+++Meinung+++
Das anspruchsvolle, visuell opulente Science-Fiction-Kino ist noch lange nicht tot. Das bewies zuletzt der Erfolg von Denis Villeneuves „Dune“ – mit 1,84 Millionen Ticketverkäufen überbot das sandige Epos an den deutschen Kinokassen sogar einige der actionlastigeren Popcornspektakel der jüngeren Vergangenheit. Leider hat sich die Popularität dieser Romanadaption jedoch nicht vollumfänglich auf ähnlich geartete Science-Fiction-Stoffe ohne bereits existierende Vorlage übertragen...
Der bildgewaltige Sci-Fi-Thriller „Tides“ beispielsweise ging 2021 trotz eines eindrucksvollen Trailers völlig unter: Nicht einmal 17.000 Filmfans haben sich dafür ins Kino bequemt. Aber: Alle Genrefans, die ihr Versäumnis wiedergutmachen wollen, können den Sci-Fi-Geheimtipp ab sofort im Heimkino auf DVD und Blu-ray nachholen!
» "Tides"bei Amazon*
Darum geht's in "Tides"
Wir befinden uns in einer finsteren Zukunft: Vor 200 Jahren hat eine gewaltige Sturmflut einen großen Teil der Erdbevölkerung ausgelöscht. Nur wenige Menschen haben sich rechtzeitig mit Raumschiffen auf den Planeten Kepler 209 gerettet, der sich jedoch bestenfalls als Notlösung herausstellt. Denn dort ist zwar das Überleben möglich, allerdings tilgt die Atmosphäre dieses Planeten allmählich die Fruchtbarkeit ihrer neuen Bevölkerung.
Also soll ein Expeditionsteam rund um Astronautin Blake (Nora Arnezeder) und ihren Kollegen Tucker (Sope Dirisu) zurück zur Erde reisen und erforschen, ob eine Rückkehr in Massen möglich ist. Auf dem blauen Planeten angekommen, offenbaren sich Blake und Tucker jedoch gewaltige Gefahren. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt...
„Tides“ ist der lang erwartete, zweite Spielfilm von Regisseur Tim Fehlbaum. Der sorgte 2011 mit dem Horror-Thriller „Hell“ für Aufsehen, in dem Lars Eidinger und „Dark“-Star Lisa Vicari in einer an „Mad Max“ erinnernden, postapokalyptischen Wüstenwelt ums Überleben kämpfen. In „Tides“ tauscht Fehlbaum nun das sonnengegerbte Elend gegen erdrückende Wassermassen und heimste dafür beim Sitges-Filmfestival eine Nominierung als bester Film sowie insgesamt gleich vier Deutsche Filmpreise ein – unter anderem für das beste Szenenbild und für die besten Effekte.
Starke Bilder, starkes Spiel
Während Roland Emmerich im Hollywood-Kino in hoher Schlagzahl mit viel Krach und Wumms die Welt untergehen lässt, und damit kaum noch Eindruck hinterlässt, ist Tim Fehlbaum eine Art Anti-Emmerich – was eine gewisse Ironie mit sich trägt, da Emmerich beide seiner Langfilme produziert hat: Der Schweizer, der allerdings in Deutschland zur Filmhochschule ging, ließ zehn quälend lange Jahre zwischen seinem geachteten Langfilmdebüt und seinem Nachfolgefilm verstreichen. Und auch in seinen Filmen wird keineswegs gehetzt.
Wo Emmerich in seinen eigenen Filmen rastlos mit der Effektkeule um sich haut, setzt Fehlbaum auf intensive Atmosphäre, gespenstische Panoramen seiner desolaten Schauplätze sowie unaufdringliche, daher und überzeugendere Verbindungen aus praktischen und digitalen Effekten. In „Tides“ entstehen so eindringliche Bildwelten, vor denen sich eine Thriller-Handlung entwickelt, die zwar nicht gerade vor Innovation strotzt. Doch der (wie schon in „Hell“) fehlende Überraschungseffekt wird hier mühelos durch die Umsetzung der Grundidee wett gemacht.
Denn nicht nur der Look des Films ist klasse, auch die Weltenbildung ist dank ihrer Schlüssigkeit vorbildlich – was wiederum dafür sorgt, dass der Plot fesselt, selbst wenn sich einige Wendungen arg deutlich ankündigen. Denn es ist ein Leichtes, sich in die Schuhe der von Nora Arnezeder komplex gespielten Protagonistin versetzt zu fühlen und gebannt mitzugrübeln, was sie als nächstes tun sollte.
Die eingangs so distanzierte, fast lustlos wirkende Blake verliert durch die sie anspringenden Anblicke und Geschehnisse auf der Erde schrittweise die Fassung, bis sie ihre Mission schließlich ganz aufgewühlt angeht. Arnezeder spielt diese Entwicklung ebenso plausibel, wie sie Fehlbaum und die mit ihm das Drehbuch verantwortende Mariko Minoguchi schlüssig und frei von überflüssigen Erklärungen aufzäumen.
Und wer weiß? Vielleicht ergeht es beim Anschauen von „Tides“ einigen Filmfans, die sonst „Aus Deutschland kann keine gute Sci-Fi kommen!“ unken ähnlich wie Blake – und ihre distanzierte Skepsis wird gen Ende ehrliches, emotionales Investment?
Längst überfälliges Heimkino-Comeback: Märchenhaftes Sci-Fi-Fantasy-Abenteuer erstrahlt in neuem Glanz*Bei den Links zum Angebot von Amazon handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links erhalten wir eine Provision.