Am 9. Januar lief das heiß erwartete Remake der großartigen britischen Serie "Shameless" an. Wir haben die Pilotfolge unter die Lupe genommen.
Alles beginnt mit einer Party. Ein glücklicher Frank Gallagher (William H. Macy) sitzt mit seiner Familie am Lagerfeuer, ein Voiceover stellt ihn und seine Kinder vor. Dann ein Schnitt auf ein herannahendes Polizeiauto: Wie sich herausstellt, brannte da kein Holz, sondern ein Auto. Frank, das wird sofort klar, kann seinen Kindern kein Vorbild sein. Diese Botschaft ist das zentrale Thema der Pilotfolge: Wie können sechs Kinder, die wie viele andere mit den alltäglichen Problemen des Erwachsenwerdens zurechtkommen müssen, in einem chaotischen Haushalt ohne Bezugsperson vernünftig aufwachsen. Überraschend ist hier vor allem, dass Frank in der Episode als Nebenfigur eingeführt wird. Nicht seine Geschichte wird in den Mittelpunkt gestellt, sondern die seiner Kinder.
Serienpiloten verfolgen meist demselben Handlungsablauf: Erst werden alle relevanten Figuren prägnant eingeführt und dann werden erste Konflikte gestreut, die im weiteren Verlauf der Serie zunehmend an Bedeutung gewinnen werden. "Shameless" bildet da insofern eine Ausnahme, dass man den Eindruck gewinnt, die Familie hätte die meisten Konflikte bereits ausgetragen und hätte in all dem Chaos bereits eine bemerkenswerte Routine entwickelt. Das kann für den weiteren Serienverlauf Fluch und Segen zugleich sein: Entweder die Macher schaffen es, neu auftretende Konflikte stimmig in die familiäre Kontinuität einzubauen oder es wird der Eindruck entstehen, dass hier Konflikte allzu künstlich vorgebracht werden.
Auf jeden Fall wird eines wieder ganz deutlich: Die Serien des Senders Showtime ("Dexter", "Californication") leben in erster Linie von ihren tollen Darstellern. Dass William H. Macy die Rolle des sympathischen Losers längst zur Perfektion entwickelt hat, wissen wir schon seit "Fargo" und "The Cooler". Doch ihm wird in der Pilotfolge relativ wenig abverlangt, zumeist liegt Frank auf dem Fußboden und schläft seinen Alkoholrausch aus. Emmy Rossum (Fiona) spielt als sexy Teenager, der die Familie versorgen muss, sehr überzeugend. Gerade in ihren traurigen Momenten sieht man - nicht nur wegen der äußerlichen Ähnlichkeiten - Penelope Cruz vor sich. Auch die Geschichte um Ians (Cameron Monaghan) Homosexualität ist sehr gut und ohne erhobenen Zeigefinger umgesetzt. Sein großer Bruder Lip kann zunächst nicht mit der Situation umgehen und reagiert wie viele Menschen mit Unverständnis, erkennt jedoch bald, dass seine Argumente lächerlich wirken. Insgesamt halten wir fest: Die Protagonisten werden realistisch und pointiert vorgestellt, insbesondere die vermeintliche Hauptperson Frank läuft aber Gefahr, ausschließlich als Karikatur eines White-Trash-Alkoholikers zu fungieren.
"Shameless" ist das amerikanische Remake der gleichnamigen britischen Serie. Ein Mix aus realistischem Blick auf eine dysfunktionale Familie, echt lustigen Situationen (Stichwort: Apfel) und Beziehungsdrama fügt sich zu einem gelungenen Auftakt zusammen. Bleibt zu hoffen, dass in den nächsten Folgen auch der Nichtsnutz Frank in den Vordergrund rückt, damit endlich auch William H. Macy zeigen kann, was in ihm steckt.
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