Auf den politisch ausgerichteten Berliner Filmfestspielen findet ein Film wie „Goodbye Bafana“ seinen Platz im Wettbewerb. Bille Augusts Drama über das Leben des weißen Gefängniswärters, der Nelson Mandela lange Jahre bewachte, wurde vom Publikum freundlich aufgenommen. Das verdankt er nicht zuletzt den gut aufeinander abgestimmten Schauspielern und dem ruhigen Erzähltempo. Spannung auf den Ausgang der Geschichte kann bei „Goodbye Bafana“ nämlich nicht so recht aufkommen. Denn auch der letzte Zuschauer dürfte mitbekommen haben, wie die Story um Nelson Mandelas Gefängnisaufenthalt endete und er vier Jahre nach seiner Entlassung zum ersten in freien demokratischen Wahlen gewählten Präsidenten von Südafrika wurde. Stattdessen stellt August einen weißen Rassisten in den Mittelpunkt seines Films, der (nach heutigem Schlagwort gemäß) Mandela für einen Terroristen hält und ihn mit harter Hand bewachen soll. Seine Wandlung vom linientreuen Apartheidsanhänger zum verständnisvollen Demokraten wird in „Goodbye Bafana“ nacherzählt.
James Gregory hat es wirklich gegeben, und er hat auch über seine Erlebnisse mit Nelson Mandela ein Buch geschrieben. Dies bildete die Ausgangsbasis für das Drama, welches der Regisseur von „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“ und „Das Geisterhaus“ hier inszeniert. Im Zentrum steht die Familie des Gefängniswärters aus der Unterschicht. James (Joseph Fiennes) und seine ehrgeizige Frau Gloria (Diane Kruger) ziehen mit ihren Kindern auf die Gefängnisinsel Robben Island vor Kapstadt, wo James, der fließend Xhosa spricht, die Gespräche Mandelas und der anderen ANC-Gefangenen überwachen und zensieren soll. James erstattet dann direkt ins Hauptquartier des Geheimdienstes in Pretoria Bericht. Der erste zögerliche Wandel setzt ein, als James nach Prätoria berichtet, dass Mandelas Sohn den Führerschein gemacht hat und mit seinem Auto auf Fahrt geht. Was eigentlich als reine Familieninformation gedacht war, bereitet James Kopfschmerzen, als Mandelas Sohn unter mysteriösen Umständen mit dem Auto verunglückt. Dem linientreuen Wärter kommen die ersten Fragen über die Machenschaften seiner Regierung, die sich in Gesprächen mit seinem Gefangenen noch verdichten. Doch zu nahe darf James dem ANC-Führer auch nicht kommen, denn die finanzielle Grundlage und die Zukunft seiner Familie stehen auf dem Spiel.
Genau darin liegt die emotionale Dichte von „Goodbye Bafana“. Sehr nachvollziehbar und detailliert beschreibt Bille August James’ Wandel, der eben auch Auswirkungen auf seine Frau Gloria hat, die wesentlich stärker als er nach den Apartheids-Grundsätzen erzogen wurde. Diane Kruger (Das Vermächtnis der Tempelritter, Merry Christmas, Troja) verkörpert diese starre und karrierebezogene Frau absolut glaubhaft und zeigt religiöse Strenge und Verletzlichkeit einer Frau, die vor allem die Sorge um Status und Auskommen der Familie bewegt. Noch langsamer vollzieht sich die Abkehr von rassistischen Prinzipien - aber auch noch eindrücklicher. Dazu sagte Diane Kruger auf der Pressekonferenz während der Berlinale: „Ich erwischte mich dabei, dass ich über Gloria urteilte. Das darf man als Schauspieler nicht! Aber ich hatte furchtbar schwierige Sätze zu sagen, in denen ich meinen Kindern einbläute, dass Gott die Trennung von schwarz und weiß will. Die echte Gloria zu treffen und mit ihr diese sehr persönlichen Fragen über ihre politische Einstellung zu diskutieren, hat mir sehr geholfen.“ Und diese Erfahrungen scheinen ihr wirklich sehr in der Konstruktion der Figur genützt zu haben. Wie befreit spielt sie neben dem wie immer einfühlsamen Joseph Fiennes auf.
Auch wenn der Film von James Gregory handeln soll, ist er doch als deutliche Hommage an Nelson Mandela zu verstehen. Natürlich hat ein Mann wie Mandela ein filmisches Denkmal verdient. In „Goodbye Bafana“ lässt ihn das Drehbuch trotz einer absolut hervorragenden Leistung von Dennis Haysbert („24“, Heat) stets distanziert und etwas stoisch wirken. In jeder seiner Szenen dominiert er durch heroische Zurückhaltung und Besonnenheit, auch wenn er eigentlich der Gefangene ist, der 21 Jahre lang nicht mit seiner Familie in einem Raum war oder den Tod seines Sohnes verarbeiten muss. Man findet keinen rechten emotionalen Zugang zur Figur, die die Erzählstruktur auch für die Gregories bestimmt.
Zum Schluss bricht „Goodbye Bafana“ dann leider auch einen seiner eigenen Vorsätze. „Was wir auf keinen Fall wollten, ist, dem Film einen melodramatischen Beigeschmack zu geben“, sagte Bille August in Berlin. Ohne den Schluss en detail vorwegnehmen zu wollen: Das Publikum kann sich da auf einige komplett verkitschte und seifenopernartige Einstellungen gefasst machen. Zu sehr will der Regisseur seine Zuschauer versöhnen und dem großen Freiheitskämpfer ein eingängiges Denkmal setzen. Ein gelungenes Portrait über Nelson Mandela und seinen Gefängniswärter ist „Goodbye Bafana“ trotzdem geworden. Vielleicht ist er kein must-see für die große Leinwand, aber interessant anzusehen ist das emotionale Drama sicherlich.