Eddie Murphy hat es auch 30 Jahre später noch drauf!
Von Julius VietzenWenn es um (späte) Fortsetzungen geht, sind speziell die Achtziger und Neunziger weiterhin schwer angesagt: Mit „Top Gun 2“ sowie „Bad Boys 3 + 4“ haben die Studios zuletzt mächtig abgesahnt – und nun wird sogar „Zauberhafte Schwestern“ fortgesetzt, obwohl die Fantasy-Komödie mit Sandra Bullock und Nicole Kidman anno 1998 noch nicht einmal ihr Budget von 75 Millionen Dollar wieder einspielen konnte. „Nostalgie“ heißt das Zauberwort, das die oft nicht zu knappen Budgets sprudeln lässt – und nachdem Eddie Murphy zuletzt schon seinen Komödien-Klassiker „Der Prinz aus Zamunda“ für Amazon Prime Video fortsetzte, ist jetzt die „Beverly Hills Cop“-Reihe an der Reihe. Und das, obwohl „Beverly Hills Cop III“ von Fans und Fachpresse damals übel verprügelt wurde.
„Beverly Hills Cop: Axel F“ erscheint direkt bei Netflix, knüpft als Mischung aus Actionfilm, Komödie und Krimi aber direkt an den Tonfall der originalen Kinofilme an – zumindest in den ersten 30 Minuten: Regiedebütant Mark Molloy setzt nämlich durchaus auch einige neue Akzente, weshalb „Beverly Hills Cop: Axel F“ nicht zur reinen Nostalgie-Show verkommt, sondern mit ordentlicher Gag-Trefferquote, sehenswerten Action-Szenen und einem Hauch Familien-Drama auch (Noch-)Nicht-Fans der Reihe gut unterhalten dürfte.
Gerade hat Axel Foley (Eddie Murphy) mal wieder einen Fall in Detroit aufgeklärt und dabei eine Schneise der Zerstörung hinterlassen, da meldet sich sein alter Kollege und Freund Billy Rosewood (Judge Reinhold) aus Beverly Hills: Axels entfremdete Tochter Jane Saunders (Taylour Paige), die er einst mitsamt ihrer Mutter nach Los Angeles verfrachtet hat, damit sie aufgrund seines Jobs nicht in Gefahr gerät, hat als Anwältin den Fall eines vermeintlichen Cop-Killers angenommen. Anschließende wurde sie von ein paar Schlägern attackiert und samt Auto aus der obersten Etage eines Parkhauses gedrängt.
Also reist Axel ein weiteres Mal nach Los Angeles, um seiner zum Glück unverletzten Tochter beizustehen. Doch Billy ist inzwischen spurlos verschwunden und auch Billys Ex-Partner, der mittlerweile zum Polizeichef beförderte John Taggart (John Ashton), kann und will Axel nicht weiterhelfen. Also müssen sich Vater und Tochter zusammenraufen und selbst die Ermittlungen aufnehmen. Eher widerstrebend an ihrer Seite steht dabei Bobby Abbott (Joseph Gordon-Levitt), der vor nicht allzu langer Zeit eine Beziehung mit Jane hatte und in demselben Fall ermittelt...
Vor allem zu Beginn von „Axel F“ verneigt sich Regisseur Mark Molloy fast überdeutlich vor der Original-Trilogie: Der vierte Film beginnt wie der erste „Beverly Hills Cop“ mit einer Opening-Credits-Montage mit Bildern von Detroit, die sogar mit demselben Song, nämlich „The Heat Is On“ von Keith Forsey und Harold Faltermeyer, unterlegt sind. Natürlich ist auch danach Faltermeyers ikonisches „Axel F“-Thema im Score von Lorne Balfe („Black Widow“) allgegenwärtig.
Anschließend vereitelt Murphy dann wie in den vorherigen Filmen erneut ein Verbrechen, wobei er dieses Mal mit einem Schneepflug halb Detroit in Schutt und Asche legt (in „Beverly Hills Cop II“ war es noch ein Betonmischer in Los Angeles), weswegen er natürlich ordentlich Ärger mit seinem Chef kriegt (gespielt von Paul Reiser, ein weiterer von vielen Rückkehrern aus den vorherigen Teilen). Die Illusion ist also fast perfekt, zumal auch Murphy selbst in den letzten 30 Jahren kaum gealtert zu sein scheint und mühelos wieder in die Rolle als tougher Supercop und charismatischer Dampfplauderer schlüpft.
Doch bald bricht Molloy mit dieser Illusion: Schon die obligatorische Beverly-Hills-Montage nach dem Schauplatzwechsel ist behutsam modernisiert, weshalb hier neben den üblichen Reichen und Exzentrischen nun etwa auch eine muslimische Frau ganz selbstverständlich vor den Schaufenstern der Luxusläden flaniert. Und statt des Stripclub-Besuchs, der in den 80ern und 90ern nicht fehlen durfte, tritt dieses Mal Luis Guzmán als Glitzer-Gangsterboss in einer Karaoke-Bar auf.
Zudem dauert es nicht lange, bis sich zeigt, dass 30 Jahre später selbst ein Axel Foley mal Hilfe braucht: An einer Stelle versucht der Detroit-Cop, sich in bewährter Manier am Platzanweiser einer exklusiven Rooftop-Bar in Beverly Hills vorbeizulabern, droht aber an dessen Abgeklärtheit gnadenlos zu scheitern – bis sich Jane einmischt und es dem Vater-Tochter-Duo so schließlich doch noch gelingt, in die Bar zu kommen.
Auch bei den Ermittlungen ist Axel dieses Mal weniger auf sich alleine gestellt, sondern hat mit Rose und/oder Bobby eigentlich immer Personen an seiner Seite, die Informationen und Schlussfolgerungen beisteuern. Joseph Gordon-Levitts Figur fungiert dabei nicht nur als Co-Ermittler, sondern auch als zeitgenössisch-aufgeklärter Gegenentwurf zum von Murphy verkörperten Männerbild aus dem vorherigen Jahrtausend. Bobby lässt sich von Axels Sticheleien nicht aus der Ruhe bringen und hat im Gegensatz zu diesem auch kein Problem damit, eigene Fehler oder Wissenslücken zuzugeben, woraus sich immer wieder charmante Schlagabtausche ergeben.
Einen wirklich cleveren Krimi-Plot sollte in „Beverly Hills Cop: Axel F“ aber niemand erwarten, stattdessen ist schon beim ersten Auftritt von Kevin Bacon klar, wohin der Hase läuft. Das war in den vorherigen Filmen jedoch eigentlich auch nicht anders, insofern steht der „The Guardians Of The Galaxy Holiday Special“-Star gewissermaßen in der Tradition der offensichtlichen „Beverly Hills Cop“-Bösewichte.
Dafür nimmt sich Regisseur Molloy umso mehr Zeit, um die Beziehung zwischen Vater Axel und Tochter Jane zu vertiefen. Auch hier bleiben größere Überraschungen zwar aus, dafür erreicht das schwierige Verhältnis der beiden einen für eine Action-Komödie überraschenden Tiefgang. Wenn etwa Axel erklärt, dass sie das mit ihrer Beziehung ja irgendwie beide verbockt hätten, und die Tochter daraufhin ihren Vater aufklären muss, dass sie als einst gegen ihren Willen nach Los Angeles übersiedeltes Mädchen ja wohl wenig dafür konnte, ist das ein durchaus berührender Moment. Schade nur, dass es sich Molloy mit der Auflösung dieses Konflikts auf der Zielgeraden des Films zu leicht macht.
Immerhin kann sich die Action in „Beverly Hills Cop: Axel F“ bis auf austauschbaren finalen Shootout wirklich sehen lassen. Eine vorherige Schießerei auf den Straßen von Beverly Hills erinnert fast schon an die ikonische Grenzübergangsszene aus „Sicario“ und ist erstaunlich spannend. Übertroffen wird das aber noch von einem Hubschrauberflug von Axel und Bobby auf Bodenhöhe (!) durch die Straßenschluchten von Los Angeles, nach dem dann endgültig klar ist, warum in den Credits des Films mehr als ein ganzer Bildschirm voller Stuntleute aufgelistet ist.
Schon die Schneepflug-Verfolgungsjagd vom Anfang, bei der nicht nur zahlreiche Autos verschrottet werden, sondern Axel irgendwann auch eine ganze Gasse voll Müll und Unrat vor sich her schiebt, während er eine Diebesbande auf Quads verfolgt, kracht ordentlich. Eine anschließende Hatz durch den berühmten Rodeo Drive von Beverly Hills ist hingegen eher ein humorvoller Höhepunkt, weil Axel dabei in einem Elektromobil sitzt und von der erstaunlich hartnäckigen Verkehrspolizistin, der er das Vehikel geklaut hat, mit Pfefferspray besprüht wird.
Auch sonst stimmt die Gag-Trefferquote größtenteils, von wenigen Ausnahmen wie einem eher nervigen als lustigen Auftritt von „Saturday Night Live“-Star Nasim Pedrad als liebeshungrige Maklerin mal abgesehen. So gibt sich Axel auf einem Parkplatz für beschlagnahmte Wagen etwa als Produzent eines neuen Liam-Neeson-Actionfilms aus, um an Informationen zu kommen, und wickelt den Mann hinter dem Tresen mit einem angeblichen Rollenangebot geschickt um den Finger. Schließlich ist ja allgemein bekannt, dass alle Menschen in Los Angeles insgeheim von einer Hollywood-Karriere träumen...
Fazit: „Beverly Hills Cop: Axel F“ knüpft 30 Jahre nach dem bislang letzten Teil gekonnt an den Ton der Vorgängerfilme an, während Eddie Murphy mühelos wieder in seine Kultrolle schlüpft. Der Humor und die handgemachte Action überzeugen ebenso wie viele der Modernisierungen.