Inzwischen ist es ja fast normal geworden, dass wenn man einen Film oder eine Serie über einen Schurken aus der Comicwelt produziert, diesen zu einem Antihelden macht und ihn deutlich sympathischer gestaltet, als es eigentlich sein dürfte. Zur großen Überraschung geschieht dies aber nicht in „The Penguin“.
Die Serie schließt an „The Batman“ von Matt Reeves an und orientiert sich, wie eben dieser Film, vom Tonus her stark an dem Comic „The Long Halloween“.
Nach dem Tod von Carmine Falcone entsteht ein Machtvakuum in Gotham, welches verschiedene Größen der Unterwelt ausfüllen wollen. Während die Familie Maroni erstarkt, wird auch die in Arkham inhaftierte Sofia Falcone, genannt „The Hangman“ entlassen und will das Erbe ihres Vaters antreten. In all dem findet sich Oz Cobb wieder, der Pinguin, der sich ebenfalls auf den Thron der Unterwelt setzen möchte.
Man kann hier gleich sagen, dass „The Penguin“ keine übernatürlichen Elemente besitzt und sich auch darüber hinaus wenig anfühlt wie eine Serie zu einem Comic. Ähnlich wie in „The Batman“ setzt man auf einen Hyperrealismus, in dessen Zentrum die Geschichte der Mafia steht und sich eben auch als eine genau solche Serie anfühlt. Durch die Abwesenheit des dunklen Ritters wirken die Verbindungen noch geringer und erzeugt eine spannende Serie, von der ich zunächst nicht wusste, dass wir sie brauchen.
Der Look bleibt wieder gewohnt düster und Gotham ein Ort voller Korruption, Gewalt, Verfall und Morast. Die Bilder sehen wieder fantastisch aus und auch der Score erinnert stark an klassische Vorbilder des Gangstergenre. Auch ansonsten bewegt sich der Ton zwischen „Sopranos“, „Game Of Thrones“ oder „House Of Cards“. Das Reduzierte tut dem ganzen ungemein gut, ebenso die geringe Verwendung von Aktion. Statt dessen setzt man auf die Geschichte und die Figuren, die in dieser Gesellschaft entstehen. Diese nutzen nicht nur die Ermordung von Carmine Falcone aus, sondern auch das Chaos ausgelöst durch den Riddler.
Weshalb die Serie aber am Ende so gut funktioniert ist den Charakteren geschuldet. Colin Farrell, kann nach seinen überzeugenden, aber kleinen Auftritt in „The Batman“ nun richtig zeigen, wie sehr er die Figur rockt. Dabei entsteht zwar gelegentlich eine kurze Sympathie für die Figur, aber die bricht er schnell wieder auf. Farrell orientiert sich dabei an seiner Vorlage, aber fügt neue Facetten hinzu und gibt den Vogel mit jeder Menge Nuancen wieder. Dabei entsteht ein Vielschichtiger Charakter, der bis zum Schluss ein echter Schurke bleibt und sogar immer extremer und grausamer wird. Ein angenehmer Zug, besonders im Hinblick auf das letzte Bild der Serie und den Möglichkeiten in „The Batman 2“. Batman hat sich seit jeher durch die Schurken ausgezeichnet und die besten im Comicuniversum erschaffen, die sogar in unterschiedlichen Interpretationen gelungen sind. Farrells Pinguin reiht sich hier nun ein und ist zugleich auch die beste Umsetzung des Gangsterbosses.
Die Überraschung für mich aber ist seine direkte Gegenspielerin Sofia Falcone. Cristin Milloti gibt hier eine wahnsinnige Performance ab und zieht nicht nur die Sympathie auf sich, sondern schafft es auch Mitleid zu erzeugen und für ein großes Opfer der Gesellschaft. Dabei erinnert sich mich stark an Vincent D´Onofrios Umsetzung des Kingpins in „Daredevil“. Ihr Spiel, besonders in Folge 4 ist überragend und bringt ihr hoffentlich einige Nominierungen ein. Schon jetzt gehört Sofia Falcone zu meinen liebsten Antagonisten aus Batman.
Gleiches gilt für Rhenzy Feliz als Victor. Durch seine Augen tauchen wir in die Welt der Gangster ein und er wird nicht nur zu einem Herzstück der Serie, sondern auch zu Oz rechter Hand. Dabei erleben wir an seinem Beispiel am besten was die Taten des Riddler für Folgen hatten und wie er auf die Falsche Bahn gerät. Dennoch hat Victor das Herz am rechten Fleck.
Auch ansonsten sind die Figuren super gespielt und es wird sich nicht gescheut diese auch zu opfern, wenn die Handlung es verlangt.
Die Serie ist bis zum Ende stark konzipiert und steigert sich auch immer weiter und erreicht fantastische Höhepunkte.
Die Serie hat mich vollkommen überrascht und ist ein würdiger Nachfolger zu „The Batman“. Jetzt muss dessen Fortsetzung liefern und Warner beweisen, dass sie mit der Reihe einen künstlerischen Plan verfolgen, der besser endet als „Joker 2“. Ich bin mehr als angetan und kann die Serie nur empfehlen.