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    Cabaret
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    Sebastian Schlicht7
    Sebastian Schlicht7

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    4,5
    Veröffentlicht am 9. Januar 2024
    „In here, life is beautiful.“

    … oder der Kampf der Kunst gegen den Faschismus!

    Unter der Regie von Bob Fosse (der unter anderem auch als Choreograph und Tänzer am Broadway tätig war), entstand 1972 der achtfach prämierte Oscarfilm „Cabaret“. Als Vorlage für diesen Musical-Klassiker dienten das Broadway-Musical und der Roman „Goodbye To Berlin“. Und es ist nach meinem ersten Sehen dieses Filmes kein Wunder, warum dieses Werk mit so vielen Preisen überhäuft wurde…

    1931: Während Hitler und seine Nazis langsam, aber sicher Deutschland übernehmen, will die junge Tänzerin und Sängerin Sally Bowles von ihrer Erotikbranche weg und Schauspielerin werden. Dabei trifft sie auf den jungen Autor Brian Roberts, der sofort Interesse an der frechen und wilden Schönheit findet…

    Das berühmte Musical ist auch heute noch ein Hit und leider aktueller den je! Der Film unterscheidet sich zwar von der Bühnenfassung, aber das ist ja das Schöne am Film, der muss der Vorlage nicht immer treu sein. Hier ist vor allem die Story mit Maximilian (eine Art Sugar Daddy), der sowohl an Sally als auch an Brian Gefallen gefunden hat, sehr spannend

    Highlights in diesem Werk gibt es viele, allen voran die fantastisch, choreographierten Kabarett-Nummern, die zwischen drin immer wieder aufblitzen, auch wenn sie auf den ersten Blick nichts zur Handlung beitragen. Generell beschränkt sich der Musical-Anteil fast nur auf diese Kabarett-Nummern, ansonsten wird überraschend wenig gesungen zwischendrin. Im Vordergrund steht nämlich die Liebesgeschichte, zwischen Sally und Brian, die wirklich toll gespielt und präsentiert wird. Vor allem der Zwiespalt von Brian ist spannend, denn er fühlt sich auch zu Männern hingezogen. Eine bisexuelle Hauptfigur in einem Film von vor über einem halben Jahrhundert? Ja, „Cabaret“ ist wirklich seiner Zeit voraus gewesen. Der Film ist gerade heute wichtig und ist wie ein guter Wein gereift!

    Der Aufstieg des Bösen, ist dabei relativ dezent, im Gegensatz zum Musical. Dennoch hat das Ende des Films einen wirklich fiesen Beigeschmack und das meine ich natürlich als Kompliment. Das ist es, was die Geschichte so ausmacht!

    Kommen wir zur Musik: Die Songs sind grandios gesungen und inszeniert und haben diesen unverschämten Charme, der sich durchs ganze Stück zieht, was vor allem an der meisterhaften Performance von Joel Grey liegt, der den durchgeknallten Concierge im Film gibt (und dafür auch zurecht mit einem Oscar belohnt wurde). Seine Präsenz schwankt immer wieder zwischen überdrehter Komik und diabolischem Horror. Besonders das Lied „If You Could See Her“ wirkt wie ein Schlag in die Magengrube. Auch die anderen Titel sind allesamt Legenden in der Musical-Szene. Sicherlich wird jeder Musical-Fan die Klassiker wie „Money, Money“, „Cabaret“ oder das humorvolle „Willkommen“ kennen. Das tolle an den Songs ist, dass sie trotz ihres klassischen Cabaret-Flairs immer eine unterschwellige Dunkelheit haben, die das Geschehen neben der Bühne poetisch zusammenfasst!

    Weiterhin hat auch Liza Minelli ihren Oscar als beste Hauptdarstellerin absolut verdient gewonnen: Ihre Darstellung der Sally Bowles ist grandios. Sie ist charmant, selbstverliebt, frech, wild, sexy und dabei immer sympathisch. Noch dazu kann sie tanzen und fantastisch singen, es ist ein Genuss zuzusehen! Der Rest des Casts ist ebenso gelungen. Michael York als Brain ist ein schöner, bodenständiger Kontrast zur wilden Sally und sogar einige deutsche Schauspieler sind hier in jungen Jahren zu sehen, darunter Fritz Wepper.

    Ansonsten muss ich auch den Schnitt von David Bretherton loben, wirklich großartig und die Kameraführung (Geoffrey Unsworth) ist ebenso stark (kein Wunder, beide Kategorien erhielten ebenfalls einen Oscar).

    Fazit: „Cabaret“ ist ein großartiges Musical und dieser Film fängt das ebenso großartig ein. Viele Musicals sind in ihrer Story sehr oberflächlich und nichtssagend (siehe „Cats“ oder „Fame“), ich aber liebe die Stücke, die neben ihrer tollen Musik auch etwas zu sagen haben. „Cabaret“ ist eins dieser Musicals. Großartige Darsteller (Liza Minelli in der Rolle ihres Lebens), fantastische Musik und eine Thematik, die gerade heute wichtiger den je ist und sicherlich nie an Bedeutung verlieren wird.
    Kino:
    Anonymer User
    4,5
    Veröffentlicht am 10. Dezember 2010
    "You have to understand the way I am, mein Herr!" -

    Sowohl auf inhaltlicher, als auch auf visueller Ebene offenbart sich "Cabaret" wohl als das prägenste, wenn nicht sogar das beste Werk, dass das nur schwer zu umreißende Genre des Musical- und Musikfilms bis dato hervorgebracht hat: Fosse löst sich schon zu Beginn der 70er Jahre von allen Vorurteilen und Konventionen, die dem damaligen Kino anheim waren, und es zumeist noch immer sind, und zelebriert all das, was als landläufig "abnorm" verschrien war:

    "Cabaret" und sein Regisseur kennen keine gesellschaftlichen Schranken, vielmehr sucht eine dermaßen unprätentiöse Erweiterung und Verquickung von archetypischen Elementen des Musicals wie der großen Liebe und des exaltierten Glamours der Bühne, mit - auf den ersten Blick schwer damit vereinbaren - Elementen wie der historischen Kulisse mit all ihrer Rassenidiotie und dem, im Kontext der Entstehungszeit des Films, sehr kontroversen Anspruch, Themen wie Homosexualität und Abtreibung als - im positiven Sinne - nebensächlich abzuarbeiten und als normal zu akzeptieren, auch heute noch seinesgleichen.
    Es ist eine Ode an das Unkonventionelle, ohne sich dabei jemals zu sehr auf diesen Anspruch zu versteifen, ein real-politischer Appell, ohne jemals den eigenen Eskapismus zu hintergehen.

    Anstelle von verkopften und moralischen Diskursen, die man heute bei einer ähnlichen Themenwahl erwarten würde, verliert "Cabaret" nie sein eigentliches Ziel aus den Augen: Es ist der Wille, ein intelligentes, aber doch gefälliges Musical auf die Bühne zu bringen, dem Fosse nacheifert; und er hat es tatsächlich mit Bravour geschafft: Die Cabaret-Sequenzen überzeugen durchweg mit flotter Inszenierung, und fanden mit ihrem surrealistischen Touch stilistisch Widerhall in nahezu allen Parallelmontagen nachfolgender Musical-Verfilmungen, sei es nun bei Luhrmans "Moulin Rouge" oder in Marshalls "Chicago".

    Fosses Cast hat das Konzept von "Cabaret" vollständig verstanden, und brilliert ohne Ausnahme mit durchaus gewolltem overacting, nur um im nächsten Moment auch die ruhigeren Passagen mit der nötigen Sensibilität anzugehen.
    Man sollte Feststellungen dieser Art ja grundsätzlich eher vermeiden, aber vorliegend geht es nicht anders: Liza Minelli war vor und nach ihrer Rolle als Sally Bowles nie wieder so gut.

    Somit gilt auch fernab jeglicher Affinität zu Musicals und Ähnlichem: "Cabaret" gehört in jede gute Filmsammlung, und dürfte mit seiner strikten, szenischen Trennung zwischen Bühnen- und Plotparts auch als Einstiegswerk durchaus zugänglich und lohnenswert sein.


    Anmerkung: Nur in OV-Fassung genießbar!
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