Weil der US-Sender „Comedy Central“ im Frühsommer 2004 seine Bezüge erheblich aufbesserte, beschloss Comedian Dave Chappelle eine gigantische Party zu feiern. Hierzu lud er aber nicht nur befreundete Musiker ein, sondern auch seine komplette Brooklyner Nachbarschaft und viele Einwohner seiner Heimatstadt in Ohio, wo er einem Bewährungshelfer, einer Zigarettenverkäuferin und sogar einer kompletten Blaskapelle des örtlichen College goldene Eintrittskarten im Willy Wonka Stil zuschob. Neben den grandiosen Performances solcher Rap-Größen wie Mos Def oder Kanye West kamen bei dieser Nachbarschaftsfete auch soziales Engagement, bitterböse Satire und eine Ode an Toleranz und Miteinander zusammen. Ein großes Glück also, dass sich Regisseur Michel Gondry, sobald das Projekt konkretere Formen annahm, hinzugesellte, um die weitere Planung und natürlich das Ereignis selbst mit seinen Kameras für die ebenso unterhaltsame wie intelligente Kinodokumentation „Block Party“ einzufangen.
Wie viele Weiße braucht man, um eine Glühbirne auszuwechseln? Nachdem er sich mit der mittlerweile Kultstatus erreichten Kiffer-Comedy „Half Baked“ einen Namen gemacht hatte, übernahm Dave Chappelle 2003 die Moderation der „Chapelle´s Show“, eines der erfolgreichsten Comedy-Formate im US-Fersehen. Hier konnte er in den letzten Jahren beweisen, dass keiner sich so gekonnt und bitterböse über Rassenklischees auslassen kann wie er selbst. Diese Qualität spielt er auch in „Block Party“ voll aus und treibt so den Zuschauern zwischen den Auftritten der übrigen Künstler immer wieder die Lachtränen in die Augen. Vor allem seine Begründung, warum er sich von Anfang an sicher war, dass der DC-Sniper ein Schwarzer sein muss, bringt die Absurdität von Vorurteilen absolut treffend und urkomisch auf den Punkt. Keinen, er besorgt sich einfach einen Nigger!
Kanye West, Mos Def, Talib Kweli, Dead Prez, Erykah Badu, Jill Scott und The Roots – was soll man da zur musikalischen Qualität der „Block Party“ noch großartig sagen: Genrefans geht das Herz schon beim Klang dieser Namen auf und alle anderen Zuschauer werden auch schnell von diesem beeindruckenden Musik-Spektakel mitgerissen werden. Regisseur Michel Gondry, der sich bisher neben seinen experimentellen Spielfilmprojekten Human Nature, Vergiss mein nicht und The Science Of Sleep auch für Videoclips von Björk, Kylie Minogue, Beck oder Daft Punk verantwortlich zeichnete, ist beim Einfangen der Live-Performances natürlich voll in seinem Element. Dabei gelingt es ihm, die mitreißenden Launen der Künstler genauso gekonnt aufzugreifen, wie die positive Stimmung des jubelnden Publikums. Und Dave Chappelle´s „Block Party“ ist endlich mal ein Musikereignis, bei dem der Höhepunkt wirklich erst ganz am Schluss erreicht wird: Weil das Plattenlabel Columbia Records keines von Lauryn Hills Stücken freigab, tat sich diese kurzerhand mit ihren alten Weggefährten Wyclef Jean und Pras zusammen und belebte für einen Auftritt ihre Gruppe The Fugees wieder zum Leben. Wenn Hill dann mit unglaublich viel Gefühl in der Stimme ihren Hit „Killing Me Softly“ erstmals seit 1997 wieder anstimmt, ist das schon im Kino ein so bewegender Moment, dass man sich das überwältigende Gefühl, das dann erst das Live-Publikum erfahren haben muss, kaum vorstellen kann.
Auch wenn viele Gerüchte im Internet kursierten und einige Einzelheiten an die Presse durchsickerten, wusste bis zum Schluss niemand außer den Veranstaltern wo die Party nun letztendlich eigentlich stattfinden würde. Es traf den Stadtteil Bedford Stuyvesant in Brooklyn, wo neben Chappelle auch viele andere New Yorker Künstler ihre Wurzeln haben. Diese Rückkehr zu den eigenen Anfängen und zu den Menschen, von denen man einst selbst einer war, ist eine der politischen Komponenten des Films. Aber auch der humorvolle, zugleich aber auch auf eine charmante, angenehme Art entlarvende Umgang von Chappelle mit seinen teilweise skurrilen, teilweise alltäglichen Gästen ist sehr gelungen. Hinzu kommen noch politische Statements der Künstler – egal ob in Liedtexten oder im einfachen Dialog – die mit ihrem beißenden Ton einer Brandrede erstaunlich nahe kommen. Wie merkt Chappelle selbst doch so schön dazu an: Desto mehr Texte aussagen, desto seltener hört man sie im Radio. Dafür laufen sie andauernd beim Friseur. Auf Chappelle´s "Block Party" hört man sie alle – ein unzensierter Stoß in das Herz des reaktionären Bush-Amerikas.
„Block Party“ ist ein atmosphärisches, Mut machendes und mitreißendes Doku-Meisterwerk, das nicht nur mit der Creme de la Creme der New Yorker Black-Music-Szene und dem zur Zeit wohl besten US-Comedian überhaupt aufwarten kann, sondern auch mit Durchschnittsbürgern, deren Sorgen und Freuden trotz aller Komik angenehm ernst genommen werden. Eine einzigartige, einmalige Zusammenstellung rebellischer Musikacts, Stand-Up-Comedy vom allerfeinsten und politisch geht der Film genau dahin, wo es richtig weh tut – eine ebenso wachrüttelnde wie unterhaltsame hochexplosive Mischung. Auf den Punkt gebracht: „Block Party“ rockt, hip-hopt und rapt einfach!