Wenn man Hollywood glauben darf, muss die Zeit am College eine besonders lustige sein. Obwohl sich das American Pie-Genre eigentlich schon längst totgeboomt hat, lassen US-Produzenten weiterhin eine Komödie nach der anderen auf den Zuschauer los, in der Studenten saufend und kopulierend fürs Leben statt für die Schule lernen. Auch Theo Avgerinos‘ „Fifty Pills“ ist ein solcher Vertreter, der dem Genre zwar wenig Neues abgewinnt, dafür aber insgesamt zumindest ordentliche Unterhaltung bietet und sich so als denkbare Alternative für einen kurzweiligen, harmlosen Videoabend anbietet.
Darren Giles (Lou Taylor Pucci) hat ein Problem: Nach einer wilden Wohnheimparty seines Zimmerkollegen Coleman (John Hensley) verliert der strebsame junge Mann - obwohl er selbst gar nicht anwesend war – sein Stipendium. Nun bleibt ihm nur ein Wochenende, um die fehlenden 1.000 Dollar für die Bezahlung seiner Studiengebühren aufzutreiben. Ausgerechnet Partylöwe Coleman hat schnell einen eigenwilligen Plan parat. Er überlässt Darren 50 Ecstasy-Pillen, die dieser für 20 Dollar pro Stück verscherbeln und so alle seine Geldsorgen in Luft auflösen könnte. Doch so einfach ist die Sache dann auch wieder nicht, schließlich darf Darrens Angebetete (Kristen Bell) von der ganzen Aktion nichts mitbekommen. Und auch die Kunden erweisen sich als alles andere als pflegeleicht: Neben allerlei zwielichtigen Gestalten gibt es beispielsweise auch heiße Sahneschnecken, die lieber mit Naturalien statt Barem bezahlen würden. Zu allem Überfluss meldet sich auch noch die Halbwelt zu Wort: Der Gangster Eduardo (Michael Peña) hat noch eine Rechnung mit Coleman offen und der Drogenbaron The S(e)oul Man (Ron Yuan) glaubt, frische Konkurrenz würde ihm sein Territorium streitig machen…
Aus altbekannten Zutaten versucht der Nachwuchsregisseur Theo Avgerinos bei seinem Langfilmdebüt eine nette College-Komödie zu zaubern, was ihm phasenweise sogar ganz ordentlich gelingt. Doch insgesamt reichen die Ideen von Avgerinos und seinem Autor Matthew Perniciaro (Standing Still) nicht aus, um aus der berechenbaren Story mehr als harmlose, kurzweilige Durchschnittsunterhaltung herauszuholen. Ein Grund dafür ist der episodenartige Aufbau des Geschehens. Im Wesentlichen läuft Giles von Kunde zu Kunde und erlebt dabei ein skurriles Erlebnis nach dem anderen. Unterbrochen wird diese Sketchshow nur von einigen Zwischenspielen mit Gracie und ein paar Rückblenden. Hier zeigen sich die zwei Seiten von „Fifty Pills“: Es gibt Episoden, die sind einfach zum Gähnen, und dann welche, in denen Avgerinos und Pernicario plötzlich zeigen, welches Potential wirklich in ihnen steckt.
Avgerino stand ein überraschend namhafter Cast zur Verfügung, wobei natürlich Lou Taylor Pucci die zentrale Position einnimmt. Der gehypte Jungdarsteller bleibt zwar hinter seinen ausgezeichneten Leistungen in Thumbsucker und Glück in kleinen Dosen zurück, zeigt aber erneut, dass er für die Rolle des leicht schüchternen Losers prädestiniert ist. Fanboy-Traum Kristen Bell („Veronica Mars“, „Heroes“, Nie wieder Sex mit der Ex, Pulse) wirkt in ihrer undankbaren Rolle hingegen ungewohnt bieder. Einen Gastauftritt absolviert American Pie-Star Eddie Kaye Thomas als völlig durchgeknallter Kunde in einer der lahmsten Episoden. Nicht einmal der finale Gag, der die meisten Sketch-Nummern beschließt, zündet hier, riecht man ihn doch schon tausend Meilen gegen den Wind. Kaye Thomas‘ Auftritt belegt die Wechselhaftigkeit von „Fifty Pills“ genauso wie die überflüssige Rolle von Heroes-Schönheit Nora Zehetner (Brick, Beneath). In der Regel sowohl optisch als auch darstellerisch eine Bereicherung für jeden Film, sammelt Zehetner hier mit einer nervtötenden Performance Minuspunkte. Für Glanzlichter sorgen beispielsweise der Besuch einer im Keller der Großmutter operierenden Domina (Monica Keena, Schneewittchen) und die - in keinem Teenie-Film fehlen dürfende - Szene, in der der Protagonist von einem Elternteil beim Masturbieren erwischt wird: Dieser eigentlich völlig ausgelutschte Gag sorgt hier dank eines Comicheftes und der anschließenden Folgerung der besorgten Eltern, ihr Sohn sei schwul, erneut für einen Lacher.
Der im Genre obligatorische Ohrwurm-Soundtrack fehlt natürlich auch nicht – und ist in diesem Fall sogar überraschend gut gelungen. Vor allem die Zusammenstellung (größtenteils mit Songs der irischen Rockband „La Rocca“) überzeugt. Wer des Englischen mächtig ist, sollte übrigens unbedingt auf den Originalton zurückgreifen, weil es für die deutsche Synchronversion eigentlich noch mindestens einen Punkt Abzug geben müsste. Vor allem der „obercoole“ Hip-Hop-Slang, der Eduardo und seiner Gang verpasst wurde, ist nur noch lächerlich.
Fazit: Freunde von College-Komödien sollten bei „Fifty Pills“ auf jeden Fall einen Blick riskieren, immerhin bietet die einen Bogen um überflüssigen Sauf- und Fäkalhumor machende Geschichte genügend Highlights und Einfälle, um ordentlich zu unterhalten. Trotzdem sollte man sich auch auf einiges an Leerlauf einstellen. Fans des Kiffer-Films seien hingegen gewarnt: Auch wenn das deutsche DVD-Cover von übergroßen Cannabis-Blättern geprägt ist, spielen Drogenerfahrungen und -trips keine Rolle.