Ich habe gerade das Finale gesehen und bin enttäuscht. Eigentlich wurde Dexter ja in der letzten Staffel beendet, aber viele Fans waren mit diesem Ende wohl nicht zufrieden. Ich empfand es ebenfalls als unbefriedigend, aber eine Geschichte muss nicht immer entsprechend der persönlichen Erwartung enden und ob man am Ende zufrieden, entsetzt oder mit offenen Fragen zurück bleibt, spielt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass das Gesehene final einen nachvollziehbaren Sinn ergibt. Zumindest ist mir das wichtig.
Somit war ich sehr erfreut, dass Dexter mit der 8 Staffel noch nicht abgeschlossen wurde. New Blood kam mir aber zum größten Teil vor, als würde man sich unbedingt selbst noch eine Chance geben wollen, ein besseres Ende zu finden. So wirkte es, als wollte man krampfhaft eine neue Story anflanschen, nur um zielstrebig und überhastet auf das "bessere" finale zu zu rasen und dieses dann abzuliefern.
Wenn das das Ziel der Produzenten war, haben sie ganze Arbeit geleistet. Die Idee zur Story an sich war nicht schlecht, allerdings hat man sich wohl zu viel vorgenommen, denn eine Staffel wird dem Umfang der Thematik unmöglich gerecht, was das Resultat deutlich bestätigt. Charaktere Entwickeln sich nicht. Sie sind einfach da. Ihre Motivationen werden angedeutet, aber man hat keine Zeit gehabt, diese nachvollziehbar aufzubauen. Dexter und seine neue Freundin wirken über weite Strecken wie fremde Menschen. Dass es sich um eine Beziehung handeln soll, muss man aus dem Kleingedruckten entnehmen. Wie es dazu kommen konnte (Dexters Psyche ist kein Thema mehr) bleibt ein Rätsel.
Nachdem sein Sohn auftaucht, stellt sich kurz die Frage, ob er auch den "dunklen Begleiter" hat, aber diese wird umgehend beantwortet und Spannung kommt kaum auf. Kein Vergleich zu den Spannungsbögen der letzten Staffeln. Mehr passiert eigentlich nicht an Hintergrundgeschichte. Natürlich taucht ein Serienkiller auf, mit dem sich Dexter umgehend in die Haare kriegt. Ein weiterer Kindermörder taucht plötzlich in einer Folge auf, wird kurz abgefrühstückt und ist dann auch kein Thema mehr. Das wirkt völlig inszeniert und an den Haaren herbei gezogen.
Das alles war aber noch zu verkraften, ein gewisser Unterhaltungswert ist ja definitiv vorhanden.
Achtung Spoiler:
Das Finale war dann aber die eigentliche Katastrophe. Harrison sucht die ganze Zeit nach Verständnis, Liebe, einer Vaterfigur und einer Identität. Als es dann endlich scheint, dass Harrison diesen Menschen in Dexter gefunden hat und sich fallen lassen will, will Dexter mit Harrison weiter ziehen und alles hinter sich lassen. Harrison ist kurz skeptisch, aber ratzfatz überzeugt. Ganze 2 oder 3 Sätze sind aus Sicht der Produzenten ausreichend, diese Thematik zu erledigen. Dass Harrison seine Freundin kurz erwähnt, aber dann schnell überzeugt ist, dass es richtig ist, sie zu verlassen (obwohl er gerade mit ihr geschlafen hat und die Beziehung ernst zu werden schien) ist nicht weiter nachzuvollziehen. Einzig mögliche Erklärung: Evtl. fühlt Harrison auch keine Liebe. Ansonsten scheint er aber nicht sonderlich abgestumpft zu wirken. Eher im Gegenteil.
Nachdem er herausfindet, dass sein Vater einen guten, unschuldigen Polizisten getötet hat, ist er völlig entsetzt. Scheinbar hat er Mitleid und ein Verständnis von Recht und Unrecht. Er ist also ein guter Junge, der dann in Folge seine Vater einfach abknallt??? Den Vater, den er sein ganzes Leben gesucht hat und der ihm endlich Halt und einen Sinn gegeben hat? Sorry Leute, aber so nicht.
Und überhaupt, was hat Dexter überhaupt damit bezweckt, den Polizisten zu töten? Hätte er nicht bei anderer Gelegenheit fliehen können? Er war komplett enttarnt, entlarvt und seine Bilder liegen vor. Wie um alles in der Welt hätte er flüchten sollen? Wohin? Auf eine einsame Insel?
Und warum zum Teufel mutet er seinem eigenen Sohn, für den er nach eigener Aussage das erste mal in seinem Leben wahre liebe empfindet zu, ihn zu töten?
Soll Harrison jetzt etwa Dexters Arbeit "fortführen" mit dem Unterschied, dass er wirklich nur böse Menschen tötet (so wie Dexter ja auch am Ende dargestellt wird)?
Warum hat Dexter einer Freundin überhaupt den Tip mit den Leichen gegeben, wenn er nicht eine Sekunde lang versucht hat, Sie davon zu überzeugen, dass er seiner Ansicht nach gutes tut??
Warum hat Harrison seinem Vater nicht das Gewehr gegeben, damit er sich selbst tötet, nachdem er ja zu der Einsicht gekommen ist, dass er sterben sollte? Oder warum ist Dexter nicht einfach in den Knast gegangen, damit sein Sohn frei mit seiner neuen Liebe und seiner neu gefundenen Identität leben kann?
Dieses Ende ist auf jeden Fall noch wesentlich schlechter, als die vorherige Variante der 8. Staffel. Alles wirkt lieblos hingeklatscht und nachdem ja ein besseres Finale im Rahmen des Fanservice als Motiv ausgeschlossen werden kann, bleibt nur eine Möglichkeit:
Der für diese Rolle perfekt besetze Michael C Hall mit seiner entgleisten Mimik, die seine psychischen Probleme glaubhaft rüberbringt, hat keine Lust mehr. Aber man muss die Kuh noch melken, also hat man Schnell eine Brücke bauen wollen, um dann in der nächsten Staffel mit Harrison eine neue Story zu schreiben.
Aber war dazu wirklich diese Staffel notwendig? Eine Texteinblendung zu beginn der nächsten Staffel hätte kurz die Geschehnisse zwischen Staffel 8 und New Blood anreissen können. Dann wären die Fans und auch ich, sicher weniger enttäuscht. Das war jedenfalls ein Griff ins Klo und die 1,5 Sterne gibt es nur für die Leistungen der Schauspieler und dafür, dass Harrison ein sympathischer Charakter ist.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir weitere Staffeln überhaupt anschauen werde, weil ich mich von New Blood eigentlich verarscht fühle. Jetzt werde ich erstmal Stranger Things schauen und hoffe, dass dort die Qualität auf hohem Niveau bleibt.