Henry Selick, der Macher von „Nightmare Before Christmas“, präsentiert uns 2009 einen Geniestreich, der sprechende Autos, tanzende Pinguine, kochende Ratten und auch verliebte Roboter das Fürchten lehrt und in die Flucht schlägt. Der höchst aufwendige wie geniale Mix aus Stop-Motion-Technik und Computeranimation, der für diese wundervolle Buchverfilmung verwendet wurde, hat seinen ganz eigenen Charme und macht „Coraline“, zusammen mit der zwischen Kindermärchen und Gruselfilm perfekt ausbalancierten Story, zum wahrscheinlich besten Animationsfilm des Jahres.
Die sehr sorgfältig ausgearbeitete Mimik der Figuren und die ambitionierten Synchronsprecher machen die Charaktere so lebendig, wie sie nur sein können. Allen voran steht natürlich die angenehm freche und aufgeweckte Coraline, im Original durch Dakota Fanning mit der perfekten Stimme versehen. Hinzu kommt die zauberhafte Musik von Bruno Coulais, der bislang fast nur in Frankreich bekannt war. Das Gesamtbild ist eine wahre Freude.
Einen guten Einstieg bietet der Anfang der Geschichte, wo man sich an die eigene Kindheit erinnern kann, und daran, wie schrecklich langweilig es in einer neuen, tristen Umgebung ohne Freunde und Spielzeug ist, mit Eltern, die immer nur am Arbeiten sind. Dies gibt die besten Voraussetzungen dafür, anschließend voll und ganz in die fantastische Welt, die Coraline entdeckt, eintauchen zu können. Diese Welt sprüht nur so von interessanten und aberwitzigen Ideen, trägt aber dennoch nicht zu dick auf, wenn z.B. mal eine kleine Musicaleinlage dran ist. So entsteht kein Rosa-Zuckerwatte-Flair, aber dennoch eine fantastische Reise ins Wunderland, die auch Erwachsene fesseln wird. In der 3D Version kann man sich da sogar noch mehr verzaubern lassen.
Was „Coraline“ besonders auszeichnet, ist die spätherbstliche Atmosphäre, die sich durch den ganzen Film zieht und den Film viel authentischer als so manchen Artgenossen wirken lässt, auch wenn er eine märchenhafte Geschichte erzählt. Es ist ein etwas düsteres Märchen, das zwar durchaus auch Kinder (nur nicht die ganz kleinen) in seinen Bann ziehen kann und darf, aber nicht so süßlich und auf Familientauglichkeit getrimmt ist, wie sämtliche Disney-, Pixar- und Dreamworks-Produkte. Das macht „Coraline“ zu einer sehr willkommenen, sympathischen Abwechslung. Niedlich, schaurig, lustig, spannend und einfach magisch.