Diesen Film zu sehen, ist kein Vergnügen. Nancy, psychisch krank, verletzt sich selbst, wurde als Kind sexuell missbraucht, in der Therapie findet sie keine Hilfe, nur in der Flucht ins Internet und der zunächst virtuellen Bekanntschaft mit Louis (Nickname: Der Schmerzensmann), mit dem sie einen "Erlösungsplan" entwirft, den sie dann auch umsetzen will, weshalb sie zu Louis fährt. Der Film ist kein Unterhaltungsfilm, kein Thriller und auch kein SM-Erotikfilm, sondern ein erschütterndes Psychodrama. Die schauspielerischen Leistungen sind, Maria Bello vorneweg, sehr gut. Auch die Kulissen sind glaubwürdig. Nur ist nichts an diesem Film schön, cool, sexy oder "hollywoodesk", sondern kaputt, beklemmend, erstickend.
Im Fokus stehen Nancy und ihre Gesichte, ihr Verhalten wird für mich psychologisch glaubwürdig und nachvollziehbar präsentiert. Ihr Mann und Louis hingegen werden charakterlich nur skizziert, allerdings rechne ich das dem Film nicht als Minuspunkt an, er setzt schlichtweg Prioritäten.
Man begleitet also Nancy beim freiwilligen Sturz in den Abgrund - aber was heißt freiwillig? Nancy ist vor allem auch Opfer der Umstände, als Kind sexuell missbraucht, verheiratet mit einem vermeintlich gleichgültigen Mann, der es zumindest nicht schafft, seine Gefühle zu zeigen, an seine Frau heranzukommen oder sie an sich heranzulassen. Aber Nancy ist auch ein Opfer ihrer selbst, da sie es nicht zulassen kann, sich helfen zu lassen, selbst wenn die Möglichkeit dazu besteht. Gerade dann, wenn ihr jemand mit Zuneigung begegnet, wird sie spröde und abweisend. Dass Nancy keine Liebe zulassen kann, ist wiederum ein Resultat der Umstände und so beißt sich die Katze in den Schwanz und der Zuschauer "versteht" die subjektive Ausweglosigkeit und Unausweichlichkeit der Situation, selbst wenn man die ganze Zeit hofft, dass vielleicht doch noch Rettung möglich ist. Das ganze ist wirklich sehr quälend anzuschauen, man ist voller Mitleid für Nancy und wünscht inständig, einer würde kommen, sie in den Arm nehmen, trösten, mit Liebe überschütten und alles würde gut. Aber so ist das Leben nicht und so ist dieser Film wirklich einer der traurigsten, den ich je gesehen habe, zusammen mit "Lilja 4-ever" und "Boys don't cry", an welche der Film in manchen Punkten erinnert, auch wenn die Stories jeweils ganz unterschiedlich sind. Auch "Downloading Nancy" erzählt wie diese beiden Filme in qualvoller Ausführlichkeit eine menschliche Tragödie, das (selbst)vernichtende Scheitern der Hauptfigur, ganz unsentimental, aber ohne die Würde der Hauptperson zu verletzen und wirkt gerade deshalb umso erschütternder.
Die DVD ist übrigens ab 18, und das ist vielleicht auch keine schlechte Idee, denn auch wenn das, was explizit gezeigt wird, an Gewalt und Brutalität von vielen Filmen weit überboten wird, ist das Anschauen hier wirklich ein psychische Belastung.
Fazit: Ein mutiger, aufwühlender, verstörender und gelungener Film, der sehr zum Nachdenken anregt.