Ich kenne das Original nicht, daher kann ich mich ausschließlich auf die koreanische Umsetzung beziehen – was ja aber auch Sinn dieser Kritik sein soll.
Ich mag die Story sehr, das Tempo ist angemessen und die Twists sind ebenso sehr gut geschrieben wie umgesetzt. Die ganze Geschichte ist so aufgebaut, dass man auf jeden Fall immer genügend Material zum Miträtseln und -fiebern bekommt.
Das Setting in einem sich annähernden Gesamtkorea ist spannend und sorgt so teilweise für eine gewisse Dramatik, die über den Heist hinausgeht, zudem ist es ebenso die Grundlage für den Überfall. Dennoch würde es meiner Meinung nach auch ohne den Nord-Süd-Konflikt funktionieren. Viele Serien aus Südkorea zeigen, dass das Land auch ohne den "bösen" Nachbarn genug Probleme hat (Korruption etc.). Dennoch ist es immer spannend zu sehen, wie der Konflikt zwischen den beiden Ländern thematisiert wird.
Bei den Räubern kommen klassische Charakterzüge zum Tragen, ich vermisse hier auch keine ausgefeilte Tiefgründigkeit, denn die braucht es einfach nicht. Mir gefallen die Figuren, die sind das, was sie sein sollen. Allerdings sticht für mich die Performance von Park Hae-soo (Berlin) deutlich heraus. Bekannt ist er aus Squid Game und im ersten Moment war ich mir nicht sicher, ob es wirklich er ist, da er durch Mimik und Gestik ganz anders wirkt als seine Rolle aus SG. Das spricht natürlich nur für ihn und seine Wandelbarkeit, aber diese beiden Rollen sind natürlich auch ganz anders ausgelegt. Dennoch schafft er es, Berlin trotz seines teils fragwürdigen Verhaltens ein gewisses Charisma zu verleihen.
Was mir ebenso gefällt, ist der Zwist innerhalb der Gruppe. Es ist irgendwie klar, dass nicht alles zu 100% ablaufen kann, aber wie mit den verschiedenen Hürden umgegangen wird, halte ich für gelungen und authentisch. Ebenso ist der gewaltfreie Ansatz des gesamten Überfalls eine interessante Abkehr von typischen Raubüberfall-Filmen oder -Serien.
Es gibt eine Verfolgungsszene mit mehreren Autos und ich muss sagen, ich habe selten eine gesehen, die so authentisch wirkt. Nichts daran war "cool" in klassischer Hollywoodmanier, es war stressig, der Verfolgte wirkte, als würde er gleich aufgeben wollen, er hatte Angst und wirkte verzweifelt, es gab keine übertriebenen Crashs und Explosionen, es blieb trotz der Situation bodenständig. Und ich wusste wirklich nicht, ob er es schafft oder nicht (bei solchen Szenen stellt sich mir aber dann automatisch die Frage, wie die Geschichte aber weitergehen sollte, falls er geschnappt oder getötet werden sollte, also war Verlieren eigentlich keine Option).
Dass hier in anderen Kritiken von Abklatsch oder Plagiat gesprochen wird, finde ich ein wenig fehl am Platze, schließlich handelt es sich hier um eine gewollte Adaption bzw. um ein Remake – nur eben in einem anderen Setting.
Zudem empfehle ich, koreanische Serien immer im Original zu sehen, es geht oftmals was verloren, wenn Synchronstimmen drübergelegt werden, oder die Charaktere erscheinen platt oder gar lächerlich – was ziemlich schade ist!