Pixar ist nicht bloß eine Animationsschmiede, Pixar ist ein Qualitätssiegel. Das unter dem Dach von Disney beheimatete Studio liefert Meisterwerke am laufenden Band und schafft es immer wieder, sowohl kindliche als auch erwachsene Erwartungshaltungen zu bedienen. 2004 z. B. begeisterte "Die Unglaublichen" alle Generationen gleichermaßen. Die Jüngeren erfreuten sich an ausgefallenen Superheldenfähigkeiten, die Älteren lachten über manch hintergründigen Witz. Der dafür zuständige Mann in der Kreativzentrale war Brad Bird – der 2011 mit "Mission: Impossible – Phantom Protokoll" selbst einen eindrucksvollen Spagat hingelegt hat, nämlich den zwischen Animations- und Realfilm.
Kindliche Begeisterung
Geboren wurde Brad Bird am 24. September 1957 in Montana. Eigenen Bekundungen nach kam er bereits im Kleinkindalter zum Film. Mit drei Jahren malte er Bilder, die aufeinander aufbauten und so eine zusammenhängende Geschichte ergaben. Das Erzählen in Bildfolgen war ihm also schon früh vertraut. Im Alter von 13 Jahren stellte er seinen ersten kleinen Zeichentrickfilm fertig und verdiente sich so die Aufmerksamkeit von Walt Disney. Dort nahm ihn die Animationslegende Milt Kahl ("Das Dschungelbuch") unter seine Fittiche und leitete so eine große Karriere ein. Bird war als Animator bei Disney und anderen Firmen beschäftigt, wurde Chefberater bei unterschiedlichen Fernsehserien – darunter die "Simpsons" – und debütierte 1999 mit "Der Gigant aus dem All" im Kino. Das Zeichentrickabenteuer nach einem Kinderbuch floppte am Box Office, wird von Kritikern aber gerne als ebenso liebevolles wie kluges Animationsmeisterwerk empfohlen, das die Geschichte um einen riesigen Roboter und seine Freundschaft zu einem kleinen Jungen ins paranoid-xenophobe Amerika des Kalten Krieges einbettet.
Zwei Volltreffer
In seiner Freizeit werkelte Brad Bird schon länger am Konzept für einen animierten Superheldenfilm, als ihn die Pixar-Chefs auf den Regiestuhl baten. Was Bird und sein Team schließlich an ihren Computern zusammentricksten, "Die Unglaublichen", spielte fette 631 Mio. Dollar ein und wurde hinter "Findet Nemo" der bis dato erfolgreichste Pixar-Film. Auch Kritikern gefiel der, als Hommage und Parodie auf die großen Helden-Comics angelegte Spaß, der augenzwinkernden Witz und viele Actionsequenzen allererster Güte parat hält. Der Oscar für den besten animierten Spielfilm und eine Nominierung für das beste Originaldrehbuch folgten. Genau die gleichen Auszeichnungen sahnte Bird wenige Jahre später mit "Ratatouille" (2007) ab, seiner nostalgisch-detailverliebten Liebeserklärung an die Kochkunst, bei der eine Ratte zum (geheimen) Küchenchef avanciert.
Plötzlich am Set
Der Zeitplan war eng, gedreht wurde in unterschiedlichen Klimazonen und mit Tom Cruise riskierte Hollywoods Top-Verdiener Nr. 1 am höchsten Gebäude der Welt, dem Burj Khalifa, sein Leben. Fazit: Mehr Stress hätte sich Brad Bird für seinen ersten Ausflug zum Live-Action-Film nicht aussuchen können. Und doch spielt der zweifache Oscargewinner die Divergenzen zwischen der Arbeit im Animationsstudio und der an "Mission: Impossible – Phantom Protokoll" regelmäßig herunter. Er hält die Herausforderungen für größtenteils dieselben. Die Kontrolle über das, was in den Szenen passiert, sei am Computer größer, aber abgesehen davon komme es hier wie dort auf die Identifikation des Zuschauers an. "If you don’t care about the person running from the fireball, it doesn’t matter how big and spectacular it is. The greatest special effect is caring about the characters." Darüber hinaus legt Bird Wert auf das Stilmittel, das den Film von allen anderen Kunstformen unterscheidet: den Schnitt. Cuts im Zwei-Sekunden-Takt, wie sie für das Actionkino der Traumfabrik spätestens seit Beginn des neuen Jahrtausends üblich geworden sind, mag er nicht, da sie abstumpfend wirkten. Sequenzen ähnlich der Kellerbar-Szene in Tarantinos "Inglourious Basterds", wo sich Spannung subtil über mehrere Minuten aufbaut, gebe es nicht mehr viele. Diesem Grundgedanken verpflichtet, versuchte Bird auch im "Mission: Impossible 4", ab und an bewusst das Tempo rauszunehmen. Für seinen Arbeitsrhythmus jedoch gilt das nicht – als er für Cruise‘ Actionreihe verpflichtet wurde, tüftelte er bereits zwei Jahre an einem Film über das große Erdbeben in San Francisco, "1906". Außerdem wird er mit "1952" in Verbindung gebracht, einem kommenden Disney-Großprojekt.