Wer "Line of Duty" mag, wird den Showrunner dieser Miniserie wiedererkennen: Jed Mercurio verknüpft auch hier geschickt packende Aspekte der Polizeiarbeit mit wendungsreichen Verhören und Plottwists, die man nicht kommen sieht. Schon die ersten Minuten der ersten Folge sind an Spannung kaum zu überbieten, denn David stellt sich nicht nur einer Selbstmordattentäterin entgegen sondern auch der Polizei, die sie am liebsten umgehend ausschalten würde.
Dieses Niveau kann diese Episode auch ohne große Probleme halten, während sich in Folge zwei viele Dinge in gewohnten Bahnen bewegen. Erst recht bei der klischeehaften und völlig vorhersehbaren Affäre zwischen Schützer und Schützling fasst man sich an den Kopf. Musste das sein? Mercurios Drehbücher können gewöhnlich viel mehr, als sich an Soap-Muster anzubiedern. Immerhin entschädigen Folge drei und vier mit einer brutalen Wendung, die alles, was man zu wissen glaubte, wieder auf den Kopf stellen. Die Spannung bleibt dann auch bis zur letzten, leicht verlängerten Episode auf gleichmäßig hohem Niveau, auch wenn sie mal ganz nach dem Vorbild von "Line of Duty" minutenlang in den Verhörraum verlagert wird. Dort bekommen die Dinger wieder eine neue Wendung, obwohl die Stunde davor schon an nervenzerfetzenden Momenten kaum zu überbieten ist.
Vor Optik und Sogwirkung großbudgetierter Kinothriller muss sich sich "Bodyguard" zu keinem Zeitpunkt verstecken. Lediglich in den ersten paar Folgen hätte manches gestrafft werden können und auch Davids Traumata samt entfremdeter Familien stammen aus dem Klischeebaukasten. Das hat auch damit zu tun, dass Richard Madden seiner Figur nur wenig Komplexität verleiht. Budd ist eher ein Roboter, der agiert und reagiert und im Grunde immer instinktiv weiß, was zu tun ist, auch wenn ihn das selbst in Verdacht bringt. Das ist in der Figur so anlegt, zumal bis zum Schluss unklar ist, ob er vielleicht das größte Sicherheitsrisiko von allen darstellt, dennoch wäre mancher Charakterzug auch unter diesen Umständen ausbaufähig.
Diese und manch andere Schwäche verzeiht man der Serie allerdings gern, wenn man sie erst einmal bis zum Schluss gesehen hat. Die sechs Folgen bilden einen Stafe-of-the-Art-Thriller, der höchstens an ein paar Stellen zu lang geraten ist. Die Story passt in eine politikskeptische Zeit und übertreibt reale Gefahren nur so minimal, dass man die Reise gerne mitmacht. Selbst die wenigen überaus spannenden Actionszenen sind erfreutlich geerdet, ganz ohne übertriebene Schauwerte aufzufahren.