Zu Beginn von „High Society - Gegensätze ziehen sich an“ muss das 26-jährige It-Girl Anabel (Emilia Schüle) feststellen, dass sie offenbar doch nicht die Tochter der steinreichen Charity-Queen Trixi von Schlacht (Iris Berben) ist! Stattdessen wurde sie von zwei besoffenen Krankenschwestern als Baby vertauscht – und zwar mit Aura (Caro Cult), die deshalb statt in der Society-Villa in einer Plattenbausiedlung als Tochter der resoluten Tierschutz-Aktivistin Carmen Schlonz (Katja Riemann) aufgewachsen ist...
Das klingt doch gerade in Anbetracht der namhaften Schauspieler nach einer vielversprechenden Ausgangssituation für eine zwar nicht sonderlich kreative, aber klassisch-geradlinige Komödie, in der sich jemand, der bisher im Reichtum geschwommen ist, plötzlich mit „normalen“ Menschen und „normalen“ Jobs auseinandersetzen muss – kennen wir schließlich zuhauf aus Vorbildern von „Das Leben stinkt“ bis zur Sitcom-Sensation „Schitt’s Creek“.
Aber in „High Society“ werden sowohl die Ghetto- als auch die Reichen-Klischees von Regisseurin und Drehbuchautorin Anika Decker einfach nur platt bedient statt pfiffig unterlaufen (die Pointe, dass Anabel nur wenige Sekunden nach dem Abstellen ihres Wagens vor dem Plattenbau alles Gepäck aus dem offenen Cabrio geklaut wird, war in New-York-Komödien schon spätestens ab Ende der Achtziger ausgelutscht) ...
Plötzlich Sado-Maso-Parodie
... und weil das alles eben nicht so recht funktioniert, wird im finalen Drittel einfach die Flucht nach vorne angetreten: Von der zunächst angepeilten Rich-Girl-lebt-plötzlich-von-Hartz-4-Satire wandelt sich „High Society“ plötzlich zu einer Parodie der SM-Romanze „Fifty Shades Of Grey“ – durchaus mit einem angedeuteten feministischen Kniff, aber auch wirklich nur einem angedeuteten.
Warum der Film im letzten Drittel überhaupt in diese neue und zuvor nicht einmal angedeutete Richtung schwenkt? Keinen blassen Schimmer! Und warum zum Teufel stehen ihre beiden Familien plötzlich am Flugplatz und winken zum Abschied, als sich Anabel für ein Jetset-Leben als Privathure entscheidet? Aber Sinn ergibt in „High Society“ ohnehin nur wenig...
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Als nächstes kommt: "Liebesding" mit Elyas M’Barek
Aktuell arbeitet „High Society“-Regisseurin Anika Decker („Traumfrauen“) übrigens an einer weiteren hochkarätig besetzten Komödie: In „Liebesdings“ spielt Elyas M'Barek einen Filmstar, der nach einem aus dem Ruder gelaufenen Interview in einem kleinen feministischen Theater landet, um seinen demolierten Ruf wieder aufzupolieren.
Die dortige Regisseurin Frieda (Lucie Heinze) ist von der Idee zwar gar nicht begeistert – allerdings kann sie die Zugkraft des Stars schon ganz gut gebrauchen, um den drohenden Ruin des Theaters womöglich doch noch abzuwenden...
„Liebesdings“ soll am 22. Februar 2022 in den deutschen Kinos anlaufen.
Dieser Artikel ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines älteres Textes. Anlass war die Aufnahme des Titels ins Abo von Amazon Prime Video.