+++ Meinung +++
Eigentlich bietet sich eine Fortsetzung für „Lupin“ nicht so wirklich an. Klar, aus unternehmerischer Sicht ergibt es für Netflix schon Sinn, eine so erfolgreiche Serie fortzuführen. Doch andererseits erscheint die Geschichte von Assane Diop (Omar Sy) auch abgeschlossen. Seit seiner Jugend, als sein Vater Babakar aufgrund eines Schwindels von dessen reichem Arbeitgeber Pellegrini ins Gefängnis gekommen und durch vermeintlichen Selbstmord gestorben war, sinnte Assane auf Rache.
Der ungerechte Tod seines Vaters und sein Hass auf Pellegrini waren der Antrieb dafür, dass er sich das kriminelle Genie Arsène Lupins aneignete, um irgendwann bereit dafür zu sein, es dem mächtigen Mogul heimzuzahlen. Ganze 25 Jahre hat er auf den Moment hingearbeitet, und nach zehn trick- und wendungsreichen Folgen war es dann endlich so weit: Am Ende von Teil 2 ist es Assane gelungen, Pellegrini als Betrüger bloßzustellen und ihn von der Polizei verhaften zu lassen.
"Lupin" hat sein ganzes emotionales Pulver bereits verschossen
Assanes Rachefeldzug ist also geglückt, was soll jetzt noch kommen? Das schwere emotionale Gewicht vom Tod des Vaters und Assanes unerbitterliches Streben nach Gerechtigkeit gaben dem oberflächlichen Spektakel eine Dringlichkeit. Assanes schweres Schicksal ist der Grund dafür, weshalb wir mit dem Kriminellen mitfieberten. Teil 3 steht nun vor dem großen Problem, dass plötzlich der emotionale Kern der Geschichte wegbricht.
Eines steht fest: Es wird schwer werden, plötzlich aus dem Nichts einen Konflikt aus dem Hut zu zaubern, der für Assane auch nur ansatzweise eine so große Bedeutung haben wird wie die Rache gegen Pellegrini. Ein möglicher Ansatzpunkt wäre sein Sohn Raoul gewesen, doch auch der wurde bereits in den ersten beiden Teilen entführt. Ihn jetzt erneut in Gefahr zu bringen, wäre uninspiriert und redundant. Es muss also ein neuer Antrieb für Assane her – und (zumindest teilweise) auch ein neuer Schauplatz.
"Lupin" Staffel 3-Pläne enthüllt: Schöpfer der Netflix-Serie kündigt Änderung gegenüber Teil 2 anDenn am Ende von Teil 2 ist Assane in Paris ein gesuchter Mann, weshalb er ankündigt die Stadt zu verlassen, dabei aber auch immer wieder seiner Familie einen Besuch abzustatten, ohne dass sie es merken wird. Die Trennung von seiner Heimatstadt wird Assane noch mehr vom emotionalen Mittelpunkt seines Lebens abkapseln.
Die Ausgangslage sieht also wirklich nicht besonders vielversprechend aus. Wir haben einen Mann um die 40, der sein gesamtes bisheriges Leben einem einzigen Ziel gewidmet hat, und nach dessen Erfüllung auch noch aus seiner Heimat flüchten muss. Es wäre verständlich, würde Assane nun in einer Midlife-Crisis versinken und nur noch völlig antriebslos in der Gegend herumgaunern.
Meine größte Befürchtung für Teil 3
Serienschöpfer George Kay bestätigte im oben verlinkten Interview, dass Paris weiterhin eine wichtige Rolle in „Lupin“ spielen werde. Das ist einerseits der einzig logische Weg, um die Beziehung zwischen Assane und seiner Familie aufrecht zu erhalten. Andererseits macht es mir Sorgen. Das Ende von Teil 2 hat gezeigt, welch ein enormes Polizeiaufgebot hinter Assane her war. Es wäre blanker Wahnsinn, würde er sich weiterhin regelmäßig in Paris zeigen. Zwar ist es nur verständlich, dass er ab und zu auch seine Familie wiedersehen will, aber dann soll er sich bitte einen guten Plan überlegen, wie er das anstellt, ohne entdeckt zu werden.
Ich befürchte allerdings, die Serien-Verantwortlichen werden wieder den gewohnt einfachen Weg wählen und Assane einfach eine schlecht sitzende Perücke aufsetzen, damit er wieder sorgenfrei durch Paris spazieren kann. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass er mit einer solchen Aktion davonkommt:
"Lupin" Teil 2: Der Netflix-Hit hat seinen Erfolg nicht verdientMir scheint es jedenfalls das wahrscheinlichste Szenario zu sein, dass Assane irgendeinen Weg suchen wird, weiterhin für seinen Sohn da zu sein und deshalb nach Paris zurückkehrt. Doch vielleicht geht „Lupin“ ja auch in eine völlig andere Richtung. George Kay hat schließlich ebenfalls bestätigt, dass Teil 3 „weniger düster als Teil 2“ werde und wir „die Rückkehr des schelmischen Assane“ sehen werden, nachdem es für den Netflix-Gauner ja in letzter Zeit ziemlich eng wurde. Was das nun genau bedeutet, muss sich allerdings noch zeigen.
Ich sehe „Lupin“ gerade jedenfalls in einer kleinen Sackgasse stecken und bin gespannt, wie die Autor*innen sich da wieder hinausmanövrieren wollen. Ich bleibe skeptisch, lasse mich von Teil 3 aber gerne auch eines Besseren belehren.