+++ Meinung +++
Fußballspiele sind spannend, weil der Ausgang häufig bis ganz zum Schluss offen ist. Umstrittene rote Karten, späte Tore oder das Elfmeterschießen, so wie gestern beim EM-Spiel Italien gegen Spanien, können die Entscheidung bringen. Bis dahin wird je nach Perspektive der Zuschauer*innen gehofft oder gebangt, aber wirklich sicher kann man sich nur in den wenigsten Spielen sein. Gute Fußballspiele sind in dieser Hinsicht wie gute Horror- oder Thriller-Filme.
Bei „The Invitation“, der nur noch am heutigen 7. Juli 2021 auf Netflix zum Abruf bereitsteht, war ich mir sehr lange nicht sicher, in welche Richtung sich die Handlung entwickelt. Das hat mich – im besten Sinne – fertiggemacht.
Wenn ihr es nicht schafft, den Film heute noch auf Netflix zu schauen, oder gar kein Netflix-Abo habt, gibt es natürlich Alternativen - zum Beispiel könnt ihr „The Invitation“ bei Prime Video gegen Gebühr streamen oder auf Blu-ray und DVD kaufen.
›› "The Invitation" bei Amazon Prime Video leihen/kaufen*
Ich werde die Prämisse von „The Invitation“ nun so Spoiler-frei wie möglich beschreiben und dabei trotzdem versuchen, zu erklären, warum der Thriller von Regisseurin Karyn Kusama eine durchgehende, zunehmende und nervöse Spannung hat, die an Klassiker wie „The Wicker Man“ (1973) oder an „Midsommar“ von 2019 erinnert: Das sind beides Filme, bei denen ein Unheil lange in der Luft liegt. Nichts ist furchterregender als das unbestimmte Grauen.
Die Story von "The Invitation": Es beginnt mit einer überraschenden Einladung…
Will (Logan Marshall-Green) und Eden (Tammy Blanchard) waren ein Paar, das seinen Sohn verlor. Nach dem Tod des Kindes verschwand Eden plötzlich aus dem Leben von Will. Nun aber, zwei Jahre später, hat sie sich plötzlich wieder bei ihm gemeldet. Gemeinsam mit seiner Freundin Kira (Emayatzy Corinealdi) ist Will zu einer Dinner-Party ins luxuriöse Haus von Eden und ihrem neuen Partner David (Michiel Huisman) eingeladen.
Will, Kira und die anderen Gäste der edlen Party in den Hollywood Hills werden freundlich begrüßt und insbesondere David lässt keine Gelegenheit aus, zu betonen, wie glücklich und erfüllt sein Leben mit Eden ist. Doch Will ist misstrauisch. Ohne, dass er genau sagen kann, was hier nicht stimmt, wittert er eine Gefahr, die von David und Eden ausgeht. Geht es den beiden wirklich darum, wieder mit anderen Menschen in Verbindung zu treten? Kann so viel Freundlichkeit überhaupt echt sein und ohne Hintergedanken auskommen?
Wer ist hier eigentlich der Aggressor?
Will und mit ihm die Zuschauer*innen bekommen im Laufe der Handlung Indizien zu Gesicht, die den Schluss erlauben, dass Will zu Recht argwöhnisch ist. Doch je mehr bei Will die Überzeugung wächst, dass hier etwas Furchtbares vor sich geht, umso mehr habe ich auch gezweifelt: Sicher, David und Eden wirkten auf mich in ihrer zur Schau gestellten Lebensfreude wie Heuchler. Aber liegt das nicht in erster Linie an meiner grundsätzlichen Skepsis, die ich mit in den Film bringe und die genährt wurde durch Regisseure wie David Lynch sowie Nicolas Winding Refn, die mir in den Filmen „Mulholland Drive“ und „Drive“ gezeigt haben, dass man im Großraum Los Angeles einfach nichts und niemandem trauen darf?
Die Stimmung auf der Party in „The Invitation“ wird stetig gereizter, es zeichnet sich eine brutale Eskalation ab – und trotzdem wurde ich sehr lange das unangenehme Gefühl nicht los, dass ich mich gemeinsam mit Will in eine zerstörerische Paranoia hineingesteigert habe. Wie Regisseurin Karyn Kusama diese Spannung bis zur Auflösung am Schluss aufrechterhält, ist meisterhaft (und die Auflösung selbst, das sei verraten, dürfte euch auch nicht kaltlassen).
*Bei dem Link zum Angebot von Amazon handelt es sich um einen sogenannten Affiliate-Link. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision.