+++ Meinung ohne Spoiler +++
„Star Wars“ begann im Kino, als „Krieg der Sterne“ 1977 die Tricktechnik revolutionierte und gemeinsam mit Steven Spielbergs 1975 veröffentlichtem „Der weiße Hai“ definierte, was ein Blockbuster ist. Inzwischen aber erneuert sich das Franchise nicht länger im Kino, wo die Fortsetzungen und Spin-offs ab „Star Wars 7: Das Erwachen der Macht“ eher auf Nostalgie ausgelegt waren. Wer ganz andere Held*innen und neue Story-Ideen sehen möchte, muss die 2008 gestartete Animationsserie „The Clone Wars“ schauen, die 2020 eine verspätete siebte (und letzte) Staffel bekam und die seit Mai 2021 mit der Serie „Star Wars: The Bad Batch“ fortgeführt wird.
Kam man als „Star Wars“-Fan in den Achtzigern noch damit durch, die auf ein junges Publikum zugeschnittenen Zeichentrickserien über drollige Ewoks und fröhliche Droidenabenteuer des Duos R2-D2/C-3PO zu ignorieren, da die Serien für den großen „Star Wars“-Gesamtplot keine Rolle spielten, ist die Lage heute eine andere:
Wer „The Clone Wars“ über die Klonkriege zwischen „Star Wars 2“ und „Star Wars 3“ nicht kennt, verpasst wesentliche, inzwischen auch in den Filmen aufgegriffene Wendungen wie die Wiederauferstehung des „Episode 1“-Bösewichts Darth Maul und den radikalsten Perspektivwechsel in der bisherigen Franchise-Geschichte: Die Klone, die in den Filmen „Star Wars 2“ und „Star Wars 3“ nur als seelenlose Armee gezeigt werden, sind in „The Clone Wars“ als Menschen mit sachten individuellen Zügen zu sehen.
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Die neueste „Star Wars“-Animationsserie, „The Bad Batch“ auf Disney+, knüpft inhaltlich direkt an das Ende von „The Clone Wars“ an: Die Klonkriege enden damit, dass die Jedi-Kämpfer von den eben noch verbündeten Klon-Soldaten verraten werden. Die Klone haben Chips im Gehirn, mit denen sie gezwungen werden, einen Befehl des Imperators auszuführen: Die Jedi sind die Feinde, tötet alle Jedi!
Doch es gibt eine Gruppe Klone, die genetisch so modifiziert wurde, dass sie fähiger und eigenständiger ist als ihre anderen Brüder: Das Spezialkommando mit dem Spitznamen Bad Batch. Diese Eigenständigkeit hat dazu geführt, dass der Tötet-alle-Jedi-Befehl bei ihnen nicht wirkt. Als die anderen Klone zu Mordinstrumenten des frisch ausgerufenen Imperiums werden, sind die Bad-Batch-Klone um Anführer Hunter plötzlich die größten Außenseiter der Galaxis.
›› "The Bad Batch" bei Disney+*
Das große neue Thema von „The Clone Wars“, die Individualität der Klone, wird in „The Bad Batch“ also weitergeführt, außerdem werden spannende Konflikte daraus gestrickt: Die Spezialklone müssen plötzlich gegen ihre vormaligen Kameraden kämpfen und sie tragen die Gesichter der neuen Diktatur, des Imperiums, kurzum: Sie haben Feinde auf allen Seiten und können nur einander so wirklich vertrauen (oder auch nicht, als sich im Laufe der Serie herausstellt, dass sie vielleicht doch nicht so immun gegen den Tötet-alle-Jedi-Befehl des Imperators sind, wie sie dachten).
Außenseiter- und Familiengescichte
„The Bad Batch“ ist – zumindest in den bisher veröffentlichten acht Folgen – eine spannende Wir-gegen-alle-Serie, die im Unterschied zu „The Clone Wars“ nicht mehrfach pro Staffel von Figur zu Figur und von Schauplatz zu Schauplatz springt, sondern ausschließlich die Klone und ihre Versuche zeigt, in einer frisch zur Diktatur gewordenen Galaxis zu überleben. Dieser Fokus sorgt dafür, dass einem die in ihren Fähigkeiten und Temperamenten so unterschiedlichen Klone richtig als kleine, chaotische Familie ans Herz wachsen können, während man sich bei „The Clone Wars“ häufig von Folge zu Folge an neue Figuren gewöhnen musste.
„The Bad Batch“ ähnelt in dieser Hinsicht also eher „The Mandalorian“, wo der Außenseiter Mando gefährliche Abenteuer in einer rauen Galaxis erlebt (was auch daran liegt, dass die Klone wie Mando auf ein ganz besonderes Kind aufpassen müssen…).
Funktioniert auch ohne "The Clone Wars" und ist hübscher
Die Erzählstruktur von „The Bad Batch“ ist eine andere als die von „The Clone Wars“, und Neueinsteigern sei außerdem mit auf den Weg gegeben, dass niemand „The Clone Wars“ geschaut haben muss, um „The Bad Batch“ zu verstehen. Der Einstieg von „The Bad Batch“ wurde so gestaltet, dass sich auch alle Zuschauer*innen zurechtfinden, die nur die „Star Wars“-Filme geguckt haben: Die Serien-Handlung setzt ein, kurz bevor sich die Klonarmee gegen die Jedi wendet, wir sehen Jedi und Klone also noch kurz Seite an Seite und anschließend wird uns die Bad Batch ausführlich vorgestellt. Die Ausrede „Ich habe aber ‚The Clone Wars‘ nicht geguckt“ zählt also nicht ...
… genauso wenig wie eine Abneigung gegen den Animationsstil der Vorgängerserie, der vor allem in den ersten Staffel zugegebenermaßen sehr hölzern war. Kantige Figuren ohne viel Ausdruck im Gesicht und die detailarmen Oberflächen der Umgebungen lassen „The Clone Wars“ aus heutiger Sicht leider mitunter wirken wie ein altes, hässliches Videospiel. Sah aber vor allem die letzte Staffel deutlich besser aus, gilt das nun auch für „The Bad Batch“.
Der Animationsstil mag insgesamt nicht auf dem bildhübschen Niveau eines neuen Pixar-Films wie „Luca“ sein, aber die Figuren haben endlich einen richtigen Ausdruck, die Settings gefallen mit ihrem Detailreichtum und die vierte Folge von „The Bad Batch“ gehört mit einem Planeten-Look irgendwo zwischen „Blade Runner“-Stadtfuturismus und orientalischem „Aladdin“-Märchen zum Hübschesten, was das „Star Wars“-Franchise bisher hervorgebracht hat.
Tut mir also den Gefallen und schaut „The Bad Batch“ wenigstens bis zur vierten Folge. Falls ihr anschließend noch mehr gucken wollt, was gut möglich ist: Noch bis zum 13. August 2021 wird jeden Freitag eine neue Folge dieser hübschen, spannenden und rührenden „Star Wars“-Serie veröffentlicht.
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