+++ Meinung +++
Alles sah danach aus, als müsste es eine Katastrophe werden: Nicht nur, dass Videospielverfilmungen generell einen mageren Erfolgsschnitt haben, wie gut kann schon ein Film werden, der die ikonische Hauptfigur aus der Vorlage so entstellt? Der erste Trailer zu „Sonic The Hedgehog“ zeigte das turboschnelle Stacheltier als langgezogenes Irgendetwas mit irritierenden Augen und fast schon beängstigend-grotesker Kauleiste. Die Fans gingen an die Decke – und das verantwortliche Studio bekam Panik.
Die Sega-Adaption wurde verschoben, damit „Ugly Sonic“ aus dem Film gekickt und durch ein Digitaltier ersetzt werden konnte, das deutlich mehr Ähnlichkeit zum frechen, aber super-niedlichen Videospielhelden aufweist. So beunruhigend es wäre, sollte derartige Fan-Einflussnahme Alltag werden – in diesem Falle war es ein Segen, dass die Verantwortlichen auf die Beschwerden eingegangen sind. Wie überraschend ansehnlich „Sonic The Hedgehog“ geraten ist, könnt ihr heute, am 17. September 2022, ab 20.15 Uhr in Sat.1 erleben.
"Sonic The Hedgehog": Flotter Familienspaß, der Laune macht
Der blitzschnelle, blaue Igel Sonic (Stimme im Original: Ben Schwartz, in der deutschen Fassung: Julien Bam) könnte ein sorgloses Leben führen. Doch neuerdings sind boshafte Verfolger hinter ihm her. Zwar gelingt Sonic die Flucht auf die Erde, doch auch hier heften sich Fieslinge an seine Fersen – allen voran der wahnsinnige Dr. Robotnik (Jim Carrey). Wenigstens findet Sonic im Kleinstadt-Cop Tom (James Marsden) und seiner Frau Maddie (Tika Sumpter) Freunde, die ihm helfen, sich gegen Robotnik zu behaupten...
Manchmal reicht ein schwaches Element, um das ganze Kartenhaus zum Einsturz zu bringen: Das im ersten Trailer verwendete Sonic-Design ist so aggressiv und schaurig, dass es bestenfalls in einer finster-grimmigen Interpretation des Stoffes funktionieren würde (oder in einer liebevoll-frechen Parodie). Aber eine locker-flockige Familienkomödie? Nein, dafür muss Sonic schon ein kulleräugiger Knuffeligel sein!
Und da glücklicherweise doch noch dieser süße Sonic in den Film gehebelt wurde, ist aus „Sonic The Hedgehog“ angenehmes Wochenend-Entspannungskino geworden. Zwar sind die Parallelen zu den Grundfesten der Videospielreihe quantitativ überschaubar, da die „Animierte Figur macht einen abenteuerlichen Roadtrip mit seinem menschlichen Co-Star“-Story dieser Komödie auch mit zahlreichen anderen Figuren funktionieren könnte. Aber wenigstens fangen Worm Miller, Patrick Casey und Oren Uziel in ihrem Drehbuch den aufgeweckt-kecken Witz Sonics ein und übertragen ihn in ein Schnellfeuer an flippigen Dialogen.
Dank der ausdrucksstark-niedlichen, cartoonigen Animation und der energiereichen Stimmperformance von Impro-Comedygenie Ben Schwartz (im Original) respektive YouTube-Multitalent Julien Bam (in der Synchro) gerät Film-Sonic zu einer charismatischen, pfiffigen Titelfigur. Und die ist in diesem chaotischen Mix aus Sci-Fi, Fantasy und Familienkomödie schon die halbe Miete.
Jim Carrey als tumber, verbissener Schurke unter Koffeinschock und ein James Marsden, der mit Charisma durchweg die Illusion aufrecht erhält, dass sich da ein Kleinstadt-Cop mit einem sprechenden Igel aus einer Dimension anfreundet, werten den Film weiter auf. Das kann zwar nicht über die Beliebigkeit der Story hinwegtäuschen oder darüber, dass die als dringlich behauptete Bedrohung zu keinem Zeitpunkt ernstlich spürbar wird.
Aber der freundlich-amüsante Tonfall, den Regisseur Jeff Fowler den Film über beibehält, führt dazu, dass die ständigen Popkulturreferenzen als quirlige Querverweise überraschen. Und die Action-Setpieces sind zwar nicht aufregend, wohl aber auf vielfältige Weise spaßig – mal, weil sie sich parodistisch an anderen Blockbustern abarbeiten, mal, weil sie Sonics Optimismus gewitzt vorführen, und mal, weil sie seine Kräfte pointiert zur Schau stellen. „Sonic The Hedgehog“ ist zwar kein Filmspaß, der lange in Erinnerung bleibt. Aber diese temporeiche Komödie versteht es definitiv, einen Filmabend zu versüßen.
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