User-Kritiken Cardinal

Die warme Sommerzeit ist kein Grund, die Geschichte weniger düster als in Staffel 1 anzulegen. Tatsächlich sind die im Fokus der Ermittlungen stehenden grausamen Ritualmorde eine angemessene Herausforderung für Cardinal, der sich auch dieses Mal wieder zusätzlich mit der prekären psychischen Verfassung seiner Frau Catherine befassen muss. Oder ist er selbst das Problem? Bis zum fatalen Finale könnte beides der Fall sein, man sollte lieber nicht auf ein Happy End hoffen.

Die Fortsetzung des Handlungsstranges rund um den Korruptionsverdacht, der Cardinal immer noch anhängt, wirkt zunächst nervig, bekommt dann jedoch einen unverhofft gelungenen Dreh, der dieses Kapitel befriedigend beendet. Hoffentlich. Denn Staffel drei steht schon in den Startlöchern und irgendwas muss die Hauptfigur schließlich umtreiben, sonst wird's ja langweilig. Natürlich hat auch der Schicksalsschlag ganz am Ende der letzten Folge das Potenzial für gefährliche Entwicklungen, es bleibt also spannend.

Obwohl Cardinal zweifellos die Hauptfigur bleibt, taugt Lise dieses Mal deutlich mehr als Sympathieträgerin. Das liegt nicht unbedingt an den paranoiden Zügen, die ihr Kollege mitunter an den Tag legt, sondern auch an der ausführlicheren Darstellung ihrer Figur, deren Ambitionen wir hier noch besser kennenlernen. Beide Gründe sorgen dafür, dass Delorme und Cardinal am Ende der Staffel womöglich getrennte Wege gehen und da man wähnt sich schon im typischen Handlungsmuster der üblichen düsteren TV-Krimis, in denen dringend noch irgendein zusätzlicher Konflikt her muss.

In dieser Staffel trifft das Ermittlerteam allerdings auf einen durchaus würdigen Gegner, dessen Mordmethoden perfide sind, auch wenn das Motiv für Krimiverhältnisse weitgehend banal ist und mehr die Frage nach dem Warum im Vordergrund steht. Der Zuschauer weiß stets deutlich mehr als die Ermittler und so sind es eher die Schicksale der Opfer im Umfeld des Mörders und die Suche nach seiner wahren Identität, die dem Fall Spannung verleihen. Interessant, dass auch dieses Mal die indianische Kultur Kanadas dabei eine Rolle spielt und die prekäre soziale Situation der Urbevölkerung zur Sprache kommt, deren Angehörige hier nicht ohne Grund grundsätzlich misstrauisch und anfällig für das Abrutschen in die Kriminalität sind.

Die Gewaltigkeit der kanadischen Natur untermalt das Geschehen einmal mehr in kinoreifen Landschaftsaufnahmen, die weit über dem Niveau anderer Krimiserien liegen. Das und die ausgewogene Erzählweise, der es trotzdem nie an Spannung und kleinen bis größeren Überraschungen mangelt, macht "Cardinal" weiterhin zum Geheimtipp für Fans spannender Thriller und Krimis.