+++ Meinung +++
Was Regisseur Wolfgang Petersen mit „Das Boot“ im Jahr 1981 geschaffen hat, lässt sich nur mit Superlativen angemessen in Worte fassen. Für mich ist die Original-Fassung der beste deutsche Film aller Zeiten und zugleich einer der besten (Anti-)Kriegsfilme aller Zeiten. 1985 folgte dann eine erweiterte Schnittfassung, die als Serie mit sechs je 50 Minuten langen Folgen im TV lief.
Die Serien-Variante von „Das Boot“ gibt es aktuell auf Netflix und diese ist nicht nur ebenso meisterhaft wie die Kinovariante, sondern auch noch deutlich umfangreicher.
Darum geht es in "Das Boot" auf Netflix
„Das Boot“ spielt im Jahr 1941, als der Zweite Weltkrieg in vollem Gange ist. Auch auf hoher See wird gekämpft und die hochentwickelten deutschen U-Boote sind unter den Allierten besonders gefürchtet. Leutnant Werner (Herbert Grönemeyer) ist ein Kriegsberichterstatter und soll die Besatzung des U-96 auf einem Einsatz begleiten. Ziel der Crew ist es, wichtige Transportrouten der Briten zu unterbinden.
Eigentlich soll Werner eine Erfolgsgeschichte schreiben, von den heroischen Taten der deutschen Soldaten berichten und so die Moral im Land stärken. Doch was ihn erwartet, ist der klaustrophobische Schrecken der Unterwasser-Kriegsführung. Angeführt vom stoischen Kommandanten (Jürgen Prochnow), von allen nur „Der Alte“ genannt, muss die Besatzung um ihr Leben kämpfen. Mit dabei: Spätere deutsche Schauspielstars wie Martin Semmelrogge, Uwe Ochsenknecht und Ralf Richter.
Darum ist "Das Boot" ein Meisterwerk
„Das Boot“ gilt als einer der authentischten Kriegsfilme aller Zeiten. Wie u.a. Experten des U.S. Naval Institute bestätigen, spiegelt der Film die Realität auf einem U-Boot sehr gut wider, auch wenn es (wie in fast jedem Film) hier und da natürlich auch einige kleine Abweichungen gibt, um für mehr Dramaturgie zu sorgen.
Petersen hat es aber auch gar nicht nötig, dass im großen Stil gekünstelt wird. Denn es ist gerade die Authentizität, die auch für einen enormen Unterhaltungsfaktor sorgt. Die Art und Weise, wie sich die Schiffskameraden regelmäßig trietzen und versuchen, sich in ihrer engen, miefigen Behausung irgendwie zu bespaßen, um mit der Situation besser klarzukommen, sorgt anfangs für lustige Momente, wird später aber schnell überschattet vom wahren Horror, der auf die Jungs wartet.
Das BootWenn es in „Das Boot“ mal zu kriegerischen Konflikten kommt, dann ist die Spannung wirklich zum Bersten. Der Schauplatz an Bord eines U-Boots sorgt schon für einen konstanten Druck. Jede Explosion könnte dazu führen, dass das Ding ein Leck bekommt und die ganze Besatzung qualvoll ertrinkt. Dabei sind es gar nicht so sehr die Explosionen, die am aufregendsten sind, sondern die unerträgliche Stille dazwischen.
In diesen Momenten, wenn nur das monotone Piepsen des Sonargeräts zu hören ist und die Besatzung arg schwitzend und angsterfüllt darauf hofft, dass der Angriff bald vorüber ist, erreicht „Das Boot“ eine Intensität, mir der nur wenige Filme und Serien mithalten können. Das liegt unter anderem daran, dass sich auch das U-Boot selbst so echt anfühlt. Wenn hier die Nieten aus der metallenen Hülle platzen und Wasserfontänen aus den Löchern schießen, dann fühlt es sich an, als stünde man direkt daneben, als wäre man Teil der unglücklichen Besatzung, die hier um ihr Leben kämpft.
Als besonderes Highlight tut sich hier „Der Alte“ hervor, der auch in den verzweifelsten Situationen stets die Ruhe bewahrt und pragmatisch handelt, um seine Crew irgendwie am Leben zu halten. Der sehnsüchtig treibende Titelscore von Klaus Doldinger verleiht dem Film außerdem ein weiteres unvergessliches Merkmal mit Ohrwurmpotential. Es gibt so vieles, was hier einfach gut funktioniert und nichts, was ich zu kritisieren habe. Auf ein besonderes Merkmal möchte ich hier aber noch hinweisen:
All die Figuren, mit denen wir in „Das Boot“ mitfiebern, sind deutsche Soldaten. Es handelt sich hierbei aber nicht um eindimensionale Nazis, sondern um die unterschiedlichsten Menschen, die sich teils wohl von naiver Kriegseuphorie haben anstecken lassen und mit zunehmender Dauer ihres Elends immer zynischer gegenüber dem Krieg und ihrem „Führer“ werden. Das geschieht jedoch subtil und Nazi-Deutschland steht nie im Vordergrund der Geschichte.
„Das Boot“ umfasst somit einen Aspekt, der nur selten in Filmen gezeigt wird: Auch deutsche Soldaten haben gelitten. Das soll nicht entschuldigen, dass sie mitverantwortlich für einen der größten Völkermorde in der Geschichte der Menschheit waren. Aber es gehört nichtsdestotrotz eben auch dazu, diese Seite zu kennen, um das ganze Bild zu sehen und besser zu verstehen.
Was ist besser: Film oder Serie?
Netflix bietet von „Das Boot“ nicht die Filmvariante an (von der es übrigens mehrere Schnittfassungen gibt, die sich von der Länge her stark unterscheiden), sondern nur die Serie. Auch sie ist eigentlich nur eine längere Version des Films, allerdings aufgeteilt in sechs Episoden, die insgesamt eine Laufzeit von knapp fünf Stunden hat.
Ich persönlich mag die Serie sogar noch lieber als den Film. Denn die Serie ist mehr von „Das Boot“, ohne dabei an Qualität einzubüßen. Im Gegenteil: Die Odysee unter Wasser wird durch die längere Laufzeit umso intensiver und immersiver. Es fühlt sich einfach mehr danach an, die Geschehnisse teils sogar in Echtzeit mitzuerleben. Dadurch ist es umso erlösender, wenn das U-Boot dann gelegentlich auch mal auftaucht und uns Luft zum Atmen gibt.
Allerdings kann sich dieses Erlebnis auch nur voll entfalten, wenn ihr die Serie am Stück schaut. Ich habe damals an zwei Tagen je drei Folgen geschaut und es war etwas schade, dass mich die Pause etwas aus der Immersion rauswarf, auch wenn ich danach relativ schnell wieder drin war.
Deshalb empfehle ich euch: Schaut die Serie auf Netflix, aber macht nicht allzu viele Pausen.