+++ Meinung +++
RTL zeigt am 6. März 2022 „Yesterday“ (20.15 Uhr) – ein Film, auf den ich anfangs nicht gerade scharf war, als er 2019 in die Kinos kam. Immerhin dreht sich der zwei Stunden lang um einen Musiker, der sich in einer Schaffenskrise der besonderen Art findet: Die ganze Welt hat vergessen, dass es die Beatles jemals gab – also kapert er kurzerhand deren Songs, mit denen er schließlich zu Weltruhm kommt. Und ja, tatsächlich spielt Musik bzw. die Kult-Songs der legendären Pilzkopfbande in „Yesterday“ eine verdammt große Rolle. Und genau damit bringt der Film nicht unbedingt die besten Voraussetzungen mit, um bei mir zu landen. Immerhin geht mein musikalisches Interesse kaum über Film-Soundtracks hinaus.
Ich höre weder in der Bahn Musik, noch geh' ich auf Konzerte. Ich kann mich gar nur an eines erinnern, auf dem ich jemals war – und das auch nur, weil ich Backstage-Tickets geschenkt bekam und damit das Buffet stürmen durfte. Ob nun Madonna, die Rolling Stones oder die Beatles: Aus dem Stegreif könnte ich keinen einzigen ihrer Songs nennen. Wobei, so stimmt das zumindest heute nicht mehr ganz, „Yesterday“ sei Dank.
Danny Boyle hat's einfach drauf
Denn „Yesterday“ hat mich von der ersten Minute an schlicht verzaubert und in eine wunderbare heile Welt entführt – obwohl in dieser wohl gefühlt 99% der Menschheit nicht leben wollen würden. Immerhin gibt es keine Beatles! Dass ich den Film, der mir in vielen „Ach, das waren die Beatles!“-Momenten dann immerhin klarmachte, dass ich so manche Songs der allseits beliebten Poptruppe natürlich doch kenne, am Ende überhaupt sehen musste, lag nicht zuletzt an Regisseur Danny Boyle.
Der britische Kult-Regisseur ist meiner Meinung nach einer der spannendsten Regisseure unserer Zeit, ein Tausendsassa, wie es ihn nur selten gibt. Kaum ein Filmemacher bedient in seinen Filmen eine derart große Bandbreite an Geschichten, springt von Genre zu Genre und beschert uns großes Kino – mal wunderschön, mal schockierend und mal irgendwas dazwischen, aber immer interessant, immer sehenswert.
YesterdayVom durch Mark und Bein gehenden Drogen-Drama „Trainspotting“ über die düstere Zombie-Apokalypse „28 Days Later“ und das Sci-Fi-Epos „Sunshine“ bis hin zum erschütternd-rührenden Mumbai-Märchen „Slumdog Millionaire“ – es scheint so, als gäbe es nichts, was Boyle nicht kann (ach, wie gern hätte ich seinen Bond-Film gesehen). Genau das unterstreicht er auch mit „Yesterday“, der nicht zuletzt von der schier endlosen Inszenierungsfreude des Briten lebt. Dass man sich nach dem Film fühlt, als wäre man gerade zwei Stunden lang umarmt worden, liegt zu einem großen Teil aber auch an dem famosen Hauptdarsteller-Duo Lily James und Himesh Patel.
Zum Liebhaben: Die Stars aus "Don't Look Up" und "Pam & Tommy"
Dass Himesh Patel mittlerweile Stammgast in stargespickten Filmen wie „Tenet“ oder „Don't Look Up“ ist (aktuell ist er zudem in der Sci-Fi-Serie „Station Eleven“ zu sehen), hat der Engländer wohl nicht zuletzt Danny Boyle zu verdanken. Mit „Yesterday“ ermöglichte der ihm nämlich sein Kinodebüt vor der Kamera.
Gecastet, weil er die weltberühmten Beatles-Songs nicht einfach nur nachahmte, sondern authentisch auf eigene Weise interpretierte, gewinnt Patel die Sympathien seines Publikums vor allem mit seiner Darbietung des charmanten Verlierers, einer Rolle, die ihm wie auf den Leib geschneidert ist.
Und apropos auf den Leib geschneidert: Lily James ist für mich ohne Wenn und Aber die perfekte Besetzung von Jacks Jugendfreundin Ellie, die unerschütterlich an dessen Talent festhält – und gibt einmal mehr das ultimative Mädchen von Nebenan. Wie auch schon in Edgar Wrights Heist-Actioner „Baby Driver“ (in dem Musik ebenfalls eine besondere Rolle spielt) bedeutet das aber nicht nur, dass man ihre Figur eigentlich nur ins Herz schließen kann und ihr von ganzem Herzen wünscht, dass sie ihr Glück finden wird.
Ellie mag auf den ersten Blick wie die stille Maus mit dem Herz am rechten Fleck wirken, wird aber zu keinem Zeitpunkt zu bloßem Beiwerk der Geschichte, sondern erweist sich schnell als starke, selbstbewusste Frau, die weiß, was sie will, und keine Scheu hat, genau dafür auch einzustehen. Und dass Lily James taff kann, braucht sie wohl spätestens seit ihrer neuen Serie „Pam & Tommy“, in der sie Sexsymbol Pamela Anderson spielt, niemandem mehr zu beweisen.
» "Pam & Tommy" bei Disney+*
Während es wichtiger denn je ist, die Augen nicht vor dem zu verschließen, was aktuell in der Welt vor sich geht, sollte man nie vergessen, auch auf sich selbst zu achten, dafür zu sorgen, dass es einem mit all dem zumindest ein kleines bisschen besser geht. Und wer die Realität zumindest für einen Moment hinter sich lassen will, um in eine Welt einzutauchen, die einen stets spüren lässt, dass am Ende doch noch alles gut wird, ist bei „Yesterday“ heute Abend definitiv an der richtigen Adresse.
Hinweis: Dieser Artikel basiert auf der Programmankündigung des Senders für heute. Aufgrund aktueller Ereignisse kann es aber zu kurzfristigen Programmänderungen kommen.
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