Die Produktionsgeschichte von „Weites Land“ war ein schierer Albtraum. Der fertige Film generierte dennoch sehr positive Kritiken – selbst wenn die US-Presse und die europäischen Fachmedien gänzlich unterschiedliche Höhepunkte ausgemacht haben. Und das britische Magazin Empire wählte das fast drei Stunden lange Epos mit Jean Simmons, Charlton Heston und Gregory Peck zu einem der 200 besten Filme der Kinogeschichte. Allem Ruhm und sämtlicher Anerkennung zum Trotz war es lange Zeit schwer, sich diesen Western-Klassiker ins Regal zu stellen:
2005 erschien er in Deutschland auf DVD, doch die Edition ist mittlerweile vergriffen und geht auf dem Gebrauchtmarkt oft für Preise weg, die nicht der gebotenen Bildqualität angemessen sind. Und für die 2011 erschienene Blu-ray werden zumeist geradezu exorbitante Preise verlangt. Denen könnt ihr nun aber die kalte Schulter kehren: Diese Woche erhielt „Weites Land“ endlich eine Heimkino-Neuauflage – sogar mit neuer Bildabtastung!
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Das limitierte Mediabook besteht aus drei Discs: Neben „Weites Land“ auf DVD und Blu-ray umfasst es eine Bonus-DVD sowie ein 16-seitiges Booklet über die Bildsprache und Bedeutung des Films. Auf der Bonus-DVD befinden sich unter anderem eine fast einstündige Dokumentation über Regisseur William Wyler und ein Audio-Special über Komponist Jerome Moross.
"Weites Land", enormer Frust am Set
James McKay (Gregory Peck) nimmt für seine Angebetete Patricia (Carroll Baker) einen Lebenswandel in Kauf: Er zieht in den von ihm argwöhnisch betrachteten Westen der Vereinigten Staaten. Dort sieht er sich bald in seinen Sorgen bestätigt, dass der Westen wild und streitbar ist: James' Schwiegervater in spe, der Ranch-Besitzer Major Henry Terrill (Charles Bickford), und sein Helfer Steve (Charlton Heston) befinden sich im brutalen Clinch mit Viehzüchter Rufus Hannassy (für die Rolle Oscar-gekrönt: Burl Ives). Denn beide Parteien wollen Lehrerin Julie Maragon (Jean Simmons) eine strategisch wichtige Wasserstelle abkaufen – was sie partout ablehnt. Ostküsten-Gentleman sucht eingangs eine friedliche Lösung, aber der Westen schleift sein Gemüt rauer und rauer...
Nicht nur James McKay beginnt „Weites Land“ als zuvorkommender Mann mit Manieren, bloß um seine Nerven zu verlieren: Auch große Teile des Filmensembles wurden im Laufe der Dreharbeiten zermürbt. Regisseur William Wyler forderte vom Cast schwindelerregende Summen an Takes, ohne dass den Stars ersichtlich wurde, was genau sich Wyler von ihnen erwünscht. Außerdem kam es zu konstanten Überarbeitungen des Drehbuchs, zwischenzeitlich wurden Skriptseiten mehrmals am Drehtag abgeändert.
Das führte dazu, dass am Set die Gemüter überkochten: Bickford und Wyler gerieten aneinander, selbst der mit Wyler befreundete Gregory Peck stritt sich mehrmals heftig mit dem Regisseur – so sehr, dass ihre Freundschaft nach Drehschluss zunächst auf Eis lag. Auch nach ihrer Versöhnung drehten sie nie wieder zusammen. Weiter wurde in einer Kampfszene auf Stuntdoubles verzichtet, was letztlich dazu führte, dass sich Peck und Heston mehrmals wirklich mit Wucht trafen.
Heston und Simmons wiederum gab Wyler während einer Schlüsselsequenz entgegengesetzte Regieanweisungen, aus dem Antrieb, der Streitszene Glaubwürdigkeit zu verleihen – was bei den Stars Spuren hinterließ. Simmons war vom „Weites Land“-Dreh nach eigenen Angaben traumatisiert, wobei ihr die ununterbrochenen Drehbuchänderungen den meisten Nerv geraubt hätten. Aber nicht alle litten unter den Dreharbeiten: Burl Ives etwa gab der Presse stets zu verstehen, dass er die Produktion sehr genoss.
Kalter Krieg, brillante Bilder und fabelhafte Filmmusik
Dass die Dreharbeiten derart eskalierten, ist angesichts Wylers Absichten geradezu ironisch: Laut Peck wollte Wyler mit dem auf einem Roman von Donald Hamilton basierenden Film auf den Kalten Krieg anspielen – und eine deutliche Botschaft für mehr Diplomatie und gegen das Wettrüsten vermitteln.
Ebenfalls bemerkenswert: Der Dreh fand ohne den Regisseur sein Ende, denn die letzte Drehphase überschnitt sich mit dem Produktionsbeginn seines nächsten Films, dem ikonischen Sandalenepos „Ben Hur“. Also delegierte Wyler die Inszenierung an seinen Assistenten Robert Swink, dem Wyler sich für seine Leistung und Abänderung des Endes zu großem Dank verpflichtet fühlte. Überraschter war Wyler derweil davon, wie Jerome Moross' Filmmusik ankam: Wyler soll die Musik gehasst und sich bereits nach einem Ersatzkomponisten umgesehen haben, bevor ihn Peck davon abhielt.
Die letztlich unveränderte Filmmusik ging in die Kinogeschichte ein und erwies sich praktisch als unersetzlich. Als ebenso ikonisch bewiesen sich die von Kameramann Franz Planer („Frühstück bei Tiffany“) gefilmten Breitwand-Bilder. Obwohl „Weites Land“ aus weitläufigen, staubig-monotonen Landschaften und bescheiden eingerichteten Innenräumen besteht, sind die wenigen Farben kräftig und strahlend, so dass der Film die Ödnis und Faszination des Westens gleichermaßen verdeutlicht.
Faszinierend auch, wie unterschiedlich die US-Medien und die europäische Presse auf diese Bilder reagierten – wie Filmwissenschaftler Thomas Koebner in Filmgenres. Western zusammenfasste, tendierte die US-Kritik dazu, die eingestreuten Augenblicke von Genrekonvention unter freiem Himmel am stärksten zu loben. In Europa fühlte sich das Publikum stärker zu den „kammerspielartigen, stillen, fast intimen Szenen“ zugezogen. Ob ihr diese Tendenz bestätigt, könnt ihr dank der Heimkino-Neuauflage von „Weites Land“ ja ganz einfach überprüfen!
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