+++ Meinung +++
In Südkorea zählt Ma Dong-seok zu den größten Filmstars überhaupt. Auch hierzulande baut er sich spätestens seit dem Zombie-Kracher „Train To Busan“ eine stetig wachsende Fanbase auf. Dass der auch unter dem Namen Don Lee auftretende Star eine Rolle in Marvels „Eternals“ übernahm, bescherte ihm zusätzliche Aufmerksamkeit: Vermehrt bringen hiesige Verleiher nun frühere Hits des Actionstars nach Deutschland. Ein bestimmter Don-Lee-Film kam dagegen aus ganz anderen Gründen zu uns: „Pandemie“, der in Südkorea 2013 Premiere feierte. Sieben Jahre später erschien er aufgrund seiner thematischen Aktualität in den deutschen Kinos.
Jetzt, zwei weitere Jahre später, feiert der Katastrophenthriller seine deutsche Fernsehpremiere. Tele 5 zeigt „Pandemie“ am heutigen Abend ab 22.50 Uhr, und so viel sei gesagt: Der nervenaufreibende Blockbuster aus Südkorea funktioniert auch ohne tagesaktuellen Bezug.
"Pandemie": Viren, Anarchie und Militärintervention
20 Kilometer von Seoul entfernt bricht ein tödliches Virus aus, das über die Luft verbreitet wird. Die südkoreanische Regierung ordnet drastische Quarantänemaßnahmen an und lässt das Gebiet militärisch abriegeln. Während in der Stadt Bundang, die mitten im Krisengebiet liegt, schieres Chaos ausbricht, versuchen Viren-Forscherin In-hye (Soo Ae) und Rettungshelfer Ji-goo (Hyuk Jang), eine Blutprobe des ersten Opfers sicherzustellen. Sie wollen daraus einen Impfstoff entwickeln, doch die Zeit tickt unaufhaltsam: Aufgrund der zunehmenden Gewalt im Krisengebiet droht das Militär, das von den USA unter diplomatischen Druck gesetzt wird, mit einer radikalen Lösung...
Der koreanische Originaltitel „Gamgi“ lässt sich deutlich weniger reißerisch als „Grippe“ übersetzen. Doch 2020 lenkte das deutsche Marketing das Augenmerk auf das Thema Pandemie, umfangreiche Virenverbreitung und den politischen Umgang damit – und dann prangte auf dem deutschen Poster noch der Schriftzug „Inspiriert von wahren Begebenheiten“.
Einerseits ist das aus Vermarktungsperspektive nachvollziehbar: Nach einer pandemiebedingten Phase der Kinoschließungen einen Thriller mit Virusthematik aus dem Hut zaubern zu können, ist verlockend. Diskutabel ist indes, wie schlau das letztlich war. „Pandemie“ weckt mit Aufnahmen überfüllter Krankenhäuser, überfordertem Gesundheitspersonal und Anstürmen auf den Supermarkt, um rasch noch einmal zu hamstern, Erinnerungen daran, was uns 2020 einholte. Doch all dies ist in „Pandemie“ nur eine dramaturgische Rampe, die Regisseur Kim Sung-su nutzt, um in die Welt der Zerstörung, Verwüstung und des Popcorn-Kino-Rummels zu sausen.
Da weckte das deutsche Marketing von vor zwei Jahren einfach die falschen Erwartungen, zumal parallel Projekte wie die Seuchenthriller-Serie „Sløborn“ starteten, die deutlich näher am ganzen Themenspektrum „Entstehung, Verbreitung und (Nicht-)Bekämpfung einer Pandemie“ waren. Jetzt, zwei weitere Jahre später, besteht Hoffnung, dass „Pandemie“ auf Tele 5 ein Publikum findet, das nicht mit falschen Erwartungen gefüttert wurde und den Film als das sieht, was er ist.
Krachendes Katastrophenchaos in seuchig-siffiger Optik
„Pandemie“ versteht sich in der Tradition großer US-Katastrophen-Blockbuster, inklusive überzeichneter Sequenzen, in denen Politik, Militär und Forschung am Reißbrett mögliche Szenarien debattieren. Vor allem geht es dem auf bombastisches Spektakel spezialisierten Kim Sung-su um Chaos, Zerstörung und gewaltsame Konflikte.
Auch wenn im Zuge dessen dramaturgisch sowie in der Figurenzeichnung Michael Bay und Roland Emmerich grüßen lassen, geht Kim Sung-su ästhetisch andere Wege: Er schafft eine verschwitzte, dreckige Filmwelt, die so siffig und schorfig ist, dass man glatt glauben mag, sie riechen zu können. Zusammen mit dem krachig-wuchtigen Sounddesign in den Sequenzen rund um eskalierende Protestgruppen, entsteht somit ein kurzweiliger, spannender Mix aus Popcorn-Zerstörungswut und südkoreanischem Thrill voller Dreckigkeit.
Don Lee spielt in „Pandemie“ übrigens einen Mann, der zivile Unruhe stiftet und sich zum Anführer eines zornigen Mobs aufschwingt. Und wie es für ihn abseits seiner friedliebenden „Eternals“-Rolle üblich ist, wird er Teil einer blutigen, rauen Schießerei. Wie gesagt: 2020 traf das angesichts des hiesigen Marketings bei vielen Filmfans den falschen Nerv. Aber als Action-Thrill am Tele-5-Fernsehabend macht das Laune.
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