „Puls“, den er dem Zombie-Godfather George Romero („Die Nacht der lebenden Toten“) widmete. Mit etwas Verspätung (nach dem Ausstieg von Regisseur Eli Roth hat sich das Projekt immer weiter hingezogen) kommt nun die Verfilmung „Puls“ von Tod Williams („Paranormal Activity 2“), ein trotz einiger erzählerischer Twists klassischer Zombiefilm, für den King zwar höchstpersönlich das vielfach kritisierte Buchende umschrieb, der aber dafür nun allerlei andere Mängel aufweist.

    Comiczeichner Clay Riddell (John Cusacks dritte Rolle in einer King-Verfilmung nach „Stand By Me“ und „Zimmer 1408“) hat gerade einen Multimedia-Deal für eine Graphic Novel abgeschlossen und versucht gerade von einem Flughafenterminal aus, seine Frau telefonisch zu erreichen, um ein Treffen mit seinem Sohn zu verabreden, als sich der Flughafen plötzlich in ein blutiges Tollhaus verwandelt: Jeder, der gerade noch sein Ohr an ein Mobiltelefon hielt, verwandelt sich in kürzester Zeit in einen mordlüsternen Killer. Wachmänner fallen über ihre eigenen Hunde her, ein Koch läuft mit einem großen Schlachtermesser Amok - und in den durch ein großes Panoramafenster zu sehenden Flugzeugen scheint die Situation auch außer Kontrolle geraten zu sein. Clay schafft es mit viel Glück zur flughafeninternen U-Bahnstation und trifft dort auf seinen „neuen besten Freund“ Tom McCourt (Samuel L. Jackson). Mit einigen anderen Überlebenden bricht man auf, wobei es Clay vor allem darum geht, herauszufinden wie es seiner Familie geht. Gar nicht so leicht, denn einfach anrufen geht ja nun nicht mehr…

    Es gehört trotz überschaubarem Budget und nicht optimaler CGI-Effekte zu den gelungensten Momenten des Films, wenn sich eine ganz normale US-Großstadt in einer Viertelstunde in ein postapokalyptisches Chaos verwandelt. Die verwackelte Kamera und viele Lichtkontraste vermitteln das Gefühl, mittendrin zu stecken in diesem riesigen Schlamassel, und während sich die Gruppe der Überlebenden immer wieder neu zusammensetzt, erfahren wir mehr über die sogenannten Phoners, die sich in einigen Punkten von herkömmlichen Zombies unterscheiden: Sie sind nämlich keine lebenden Toten, sondern Menschen unter einem seltsamen Einfluss, der einer mörderischen Schwarmintelligenz ähnelt. Die Phoner stehen miteinander in Kontakt, beißen nicht nur zu, sondern bewaffnen sich auch und stellen sogar hinterhältige Fallen auf. Dass man sich nicht durch einen bloßen Biss infiziert, ist da nur ein schwacher Trost, denn wenn man von so einem Schwarm attackiert wird, sind die Überlebenschancen auch so sehr gering (zumal es in „Puls“ keine langsam schlurfenden Old-School-Zombie gibt, vor denen man gemütlich wegspazieren könnte). Außerdem ein verstörender Faktor: Die Mitglieder der Gruppe um Clay entwickelt zunehmend immer ähnlichere Träume, in denen ausgerechnet eine düstere Figur aus Clays Comic-Projekt auftaucht.

    Während „Puls“ zu Beginn ein flottes Tempo entwickelt und auch die immer neuen Erkenntnisse über die seltsame Bedrohung das Interesse wach halten, bieten die Charaktere (so sie denn überhaupt einen längeren Zeitraum im Spiel bleiben) kaum Identifikationspotential. Während sich Samuel L. Jackson („Pulp Fiction“) zu sehr auf seinem etablierten Leinwandimage ausruht, liefert John Cusack auch nicht gerade die überzeugendste Darbietung seiner Karriere. Allzu häufig erschöpft sich die Filmhandlung in Szenen, in der einer der Protagonisten sich im Halbdunkel einer Person nähert, bei der die Gefahr groß ist, dass sie sich inzwischen in einen Phoner verwandelt haben. Wobei es tatsächlich etwas Verstörendes an sich hat, in welchem Tempo sich hier ganz normale Zivilisten zu professionellen Mörder-Mobs entwickeln (was man sicherlich auch als aktuelle politische Metapher auslegen kann). Dafür wird „verstörendes“ Potential an anderer Stelle verschenkt: Wenn seine traumatisierte Nachbarin Alice (Isabelle Fuhrman) recht zu Beginn in einem blutdurchtränkten Kleid an Clays Tür klopft, lassen sich die Filmemacher noch Zeit, um die moralisch ambivalente Situation auszuleuchten. Spätestens in der zweiten Hälfte verlieren solche Konflikte um Leben und Tod aber jedes Gewicht – und dann ist „Puls“ eben doch nicht mehr als ein Zombiefilm wie zu viele andere.

    Fazit: Die Nutzung von Handys verwandelt die Menschheit in Zombies – eine treffende Metapher, die „Puls“ zu Beginn eine gewisse Frische verleiht, die sich der Film aber leider nicht bis zum Ende bewahren kann.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top