+++ Meinung +++
Offenbar liegt das Talent fürs Filmemachen in der Familie: Nachdem Jonás Cuarón zunächst mit seinem berühmten Vater Alfonso Cuarón das Drehbuch zum Sci-Fi-Meisterwerk und Oscar-Abräumer „Gravity“ verfasst hat, legte er mit dem zwar sehr viel bescheidener budgetierten, aber nichtsdestotrotz ungemein intensiven „Desierto – Tödliche Hetzjagd“ auch schnell noch eine eigene Regiearbeit nach.
Die simple Prämisse um einen rassistischen Irren, der in der Wüste Jagd auf mexikanische Immigrant*innen macht, hätte dabei leicht zum platten Reißer verkommen können – aber selbst wenn der Film im Kern ein gnadenlos geradliniger Thriller mit deutlichen Western-Anklängen bleibt, wird „Desierto“ durch seine starke Inszenierung (die Schönheit der karg-felsigen Landschaft liefert einen verstörenden Kontrast zum blutigen Treiben) sowie seine ungeheure Aktualität (Donald Trumps Mauerfantasien spuken schließlich noch immer in der US-Politik herum) noch extrem aufgewertet.
» "Desierto" im Abo bei Amazon Prime Video*
Darum geht’s in "Desierto"
Nachdem der Lastwagen der Schlepperbande in der Wüste zwischen Mexiko und den USA einen Motorschaden erlitten hat, müssen Moise (Gael Garcia Bernal) und die anderen Migrant*innen wohl oder übel zu Fuß weitermarschieren. Aber die Bullenhitze ist dabei noch ihr kleinstes Problem:
Der selbsternannte Grenzschützer Sam (Jeffrey Dean Morgan) eröffnet mit seinem Scharfschützengewehr das Feuer auf sie – und tötet so auf Anhieb den Großteil der Truppe. Mit den Überlebenden liefert sich der rassistische Massenmörder im Anschluss ein gnadenloses Katz-und-Maus-Spiel mit ungleichen Mitteln…
Grausame Stille
Nicht nur die Schönheit des Terrains ist in Anbetracht des stattfindenden Massenmordes befremdlich, auch die Stille entfaltet eine ganz ähnliche Wirkung: Wenn Sam mit ruhigem Arm die erste Gruppe von Einwanderer*innen abknallt, verhallen die Schüsse in der Weite der Wüste erstaunlich leise – ein erschreckend unspektakulärer und deshalb so nachhaltig verstörender Vorgang! Kaum minder verstörend sind die Attacken seines offensichtlich extra dafür abgerichteten Hundes, der seinen niedergerissenen Opfern zielsicher die Kehlen durchbeißt.
Eine menschliche Reaktion zeigt Sam erst, als sein vierbeiniger Freund eine Leuchtrakete ins Maul bekommt und elendig dahinsiecht. Solche superzynischen Antagonisten waren schon immer typisch für Genrefilme – aber wenn man sich heutzutage durch die sozialen Medien klickt, wirkt jemand wie Sam doch plötzlich erschreckend plausibel. Daher war es auch keine Überraschung, dass „Desierto“ damals von Mexiko sogar als offizieller Oscar-Kandidat des Landes eingereicht wurde.
*Bei dem Link zum Angebot von Amazon handelt es sich um einen sogenannten Affiliate-Link. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision.