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Anonymer User
3,0
Veröffentlicht am 30. Oktober 2022
Der Film hat mit Mary Shelley’s Frankenstein so viel zu tun wie Apfel mit Apfelsine. Aber wen interessiert das heute noch? Es ist viel mehr Kenneth Branaghs Frankenstein (Regie und Hauptrolle!). Die Figuren sind zwar aus dem Roman des 18. Jahrhunderts entlehnt, dienen aber lediglich als Anlass von viel Klamauk und Hollywood-Super-Action. Eine Riesenshow für Geräte- und Apparaturenfetischisten und entfesselten Naturgewalten. Plötzliche Ortswechsel in die Antarktis nach blutdurchtränktem Geburtsspektakel und herzausreißenden Horrorszenen, wie man sie nur von Inka-Ritualen her kennt, sorgen für jede Menge Action. Das ist kein Drama, das ist Horror pur, aber der ist nicht zum Fürchten sondern nur zum Staunen. Um die Handlung noch etwas aufzufüllen, kommt noch aus der Familienkiste ‘Frankensteins Braut‘ (Helena Bonham Carter) zum Einsatz. Die großartigen Darsteller werden nur noch von den Maskenbildnern übertroffen. Ihr Make-Up ist wirklich oscarwürdig. Hier vor allem Robert De Niro als Monster und die Bonham Carter als seine Braut. Herrlich hässlich! Wie der Ehrentreffer beim Fußball gibt es eine Szene, die durch qualitativ anspruchsvolle Dialoge, den Film vor dem Absturz rettet. Das Gespräch zwischen Frankenstein und seiner Kreatur. Hier redet der Vater quasi mit seinem Sohn, der sich nach der Herkunft der Einzelteile seines Körpers erkundigt. Wieso kann er Flöte spielen? Hat er eine Seele? War es ein Fehler, ihn zu kreieren? Hat sein Leben einen Sinn? Ihr Pakt erinnert an den mit dem Teufel. Branagh gibt sich gelegentlich etwas Faustisches. Dagegen spricht nur die vorgezogene Hochzeitsnacht mit Elisabeth, bevor sie zum Monster wurde und einen terroristischen Abgang wählte. Viel Lärm! Manchmal übertriebene Theatralik in dieser egomanischen Inszenierung.
Zu diesem Film habe ich ein unsachliches Verhältnis: als ich jung war und anfing mich für Film zu interessieren konnte ich diese meist nicht sehen, ich besaß aber eine Cinema in der über diesen sehr aufwendig berichtet wurde. Den Artikel konnte ich fast auswendig aufsprechen, den Film sah ich Jahre später, mit einer solchen Erwartungshaltung der er nicht gerecht werden konnte. Nun, nach einem Rewatch bin ich etwas gnädiger da ich verstehe was Kenneth Brannagh als Regisseur und Hauptdarsteller vorhatte. Zwei Jahre vorher war mit „Dracula“ bereits ein Horrorklassiker ins Kino gebracht worden der diesen als epischen Augenschmaus aufbereitet hatte, das Gleiche war wohl hier vorgesehen. Vorrangig sollte es aber auch um die Person Frankenstein gehen und weniger um den damit verbundendn Horror: es ist im Kerne eine Drama um einen Mann der das Sterben von geliebten Menschen nicht ertragen kann und aus diesem Grund versucht Leben zu erschaffen – mit eben furchtbaren Folgen. Die so erschaffene Kreatur wird von Robert DeNiro eindrucksvoll und bedrohlich gegeben, trotzdem dürften Zuschauer die hier auf Horror hofen eher enttäuscht werden. Es ist wie eine Oper, eine groß ausgestattete Gruselnummer mit hohem Dramaanteil daß aus heutiger Sicht fast schon unter „Kostümschinken“ zu verbuchen ist.
Fazit: Sehr bemüht und sehr dicht am Buch mit großem Aufwand und Getöse!