Die dunkle Seite der Superhelden!
Robert Kirkman ist als Comicautor vor allem durch „The Walking Dead“ bekannt. Die TV-Adaption von AMC seiner blutigen Zombiewelt konnte jedoch nur bedingt unterhalten und entfernte sich recht schnell von der eigentlichen Vision Kirkmans. Sein Superhelden-Comic „Invincible“ (2003) jedoch bekam nun mit Amazons Hilfe eine absolut gerechte und wirklich beeindruckende Umsetzung spendiert. Nicht nur, dass der Animationsstil deutlich besser zu Kirkmans Bildern passt, auch die Story wirkt viel fokussierter und organischer. Doch wer Kirkman nicht kennt und vielleicht denkt: „Oh eine Zeichentrick-Serie mit Superhelden, das wäre doch was für mein Kind.“, der sollte vorsichtig sein, denn „Invincible“ ist alles andere als ein kurzweiliger Cartoon mit Action und Humor. Hier geht’s zur Sache und nicht zu knapp! Die Serie ist nicht umsonst ab 16 (bzw. 18 durch die letzte Folge) freigegeben.
Der junge Mark Grayson will endlich auch die Kräfte seines Vaters Omni-Man besitzen. Dieser ist nämlich ein Superheld, wie er im Bilderbuch steht. Omni-Man und die Guardians of the Globe retten täglich unzählige Menschenleben und Mark will Teil dieser Gemeinschaft sein. Als seine Kräfte sich eines Tages zeigen, ist sein Vater beeindruckt und will unbedingt mit Mark trainieren. Doch dann erschüttert ein tragischer Unfall die gesamte Welt…
Natürlich gibt’s keine Spoiler, je weniger man weiß, desto besser.
„Invincible“ hat mich wirklich beeindruckt. Das Superhelden-Genre ist schon seit Jahren völlig inflationär in seiner Präsenz in Film und Fernsehen. „The Boys“ (ebenfalls Amazon Prime) war ein schöner Kontrast, auch hier wurde viel Blut vergossen. Auch „Kick-Ass“ geht kritisch mit dem ganzen Superhelden-Mythos um, aber „Invincible“ macht da etwas Eigenes. Anstatt das Ganze zynisch und augenzwinkernd zu betrachten, wird das Genre auch gern mal zelebriert. Nur eben mit deutlich mehr Realismus als man das von Marvel oder DC gewohnt ist. Gerade die Brutalität hat eine größere Präsenz in dieser Show als sonst wo (nur „The Boys“ reicht da heran). Dabei find ich es klasse, dass hier ein klassischer Animationsstil der 90er gewählt wurde. Die Animationen sind manchmal sehr simpel gehalten, aber trotzdem immer gut nachvollziehbar, nicht zuletzt durch die wunderbaren Sprecher im Englischen (hab die Serie im Original gesehen). Der Protagonist Mark hat seine Traumvorstellungen von der Superheldenwelt, unter anderem durch seine Liebe zu Comics und so sehen wir auch „Invincible“: Farbenfroh und spannend. Aber dann gibt’s da natürlich die (sehr) harte Realität und beide (Mark und der Zuschauer) werden im Laufe der Serie damit rücksichtslos konfrontiert. Und wie gesagt: Die Brutalität hat mich manchmal wirklich geschockt. Das liegt aber auch an den wunderbaren Charakteren, die allesamt sehr menschlich gehalten sind. Und je sympathischer die Figuren, desto stärker ist die Reaktion, wenn ihnen etwas passiert.
Der Cast ist wundervoll: Steven Yeun als Mark ist toll, aber vor allem J. K. Simmons ist großartig als Omni-Man. Er bringt diese unberechenbare Energie mit sich, mit der er vor allem bei „Whiplash“ die Filmlandschaft prägte. Diese Sprecher geben ihren Figuren Seele und Charme.
Die Animationen sind toll, die Musik ebenso (wenn auch recht unauffällig) und trotz vieler blutiger Momente, gibt es auch immer wieder wirklich humorvolle Momente.
Fazit: „Invincible“ startet mit einer grandiosen ersten Staffel. Zwei weitere sind bereits angekündigt und abgesegnet, was mich sehr freut. Eine wunderbare Animationsserie, die trotz ihres unschuldigen Stils nicht immer leicht anzuschauen ist, aber wahnsinnig unterhält!