+++ Meinung +++
Der kanadische Regisseur David Cronenberg hat mit seinen Beiträgen zum Body-Horror bereits in den 70er-Jahren mit Filmen wie „Rabid“ (1976) und „Die Brut“ (1979) neue Maßstäbe im Horrorgenre gesetzt. Merkmale des Subgenres sind mutierte, deformierte und von innen nach außen gestülpte Körper. Bei Cronenberg nehmen diese Charakteristika besonders gewalttätige Formen an. So auch in „Die Fliege“ (1986), dessen moralische Botschaft nicht ohne derbe Ekelszenen daherkommt.
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Folgenschweres Rendezvous mit einer Fliege
Nach langer harter Arbeit ist es dem Wissenschaftler Seth Brundle (Jeff Goldblum) endlich gelungen, einen funktionsfähigen Teleporter zu erschaffen. Einblicke in seine Arbeit erlaubt er nur der von ihm und seiner Erfindung faszinierten Journalistin Veronica Quaife (Geena Davis). Doch der erste Versuch, organisches Material von A nach B zu beamen, endet für einen Versuchsaffen tödlich.
Nach einigen Modifikationen am Gerät wagt Seth den Selbstversuch, bei dem sich allerdings ohne sein Wissen auch eine Stubenfliege in die Teleporter-Kabine verirrt. In der Folge sind Körper, Geist und Sinne des Forschers auf unerklärliche Weise geschärft. Doch als Seth immer exzentrischer wird und sein Körper zu mutieren beginnt, werden Veronicas schlimmste Befürchtungen wahr…
Jeff Goldblums kafkaeske Verwandlung
Bevor Jeff Goldblum in den 90er-Jahren in „Jurassic Park“ und „Independence Day“ gegen Dinosaurier und Außerirdische kämpfen durfte, musste er zunächst in „Die Fliege“ auf sich aufmerksam machen. Hier war der Körpereinsatz noch ungleich größer als in den darauf folgenden Blockbustern.
Wenn der Schauspieler als Brundlefliege – wie er sich als Seth selbst zynisch betitelt – vor dem Spiegel sitzt, um sich seiner gelockerten Zähne und Fingernägel zu entledigen, benötigt der Zuschauer starke Nerven. Ist doch allein schon das mit Pusteln übersäte Antlitz des Wissenschaftlers ein recht unangenehmer Anblick.
Doch der wahre Body-Horror kommt erst noch. So ist Seth bald von Kopf bis Fuß auf Fliege eingestellt und auch die Funktion seines Sprechapparats lässt mit zunehmender Erzählzeit zu wünschen übrig. Die Transformation von Mensch zu Insekt wurde so genial in Szene gesetzt, dass es dafür den Oscar für das beste Make-up gab.
Auch für die Kontrahenten des Protagonisten war der Einsatz von Spezialeffekten nötig. Insektensäure aus dem Maul einer überdimensional großen Fliege ist nämlich im höchsten Maße unerfreulich für menschliches Gewebe. Zudem bekommt der Kraftsport Armdrücken unter dem Einfluss von „Die Fliege“ eine noch nie da gewesene Härte.
Splatter mit Niveau auf Disney+!
Ohne Sinn und Verstand werden die Körper bei David Cronenberg allerdings nicht in ihre Einzelteile zerlegt. In seinem Remake von Kurt Neumanns vergleichsweise zahmen Gruselstreifen „Die Fliege“ aus dem Jahr 1958 steckt auch die Mahnung, wissenschaftlichen Fortschritt – Stichwort Genexperimente – stets kritisch zu hinterfragen.
Dafür steht die fortschreitende Entmenschlichung der Hauptfigur, die für ihr Ziele nicht nur das eigene Ich in Gefahr bringt, sondern buchstäblich über Leichen geht. Das persönliche Martyrium des Forschers lässt den Betrachter aber trotzdem nicht kalt. Als Seth im finalen Fliegen-Stadium von seiner Vaterschaft erfährt, trifft er eine folgenschwere Entscheidung, durch die der Horrorfilm in ein Familiendrama mündet.
Eine krankende Gesellschaft, Gewalt und seelische Abgründe sind auch bei den jüngeren Filmen des Regisseurs wie „A History of Violence“ (2005) oder „Maps To The Stars“ (2014) im Zentrum der Erzählung. Wer sich aber einen klassischen Cronenberg zu Gemüte führen möchte, kommt um die „Die Fliege“ nicht herum. Auf Disney+ könnt ihr den Mutanten-Horror auf Abruf streamen. Den Link dazu findet ihr oben im Artikel.
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