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Michael S.
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Staffel 1 Kritik
3,0
Veröffentlicht am 10. Januar 2022
"Murdoch Mysteries" ist eine Serie für Fans von Klassikern. Nicht etwa weil sie selbst einer ist oder die Buchvorlagen von Maureen Jennings hierzulande übermäßig viele Fans hätten, sondern weil sie sich genau so anfühlt, wie bis in die frühen Neunziger vor allem britische Krimiserien gemacht wurden. Aus heutiger Sicht mutet die Stimmung der ersten Staffel deshalb fast schon konservativ artig an. Es gibt kaum etwas von den eigentlichen Verbrechen zu sehen und wenn doch dann schwenkt die Kamera vorher gnädig weg oder das Geschehen wird allenfalls angedeutet.
William Murdoch ist zudem ein grundanständiger Kerl, über den es sonst nicht allzu viel zu sagen gibt. Natürlich hat er ein bis zwei obligatorische tragische Geheimnisse, doch das wird erst in späteren Folgen wichtig, als wäre den Drehbuchautoren erst nach dem Piloten eingefallen, dass die Hauptfigur doch noch ein paar interessante Seiten braucht. Seine Zuneigung zur Pathologin Dr. Julia Ogden (Hélène Joy) zeigt sich meistens züchtig platonisch, man kann oft kaum von einer Romanze sprechen. Nun gut, so hat man sich im viktorianischen Zeitalter zumindest von außen in der Regel präsentiert, dem Zuschauer von heute wurde aber schon Besseres vorgesetzt.
Die Machart erinnert ein wenig an die "Sherlock Holmes"-Serie der 1980er mit Jeremy Brett in der Hauptrolle: gediegen erzählt, zu keiner Zeit hektisch oder unübersichtlich und aus heutiger Sicht absolut retro. Allerdings kann sich die erste Staffel nicht auf die Schultern dieses Vorbilds oder eines Weltbestsellers stellen, daher fällt es umso mehr ins Gewicht, dass sie nun einmal so produziert wurde, wie von man vor gut vierzig Jahren Fernsehen gemacht hat. Wer sich mit Serien wie "Mord ist ihr Hobby" oder "Miss Marple" wohlfühlt, für den ist "Murdoch Mysteries" wie geschaffen.
Überhaupt geht der Serie die Verruchtheit von "Ripper Street" oder die Virtuosität von "Sherlock" völlig ab, auch wenn der Vorspann beide Vorbilder wenigstens teilweise zitiert. Diese Version von Queen Victorias Empire ist zumeist blitzsauber, von aufrichtigen Gentlemen und einer Handvoll Schutrken bewohnt, mit denen man schon irgendwie fertig wird. Grauschattierungen finden sich nur wenige, auch wenn Murdochs Chef Brackenreid obligatorisch als konservativer Bedenkenträger auftritt und Murdoch den eher liberlaen Neugierigen geben kann, der ganz nebenbei mit berühmten Zeitgenossen wie Nikola Tesla oder auch Holmes-Erfinder Sir Arthur Conan Doyle zusammenarbeitet. So bleibt ein handwerklich zwar ganz anständiger Retro-Krimi, den man spätestens nach dem Abspann schon wieder vergessen hat.