Für eine deutsche Serie ist "Die Kaiserin" technisch richtig gut gemacht. Wir sehen wunderschöne Aufnahmen, die mit den optischen Vorbildern "The Crown" und "Bridgerton" mithalten können. Das Production-Value mit den ganzen Kostümen und Drehorten ist spürbar hoch. Aber hier endet das Positive über "Die Kaiserin". Es sollte jedem Beteiligten klar gewesen sein, dass die Serie dem ständigen Vergleich der Vorlage ausgesetzt sein wird. Wähtend allerdings die "Sissi"-Filme epische Klassiker sind, die das Bild der Kaiserin mehr geprägt haben als die Realität, schwankt die Kaiserin zwischen wirrem Abklatsch, nett gemachtem Remake und wenig gewagter Neuinterpretation. Letzteres wäre wahrscheinlich sogar der einzige Weg, wie diese Serie inhaltlich funktionieren würde. Hätte man sich mehr auf die wahren geschichtlichen Ereignisse fokussiert statt einfach den Inhalt der verblühmten Filme in eine etwas modernere Form zu überführen, hätte sich die Serie einen eigenen Platz in der Filmgeschichte verdient. Jeder Anflug von Modernität holt den Zuschauer aber unsanft zurück in die Realität. Vor allem, wenn das mit extrem überdrehtem Overacting einher geht, wie vor allem in den Szenen mit Kaiser-Bruder Maximilian, Sissi-Vater Max und leider auch Sissi selbst. Die Casting-Verantwortlichen haben es geschafft einen sehr verantwortungsvollen Job komplett zu versauen. Mir ist keine Serie bekannt, bei der soviele Charaktere so schlecht umgesetzt sind. Man hätte sich entweder an die Realität halten können oder zumindest an die Filme. Ein Kritikpunkt, den ich als Bayer vor allem negativ empfinde ist, dass kein einziger Schauspieler mit Dialekt gecastet wurde. Im Gegenteil! Der Vater von Sissi ist ein komplettes Desaster. In den Filmen ist der bayerische Herzog May eine der sympathischsten Figuren gespielt von einem guten Schauspieler. Ebenso wie seine Frau Ludovika (gespielt von Romy Schneiders Mutter Magda). Sie machen neben der wunderschönen Romy Schneider einen Großteil des Charmes der Filme aus, was auch am leichten bayerischen Dialekt liegt. Und vor allem ist kaum ein Schauspieler mit österreichischem Dialekt dabei. Und das bei einer Serie, die zu 99% in Österreich spielt. Lediglich Kaiser-Vater Karl und der Polizei-Chef (gespielt von einem Schauspieler aus "Der Pass") können als authentisch gezählt werden.
Das wird vielleicht Zuschauer, die nicht aus Bayern oder Österreich kommen nicht sonderlich stören oder gar auffallen und es wäre irgendwie verzeihlich, wenn die Figuren wenigstens interessant oder gutgespielt wären. Was Serien wie "Der Pass" und "Oktoberfest 1900" sehr gut gemacht haben, führt bei "Die Kaiserin" zu einigen Fremdschäm-Momenten. In der Serie findet man keinen Sympathieträger, mit dem man mitfiebern oder sich gar identifizieren könnte. Am ehesten kommt da die Kaiser-Mutter Sophie hin, die allerdings auch viel zu jung und gut aussieht im Vergleich zur Realität und zum Film. So hofft insgeheim nur, dass die Verschwörer lieber früher als später mit ihren Attentatsplänen erfolgreich sind, weil man wirklich auf jede Hauptfigur verzichten könnte, ohne eine Emotion zu fühlen. Und so hat die Serie eine große Chance verspielt, weil sie einerseits die Vorlage modernisieren will, aber andererseits nicht mutig genug war. Außer vielleicht beim Paarungs-Schlafanzug des Kaisers in der Hochzeitsnacht. Aber auf solche Bilder hätte ich auch verzichten können.