+++ Meinung +++
„Angriff auf Disney+“ titelte mein Kollege Björn im vergangenen Januar, als bekannt wurde, dass sich Netflix einen ursprünglich für die Leinwand produzierten Animationsfilm satte 100 Millionen Dollar kosten ließ. Damals hieß „Die Mitchells gegen die Maschinen“ noch „Connected“. Doch schon der Trailer ließ bereits erahnen, dass hier nicht bloß etwas wunderbar Schrulliges, sondern vor allem wahnsinnig Kreatives auf uns zukommt – das vor allem auch die (zahlreichen) Fans des herausragenden „Spider-Man: A New Universe“ ansprechen dürfte.
Nachdem Sony mit dem innovativen Superhelden-Abenteuer bei den Oscars 2019 sogar Dauer-Favorit Disney/Pixar den Rang ablief, zeichnete sich also das nächste Highlight der Maushaus-Konkurrenz ab – das am Ende zwar nicht ins Kino kam, stattdessen aber als Kampfansage im frisch entfachten Streaming-Krieg gelten durfte: Denn „Die Mitchells gegen die Maschinen“ landete so bei Disney+-Gegenspieler Netflix, der den Familienfilmspaß für Groß und Klein exklusiv im Programm hatte. Bis jetzt:
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Ab 16. Dezember 2021 gibt es „Die Mitchells gegen die Maschinen“ dann aber auch auf DVD und Blu-ray – und somit für alle, die den Streaming-Dienst mit dem roten „N“ nicht abonniert haben und das auch nicht wollen. Und die physische Auswertung bringt durchaus Bonuspunkte mit, etwa in Form erweiterter Szenen und des Kurzfilms „Dog Cop 7 - Das letzte Kapitel“. Doch egal, ob ihr den Film am Ende nun streamt oder auf der guten alten Scheibe guckt: Euch erwartet ein herrlich abgefahrenes, aufregendes und herzerwärmendes Animationsfilm-Abenteuer, mit dem Eltern mindestens genauso großen Spaß haben können wie die Kleinen.
"Die Mitchells gegen die Maschinen": Eine Chaos-Familie in der Apokalypse
Zugegeben, inhaltlich wird „Die Mitchells gegen die Maschinen“ keinen Innovationspreis absahnen. Eine künstliche Intelligenz, die die Menschheit vernichten oder wenigstens unterjochen will, ist spätestens seit Science-Fiction-Meilensteinen wie „2001: Odyssee im Weltraum“ und „Terminator“ aus dem Kino nicht mehr wegzudenken. Der Clou bei dem Film von Michael Rianda und Jeff Rowe: Sie verknüpfen das Konzept der Tech-Apokalypse mit einer rührenden Coming-of-Age-Geschichte und einem Reigen kreativer visueller Ideen.
Das Herz des Films bildet die filmvernarrte Teenagerin Katie (im Original gesprochen von Abbi Jacobson), die nach zahlreichen selbstgedrehten Kurzfilmen mit Familien-Mops Monchi in der Hauptrolle endlich kurz davor steht, ihr Hobby zum Beruf zu machen: Nach dem High-School-Abschluss geht es nun nämlich endlich auf die Film-Uni, wo sie unter Gleichgesinnten ihrer cinephilen Leidenschaft frönen kann. Davor allerdings gilt es, die Robo-Apokalypse zu überstehen – und so ganz nebenbei die Beziehung zu ihrem entfremdeten Vater (Danny McBride) zu kitten.
„Die Mitchells gegen die Maschinen“ mag reichlich Action und Spektakel bieten, ist in erster Linie jedoch eine mitten ins Herz gehende Vater-Tochter-Geschichte, die es einem leicht macht, Anknüpfungspunkte in der eigenen Geschichte zu finden (das gilt natürlich auch für Mütter und Söhne). Neben zahlreichen Identifikationsmöglichkeiten wachsen einem Katie, Rick und Co. aber nicht zuletzt ans Herz, weil sie ihre Ecken und Kanten nicht bloß akzeptieren, sondern letztendlich auch als das ansehen, was sie nun mal sind: Merkmale, die sie einzigartig und besonders machen.
Und für alle Filmfans, die dem Kino genauso verfallen sind wie Katie, lädt der Film obendrein auch noch zur ausgiebigen Easter-Egg-Suche ein. Denn es gibt jede Menge kleine und große Anspielungen auf allerhand Klassiker der Filmgeschichte zu entdecken – von „Blade Runner“ über „Dawn Of The Dead“ bis hin zu „Shining“.
Nichts für die ganz Kleinen
Was „Die Mitchells gegen die Maschinen“ aber nicht nur zu einem mitreißenden Abenteuer, sondern für mich außerdem auch zum vermutlich besten Animationsfilm (und einem der bislang besten Netflix-Filme) des Jahres macht, ist der wilde Mix aus erfrischendem Humor und noch erfrischenderen Animationen. Während Disney dahingehend lange Zeit das Maß aller Dinge war, zeigte Sony bereits mit „Spider-Man: A New Universe“, dass man dem Genre mit ein wenig Mut nach wie vor neue Facetten verleihen kann – und genau da knüpft „Die Mitchells gegen die Maschinen“ nahtlos an.
Statt auf detailverliebte Bilderwelten à la Disney setzt man erneut auf quirlig-cartoonartige Bilder, denen keine Grenzen gesetzt scheinen. Gerade Katie und ihre Familie wirken so stets wild und frei und individuell, fast schon karikiert, während die mechanischen Invasoren in unterkühlter Optik daherkommen, sodass die Abgrenzung von der alten analogen und der neuen modernen Welt nicht nur inhaltlich Thema, sondern auch visuell aufgearbeitet wird.
Neu im Kino: Einer der teuersten Netflix-Filme aller Zeiten, ein meisterhaftes Gangsterepos & ein Horror-Slasher mit 5 (!) KillernDie FSK gab „Die Mitchells gegen die Maschinen“ übrigens ab sechs Jahren frei – und das nicht ohne Grund. Denn das apokalyptische Abenteuer der Chaos-Familie fällt stellenweise durchaus düster aus (immerhin wollen Roboter den Planeten übernehmen) und bietet obendrein einen ebenso abwechslungsreichen wie kunterbunten Bilderrausch, der die ganz Kleinen wohl noch überfordern dürfte.
Für alle, die das Ganze aber sowohl inhaltlich als auch visuell verarbeiten können, gibt es von mir eine uneingeschränkte Empfehlung. „Die Mitchells gegen die Maschinen“ kommt mit jeder Menge Witz und mindestens genauso viel Herz daher – und ist perfekt unperfekte Familien-Unterhaltung.
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