+++ Meinung +++
Für mich als Freund des Horror-Genres gab es zwei gute Gründe, mir „The Lodge“ Anfang 2020 im Kino anzusehen: Er wurde von dem Regie-Team Veronika Franz und Severin Fiala inszeniert, die seit „Ich seh, Ich seh“ zwei blutrote Punkte auf meinem Radar für Horror-affine Filmemacher*innen sind. Außerdem entstand „The Lodge“ in der traditionsreichen Filmschmiede Hammer Films, die vor allem für die Schauer-Klassiker mit Christopher Lee als Dracula bekannt ist und nach langer Pause wieder angefangen hat, Gruselfilme zu produzieren.
Ich erwartete einen soliden Familie-allein-im-Gruselhaus-Film, doch stattdessen gelang es Veronika Franz, Severin Fiala und ihrem Team, mich in meiner Wahrnehmung zu verunsichern, wie es zuletzt nur dem Party-Schocker „The Invitation“ gelungen war – und mich mit einem grausam-perfiden Twist aus dem Film zu entlassen (den ich hier nicht verraten werde).
Ihr könnt ihn euch heute aber selbst im Fernsehen anschauen: „The Lodge“ feiert am heutigen Mittwoch (15. Juni 2022) um 22 Uhr seine Free-TV-Premiere auf Tele5. Eine Wiederholung zu später Uhrzeit gibt es am Wochenende: In der Nacht von Freitag auf Samstag zeigt Tele 5 den Horror-Thriller dann noch einmal um 1 Uhr. Wer die TV-Ausstrahlungen verpasst hat oder keine Werbeunterbrechungen haben möchte, kann natürlich auch zu Blu-ray oder DVD greifen.
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Sozial unangenehm
Wie viele andere gute Horrorfilme bezieht „The Lodge“ seine Spannung aus einer weltlichen, sozial unangenehmen Situation: Der Journalist Richard (Richard Armitage) bringt eine neue Frau in seine Familie, Grace (Riley Keough), für die er seine Ehefrau Laura (Alicia Silverstone) verlassen hat. Richards Kinder Mia (Lia McHugh) und Aidan (Jaeden Martell) aber lehnen Grace ab und lassen sie das auch sehr deutlich spüren. Ein gemeinsamer Weihnachtsausflug zu einer abgelegenen, verschneiten Hütte soll die Situation entspannen, bewirkt aber das genaue Gegenteil...
Irgendetwas stimmt hier nicht
Die bedrückende Anspannung, die sich von der Familie auf mich als Zuschauer überträgt, wird durch unheimliche Vorfälle auf der Hütte noch gesteigert. Doch ähnlich wie etwa in Roman Polanskis Schauer-Klassiker „Rosemaries Baby“ baut sich die unangenehme Atmosphäre in „The Lodge“ durch Andeutungen auf, durch die Möglichkeit grauenvoller Vorgänge im Hintergrund, ohne dass es schnell zu einer befreienden Auflösung kommt.
Haben die Vorgänge im Waldhaus etwas mit der Vergangenheit von Grace in einer christlichen Sekte zu tun? Ist der Ort von irgendeiner dunklen Macht besessen? Hat sie schlicht den Verstand verloren? Sehr lange und sehr bewusst werden in „The Lodge“ die Antworten auf diese Fragen verweigert. Gemeinsam mit Grace verliere auch ich das Vertrauen, dass sich die Situation auch nur auf eine halbwegs angenehme Weise wird auflösen lassen.
Und so viel sei hier noch verraten: Nein, die Auflösung ist nicht angenehm. Ganz und gar nicht.
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Dies ist eine Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels. Anlass ist die Free-TV-Premiere von „The Lodge“, für die der Artikel leicht angepasst wurde.