Manche Träume dauern etwas länger bis sie Realität werden. Der legendäre Motorradfahrer Burt Munro (1899-1978) musste über 60 Jahre alt werden, bevor er seinen größten Wunsch von einem Geschwindigkeitsrekord erfüllen konnte – aber auch der australische Regisseur Roger Donaldson musste über 30 Jahre ausharren, bis er seinen Traum von einem Spielfilm über besagten Munro verwirklichen konnte. Leider wird auch das, was besonders lange währt, nicht immer gut, wie „Mit Herz und Hand“ beweist.
Sein halbes Leben hat der kauzige neuseeländische Motorradfan und Bastler Burt Munro, dargestellt von Anthony Hopkins, in die Optimierung seines Motorrads, einer Indian Twin Scout mit 600 ccm, Baujahr 1920, gesteckt. Sein Traum: Einmal an der „Speed Week“, dem amerikanischen Rennen auf der Salzebene von Bonneville/Utah teilnehmen, um herauszufinden, wie schnell seine 46 Jahre alte, aufgemotzte Maschine wirklich ist. Bevor Burt Munro allerdings tatsächlich am Ziel seiner Träume anlangt, muss erst noch ein Herzleiden bei ihm diagnostiziert werden. Das gibt ihm dann den notwendigen Antrieb, sein Haus in Zahlung zu geben, um die Kosten für die lange Reise tragen zu können. Bevor es aber endgültig soweit ist, gilt es seinem Erfindergeist noch etliche Probleme zu lösen und seinem unvergleichlichen Charme, eine Menge Herzen zu erobern.
„Seit der Fertigstellung meines Dokumentarfilms „Offerings To The God Of Speed“, in dem ich 1972 Burt Munro porträtierte, war ich besessen von der Idee, einen Spielfilm über diesen Mann zu drehen. Burt Munro war ein äußerst außergewöhnlicher Neuseeländer. Ein Original. Einen wie ihn gab es wirklich nur einmal.“ (Roger Donaldson)
Vielleicht kann man die offensichtlichen Schwächen der Road-Movie-Komödie ein wenig aus der Leidenschaft des Regisseurs für sein Sujet erklären. Der Australier Donaldson (No Way Out, „Species“, „Dantes Peak“ und Der Einsatz) hat vor allem mit Thirteen Days gezeigt hat, dass er filmemacherisch weit oben mitspielt. So lassen sich an „Mit Herz und Hand“ auch keine Mängel im technischen Sinne feststellen. Donaldson erzählt in schönen Bildern, sowohl was die neuseeländischen als auch die amerikanischen Landschaften angeht, findet zumeist das richtige Tempo und zeigt alle Schauspieler – Diane Ladd (Chinatown), Paul Rodriguez (Rat Race), Chris Lawford (The 6th Day) und viele mehr – soweit sie nicht hinter der Präsenz von Anthony Hopkins verschwinden, von ihrer Schokoladenseite. Leider hat es Donaldson angesichts seiner Begeisterung für den Protagonisten vergessen, irgendeine Form von Zwischentönen in den Film einzubauen. Alles geschieht zum Zwecke der Huldigung der Hauptfigur. Wen es stört, wenn eine Geschichte schwarz-weiß erzählt wird, sollte bei „Mit Herz und Hand“ besonders vorsichtig sein, denn hier gibt es sogar nur noch „weiß“.
Eigentlich ist ein großer Teil von „Mit Herz und Hand“ nicht viel mehr als eine überdurchschnittlich gut gefilmte Aneinanderreihung von Szenen und Sequenzen, in denen unser Titelheld seinen Einfallsreichtum oder den Charme seines kauzigen Altherrencharakters unter Beweis stellen darf. Der Hauptwitz des Films speist sich aus der kulturellen Verschiedenheit des vom Lande kommenden „Kiwis“ Munro und seiner amerikanischen Zufallsbekanntschaften (die leider alle etwas wie Karikaturen wirken). Zugegeben - Anthony Hopkins (Was vom Tage übrig blieb, Das Schweigen der Lämmer, Nixon), der im Mai zusammen mit Gwyneth Paltrow und Jake Gyllenhaal im Film der Beweis zu sehen war, macht seine Sache richtig gut und es steht ihm auch gar nicht schlecht zu Gesicht, mal eine positive Figur zu spielen. Selbst die simpelsten Sätze wie „Weißt du, Gefahr ist die Würze des Lebens. Und ab und zu muss man ein Risiko eingehen“ bekommen von einem Hopkins gesprochen etwas Besonderes. Dass neben ihm die anderen Darsteller trotz guter Leistungen untergehen, ist nicht weiter verwunderlich aber angesichts der Qualität seines Schauspiels auch nicht weiter tragisch. Etwas, für das er gar nichts kann, spricht vielleicht aber doch gegen ihn: Anthony Hopkins ist einfach zu bekannt, als dass nicht etliche von dessen anderen Rollen durch „seinen“ Burt hindurch scheinen und diesen Charakter mitunter beinahe „überblenden“ würden. Vielleicht wäre, Hopkins sehr guter Leitung ungeachtet, ein weniger bekannter Schauspieler die bessere Wahl gewesen.
Störend fällt des weiteren auf, dass sich der Charakter Burt Munro im Laufe der Reise kein Stück verändert. Wenn man den Film des Australiers einmal mit dem ähnlich gelagerten The Straight Story von David Lynch vergleicht, fallen die Makel von Donaldsons Film erst so richtig ins Auge. Wem die Message, dass man eine Träume leben soll, reicht, wird zufrieden sein, doch wer dagegen etwas mehr Wert auf ausdifferenzierte, tiefe Charaktere legt, denen auch Entwicklung zugestanden wird, dürfte in diesem Fall sicherlich nicht auf seine Kosten kommen. Nichtsdestotrotz – im Großen und Ganzen bietet der Film über die schnellste Indian der Welt und ihren liebeswerten Erfinder seichte Unterhaltung. Wem Feel-Good-Movies Ähnliches sind, wie dem Teufel das Weihwasser, sollte einen ganz großen Bogen und „Burt“ machen. Andererseits: Wer auf der Suche nach einem freundlichen, unverfänglichen, gut gespielt- und inszenierten Familienfilm ist, kann „Mit Herz und Hand“ in die engere Wahl ziehen.