„Der Omega-Mann” ist bereits die zweite Verfilmung des Horror-Romans „I Am A Legend“ des amerikanischen Schriftstellers Richard Matheson. Im Gegensatz zur ersten Verfilmung entfernt sich Boris Sagals Version weiter von seiner Vorlage, was ihn zu einem eigenständigen und vor allem einprägsamen Film machen.
Robert Neville is the last man on earth, alone in his humanity in a world of vampires. Each day (and night) is a struggle to protect himself and to reduce the population of undead, trying one method after another. In his determination to destroy, he himself becomes a monster, a bogeyman to the bogeymen. [I Am A Legend, 1954]
Neville (Charlton Heston) ist als einziger gegen den biologischen Kampfstoff, der einen Großteil der Menschheit ausgelöscht hat, immun. Diejenigen, die durch die Seuche nicht sofort dahingerafft wurden, verwandelten sich in grauenhaft entstellte Halbtote. In ihrer geistigen Verwirrung glauben sie, die sich als „die Familie” zu einer Art Sekte zusammengeschlossen haben, die Erben der Menschheit zu sein. Tagsüber versucht Neville mit seinem Schicksal, vollkommen alleine zu sein, fertig zu werden, nachts aber, wenn sich die lichtempfindlichen Mutanten auf die Straße trauen, muss er seine Festung der Einsamkeit mit Waffengewalt verteidigen. Er hat der Familie, die alles technische verabscheut, den Krieg erklärt. Nach einiger Zeit findet er jedoch weitere Überlebende der Katastrophe, die seine Hilfe dringend benötigen. Denn ohne seine Immunität gibt es für sie, und damit für alle Menschen, keine Hoffnung ...
„Der Omega-Mann” ist - zugegeben - eine recht altmodisch wirkende Zukunftsvision. Man erkennt seine Entstehungszeit auf Anhieb. Die Kleidung, die Frisuren, die Musik... alles am Film erinnert an die 70er Jahre. Aber gerade das verschafft ihm einen sehr eigenen Charme. Da er aus der Ära des Kalten Krieges stammt, ist er außerdem stark geprägt von der Angst vor der Apokalypse, die schon dem Roman zugrunde lag - dem greifbaren Gefühl, dass die Welt jederzeit zu Ende gehen kann. „Der Omega-Mann” macht daraus aber in erster Linie einen Actionfilm. Neville stellt den Erlöser der Menschheit dar. Sein Leben weist viele Parallelen zum Leben Jesu Christi auf („Ich bin der Anfang und das Ende, das Alpha und das Omega”). Ähnlich überdeutliche Anleihen findet man in den nachfolgenden Filmen Krieg der Sterne (1977), Superman (1978), „Dune – Der Wüstenplanet” (1984) und Matrix (1999), die an ihrer Popularität schon erkennen lassen, wie faszinierend das Erlöser-Thema ist. Die Hauptfigur ist zu bestimmten Taten auserwählt, um im Endeffekt die Menschheit zu retten. Am Ende siegt immer der Glaube an das Gute. Die Vampire des Romans – wie schon seit Bram Stokers Zeiten - lassen sich nicht umsonst durch Weihwasser und Kreuz aufhalten.
Der neuseeländische Endzeit-Film Quiet Earth, der ebenfalls nach einer Katastrophe spielt, die die Zivilisation vernichtete, nähert sich dem Thema auf ganz andere Weise, weil man dort erst herausfinden muss, was genau zum Untergang führte. Charlton Hestons Charakter dagegen ist mitten in seinem Kampf gegen die Untoten. Er spielt erneut seine Paraderolle des einsamen Actionhelden (wie schon in Jahr 2022 - Die überleben wollen oder Planet der Affen). Funktionieren würde das jedoch niemals ohne Nevilles Freundin Lisa (Rosalind Cash) und den Sektenführer Matthias (Anthony Zerbe), die beide auf ihre Weise einen Gegenpol zu Neville bilden. Robert Neville ist aber trotzdem kein eindimensionaler Charakter. Er ist in erster Linie Wissenschaftler, der durch die Katastrophe zum Kämpfer verändert wurde. Über kurz oder lang machte er eine Wandlung durch, um in dieser Welt überleben zu können. Es ist für ihn schon schlimm genug, alleine zu sein. Zu wissen, dass der Rest der Welt in Monster verwandelt wurde, muss einen in den Wahnsinn treiben („There is no phone ringing!”).
Do you know the old song: “If you were the only girl in the world and I were the only boy”? ... okay. But until then, don't bother me. I guess I'm the only boy. [Neville]
Ohne Gesellschaft wäre nicht nur Neville schnell langweilig, sondern auch dem Zuschauer. So entsteht durch Lisas Auftreten ein weiterer Konflikt. Sie ist die letzte Frau und er ist der letzte Mann auf der Welt. Lisa ist eine junge Schwarze, die, wie die Drehbuchautorin Joyce Corrington erklärt, im Zuge der “Black power”-Bewegung der 70er Jahre für die Rolle ausgewählt wurde. Der erste Filmkuss zwischen einer Schwarzen und einem Weißen, Uhura und Captain Kirk, drei Jahre zuvor, war in mehreren Südstaten der USA aus der „Star Trek”-Folge „Plato´s Stepchildren”(Platos Stiefkinder) geschnitten worden. Trotzdem wird im Film nicht übermäßig auf die Situation angespielt, sie wirkt sehr natürlich und passt sich in die Handlung ein. Damit kann „Der Omega-Mann” letztendlich als spannender Endzeitfilm überzeugen.