Die Ausgangslage der TVNOW-Dramedy-Serie „Tilo Neumann und das Universum“ ist herrlich skurril: Alles beginnt damit, dass sich der deprimierte Deutschlehrer Tilo Neumann (Christoph Maria Herbst) nach der Trennung von seiner Frau (Christina Große) in seiner Verzweiflung eine bunte Mischung aus Drogen einwirft. Alkohol, Gras, LSD: All das kann unmöglich gut für das Gehirn sein und so denkt sich Tilo erst nichts dabei, als er nach dem Aufwachen eine Stimme vernimmt, die er als drogeninduzierte Halluzination einordnet.
Doch weit gefehlt: Denn als sich seine neue Begleiterin auch noch viele Tage später zu Wort meldet, merkt Tilo, dass es sich dabei tatsächlich um eine übernatürliche Macht handelt.
Das Universum höchstpersönlich (gesprochen von Elena Uhlig) hat mit Tilo Kontakt aufgenommen und schlägt ihm einen Deal vor: Tilo soll fortan anderen Menschen helfen und im Gegenzug will das Universum dafür sorgen, dass mit dessen Leben in genau einem Jahr und elf Monaten wieder alles in Ordnung sein wird.
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Der verdutzte Mittfünfziger ist zwar mehr als skeptisch, willigt aber ein und so wird aus dem zuvor eher zynischen Lehrer mit der Zeit ein hilfsbereiter Wohltäter – auch wenn seine egoistischen Instinkte sich immer wieder dagegen sträuben.
Das Universum hat Humor
Christoph Maria Herbst ist ein Schauspieler, der ein besonderes Talent dafür hat, auch eher unsympathischen Charakteren Humor und Herz zu verleihen, so dass wir ehrlich mit ihnen mitfühlen und mitfiebern, zugleich aber auch wunderbar über sie lachen können. Herbsts Paraderolle als Stromberg in der gleichnamigen Comedy-Serie ist das beste und bekannteste Beispiel dafür.
In „Tilo Neumann und das Universum“ gelingt dem 55-Jährigen dieses Kunststück ein weiteres Mal, auch wenn der frustrierte Lehrer bei Weitem nicht so viele abstoßende Qualitäten vereint, wie die Hauptfigur in der beliebten Mockumentary-Serie von Ralf Husmann.
Besonders die unsichtbare Stimme von Elena Uhlig legt Tilos Charakterschwächen immer wieder auf humorvolle Weise offen. Denn Serienautorin Sonja Schönemann präsentiert uns das personifizierte Universum eben nicht als erhabenes, bierernstes Wesen. Stattdessen handelt es sich in der TVNOW-Serie um einen schelmischen Sidekick, der zwar nur die besten Intentionen hat, es aber auch spürbar genießt, den armen Tilo immer wieder an dessen Grenzen zu bringen.
Das sorgt dann dafür, dass sich die beiden des Öfteren kabbeln, zum Beispiel, wenn Tilo wenigstens auf dem Klo von seinem omnipräsenten Begleiter in Ruhe gelassen werden möchte. Oder auch, wenn der ganz und gar nicht vorbildhafte Lehrer mal wieder mit seinem Saufkumpanen Siggi (Ronald Kukulies) abhängt, während ihm sein transzendenter Floh im Ohr sagt, was für ein Versager der Siggi doch sei.
Die TVNOW-Serie zieht aus der herrlichen Chemie zwischen seiner Hauptfigur und dessen innerer Stimme jede Menge sympathischer Gags, hat aber mehr zu bieten als nur lustige Dialoge.
Prämisse und Erzählweise halten die Spannung aufrecht
Im späteren Verlauf der Serie offenbaren sich auch ungeahnt tragische Momente, die einem dann sogar auch emotional packen. Tilos Kindheitstrauma wird aufgegriffen und wir erfahren, warum sich sein Leben zum Negativen entwickelt hat. Diverse Zeitsprünge sorgen außerdem dafür, dass das Geschehen nicht linear chronologisch abläuft, sondern sich ein spannendes Mosaik von Tilos Leben ergibt, das sich erst nach und nach zusammensetzt.
Schnell gewöhnt man sich an die abgefahrene Prämisse, dass hier ein Mann mit dem Universum redet und man möchte einfach wissen, welche philosophischen Gedankenspiele und kuriosen Szenarien sich Sonja Schönemann noch ausgedacht hat. „Tilo Neumann und das Universum“ unterhält deshalb auf vielfältige Weise.
Die Serie erinnert aber auch daran, wie leicht es sein kann, anderen etwas Gutes zu tun, und steigert (ob gewollt oder nicht) das Bewusstsein für die Not anderer Menschen.
"Tilo Neumann und das Universum" ehrt die Helden des Alltags
Wer die Dramedy-Serie auf TVNOW guckt, bekommt plötzlich wieder einen geschärften Blick für die alltäglichen Bedürfnisse anderer Menschen, jedenfalls ging es dem Autor dieser Zeilen so. Ob man jemandem nur die Tür aufhält oder jemandem etwas herunterfällt und man es aufhebt: Oft ist es so leicht, anderen zu helfen, auch wenn es nur Kleinigkeiten sind.
„Tilo Neumann und das Universum“ erinnert uns an diese Mini-Heldentaten und feiert die feinen zwischenmenschlichen Gesten, die uns in der doch recht isolierten Gegenwart emotional wieder näher zusammenführen können. Die Dramedy-Serie bietet damit einen erfrischenden Kontrast zu den Superhelden, die unsere aktuelle Film- und Serienwelt prägen, aber in ihrer Perfektion kaum Identifikationspotential bieten.
Tilo ist eben ein Mensch wie du und ich, der uns trotz all seiner Schwächen zu kleinen, aber nicht minder wertvollen Heldentaten motiviert. Nicht nur deshalb, sondern auch aufgrund der herrlichen Chemie von Christoph Maria Herbst und Elena Uhlig als dessen übernatürliche Begleiterin ist „Tilo Neumann und das Universum“ eine rundum sympathische Dramedy-Serie, die gute Gags, eine Prise Spannung und auch den ein oder anderen emotional mitreißenden Moment bereithält.
Alle acht Folgen von „Tilo Neumann und das Universum“ können auf TVNOW gestreamt werden.