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    "365 Days 2" gibt's auf Netflix nur entschärft: So viel krasser ist die Erotik-Geschichte in der Buchvorlage
    Benjamin Hecht
    Benjamin Hecht
    -Redakteur
    Hat auf Netflix schon viele schöne Stunden verbracht: Zu seinen Highlights zählen die Sci-Fi-Dystopie „Black Mirror“ und die Comedy „Bojack Horseman“.

    Netflix zeigt mit „365 Days 2: Dieser Tag“ nur eine entschärfte Version der Geschehnisse aus der Buchvorlage. Besonders die Figur Nacho wurde gegenüber dem „365 Tage 2“-Original massiv geändert.

    Netflix/Karolina Grabowska

    Wie schon in „365 Days“ gibt es zwar auch in „365 Days 2: Dieser Tag“ wieder jede Menge Sex, doch im Vergleich zum Vorgänger hält sich das Skandal-Potenzial in Grenzen. Klar, der Erotik-Streifen ist meilenweit davon entfernt, ein feministisches Manifest zu sein, doch die Hauptfigur Laura (Anna Maria Sieklucka) wirkt schon deutlich selbstbestimmer als noch in Teil 1, wo sie sich in den Mann verliebte, der sie entführt und gegen ihren Willen festgehalten hatte. Netflix hat bei der Fortsetzung die Handbremse angezogen und das wird besonders bei folgenden Änderungen im Vergleich zur Vorlage deutlich.

    "365 Days 2: Der größte Unterschied zwischen Buch und Film

    In der Netflix-Adaption wird Lauras neuer Lover Nacho (Simone Susinna) als klarer Gegenpol zu Massimo (Michele Morrone) positioniert. Zwar sind beide hochrangige Gangster (wobei Laura das bei Nacho anfangs nicht weiß), doch während Massimo seinen Macho voll raushängen lässt, zeigt sich Nacho als gefühlvoller Sunny Boy und Frauenversteher.

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    Doch in der Buchvorlage sind die beiden gar nicht so verschieden: Im Roman „365 Tage 2“ wird Laura nämlich von Nacho entführt, als Geisel gehalten und – wer hätte das gedacht – verliebt sich in ihn. Die „Liebesgeschichte“ zwischen Laura und Nacho läuft also fast genauso ab wie die zwischen Laura und Massimo in Teil 1.

    Aber wartet mal ab, es wird noch perverser: Im Buch erzählt Nacho Laura, er hätte sie vergewaltigt, als sie bewusstlos war. Zwar behauptet er kurz darauf, dass das nur ein Scherz gewesen sei, aber selbst wenn: Was für ein kranker Scherz ist das bitte? Doch Lauras Ehemann ist auch nicht besser: Denn der gesteht, dass er die damals ebenfalls bewusstlose Laura in Teil 1 ausgezogen und gefingert hat. Die ganze „Ich habe nur Sex mit dir, wenn du auch willst“-Nummer wird somit noch mehr infragegestellt als sowieso schon. Nennenswerte Konsequenzen für die Beziehung der beiden hat das aber nicht.

    Die Protagonistin von „365 Days“ liebt es offensichtlich, gegen ihren Willen festgehalten zu werden und sieht selbst über Vergewaltigung hinweg. Stockholm Syndrom ist für sie keine psychologische Ausnahmesituation, sondern fast schon ein Lifestyle. Es ist dieses Frauenbild, dass der Reihe ihren anrüchigen Ruf verpasste und wohl auch dafür sorgte, dass sich „365 Days“ aus der breiten Masse an billigen Erotik-Schund hervortat und zum Hit wurde. Doch dieser fragwürdige Erfolg ist für Netflix ein zweischneidiges Schwert...

    So hat Netflix "365 Tage 2" entschärft

    Anders als der Erstling, der erst in polnischen Kinos landete und an dem sich Netflix erst im Nachhinein die Rechte erwarb, wurde „365 Days 2“ direkt für den Streaming-Anbieter produziert. Netflix legt großen Wert auf sein progressives Image. In Filmen und Serien werden liberale Werte vermittelt und Rollen divers besetzt. Es war also klar, dass der Streaming-Riese etwas ändern muss.

    Und so kam es, dass Laura in der Netflix-Adaption von „365 Tage 2“ nicht entführt wird, sondern selbst entscheidet, mit Nacho mitzukommen, als sie glaubt, ihren Mann beim Fremdgehen erwischt zu haben. Auch das Vergewaltigungs-Geständnis, das Nacho später als unwahr bezeichnet, kommt nicht vor. Diese Änderungen haben gewaltige Folgen. Denn was im Buch quasi eine Wiederholung des Tabubruchs aus dem ersten Teil ist, ist bei Netflix eine recht generische Dreiecks-Liebesgeschichte mit Gangster-Subplot – zumal auch die Geschehnisse des ersten Films fast gar nicht groß thematisiert werden.

    Der Streaming-Anbieter nimmt seinem Skandal-Franchise somit alles Skandalöse, wie wir auch schon in unserer Kritik befanden:

    365 Days 2: Dieser Tag

    Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wie Netflix den Abschluss der Trilogie umsetzen wird. Auch in der Buchvorlage zum bereits angekündigten „365 Days 3“, auch bekannt als „365 Tage mehr“, gibt es wieder eine Entführung und einige andere heftige Story-Wendungen. Gut möglich, dass der Streaming-Dienst auch dabei wieder die ein oder andere Änderung vornehmen wird.

    "365 Days 3" auf Netflix: So heftig geht es in der Fortsetzung des Erotik-Thillers weiter – und so bald könnte sie erscheinen

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