Es hat alles ganz harmlos angefangen. In „The Kissing Booth“ von 2018 startete Teenagerin Elle (Joey King) einen „Kussstand“ auf dem Schulfest, obwohl sie noch nie zuvor einen Jungen geküsst hatte – eine vermeintlich harmlose Prämisse für eine vermeintlich harmlose romantische Komödie. Aber dann schlug die Netflix-Produktion trotz mäßiger Kritiken plötzlich so große Wellen, dass sie kurzerhand zur „epischen“ Young-Adult-Trilogie ausgeweitet wurde. Bei so viel Aufmerksamkeit wollte ich mir dann auch selbst ein Bild machen, bin aber bei „The Kissing Booth 2“ direkt hintenübergekippt …
… als ich gesehen habe, dass die Fortsetzung 2 Stunden und 12 Minuten dauert! Klar sind viele Netflix-Produktionen – von „The Old Guard“ bis zu „The Last Days Of American Crime“ – 20 bis 30 Minuten zu lang, aber „The Kissing Booth 2“ schoss in dieser Hinsicht echt den Vogel ab. Rund 130 Minuten sind für eine Teenie-RomCom schlicht und einfach der pure Wahnsinn – oder ist das jetzt wirklich der „Vom Winde verweht“ der Instagram-Generation? Wie dem auch sei: Bei „The Kissing Booth 3“ hat Netflix sein Maß nun einigermaßen wiedergefunden, der Film ist knapp unter zwei Stunden lang – dafür hat der Trilogie-Abschluss aber offensichtlich ein ganz anderes Problem.
Das Ende enttäuscht die meisten
Gerade weil Fans der Reihe insgesamt fast sechs Stunden damit verbracht haben, Elle beim Erwachsenwerden zu begleiten, sind sie natürlich besonders daran interessiert, wie es mit ihrer Heldin weitergeht. Auf welche Uni wird sie nun gehen? Für welchen Jungen wird sie sich entscheiden? Fast so wie damals bei Rory nach sechs Staffeln „Gilmore Girls“. Die Spannung war also gewaltig:
Aber nun sind die allermeisten Zuschauer*innen gar nicht damit einverstanden, wie sich die Verantwortlichen der „Kissing Booth“-Reihe die Zukunft ihrer Protagonistin so vorstellen:
Statt sich für ihren Boyfriend Noah (Jacob Elordi), ihren Bestie Lee (Joel Courtney) oder sogar Marco (Taylor Zakhar Perez) zu entscheiden, macht Elle am Ende einfach ihr eigenes Ding. Darauf haben viele Romantik-Fans jetzt aber nicht sechs Stunden lang gewartet:
Einige finden zwar, dass das Ende eine gute Message habe, weil sich Elle für die Verwirklichung ihrer beruflichen Träume und nicht für die Liebe entscheidet …
… aber am Ende bleibt diese vorgeblich „moderne“ Haltung, die man allen Kalenderspruchweisheiten zum Trotz auch einfach als Trend zur neoliberalen Selbstoptimierung auslegen kann, eben doch nur bloße Behauptung. Das erkennt man daran, dass Elle ihre Uni-Entscheidung sehr lange nur von Typen abhängig macht, um dann plötzlich umzuschwenken, damit die Geschichte noch schnell eine (vielleicht gar nicht so gute) Botschaft bekommt.
„The Kissing Booth 3“ ist seit dem 11. August 2021 auf Netflix verfügbar und dürfte sich dort auch diesmal wieder zu einem der meistgesehenen Filme des Jahres mausern (natürlich ist er in Deutschland auch direkt auf Platz 1 der populärsten Netflix-Inhalte eingestiegen).
Warum wir nicht der Meinung sind, dass er diesen Erfolg verdient hat, aber trotzdem meinen, dass man sich diese Reihe schon allein aus filmästhetischen Gründen unbedingt mal antun sollte, erfahrt ihr in unserer ausführlichen Filmkritik:
The Kissing Booth 3