Wird „Kevin - Allein in New York“ neu synchronisiert, weil in die deutsche Fassung im Original nicht enthaltene rassistische Begriffe, darunter das N-Wort, eingebaut wurden? Das wird zwar (teilweise) vermeldet und sorgt für einige Aufregung, ist aber aktuell nicht in Sicht. Eine entsprechende Netflix-Ankündigung hat aber trotzdem sehr viele gute Seiten. Doch der Reihe nach: Was ist überhaupt passiert?
Die zuletzt unter anderem in „Berlin Alexanderplatz“ im Kino zu sehende Schauspielerin Thelma Buabeng machte vor wenigen Wochen darauf aufmerksam, dass in der deutschen Synchronisation von „Kevin - Allein In New York“ rassistische Begriffe verwendet werden – und zwar völlig, ohne dass es dafür eine Entsprechung in der englischen Originalfassung gibt.
In einem Instagram-Post, der schnell massiv geteilt wurde, stellte sie die berechtigte Frage: Wie könne es sein, dass sich ein deutsches Synchronstudio solche „völlig unnötigen rassistischen Übersetzungen zu einem Kinder- bzw. Familienfilm ausdenkt“?
Den Post adressierte sie unter anderem an Sat.1, wo der Weihnachtsklassiker regelmäßig wiederholt wird, an den Rechteinhaber Disney – aber auch an Netflix, weil sie mit dem Streamingdienst selbst noch in anderer Hinsicht Erfahrungen mit Rassismus bei der Synchronisation gemacht hat.
So teilte sie zusätzlich zum Verweis auf „Kevin - Allein in New York“ eigene Erfahrungen, die sie bei einer Synchronisationsarbeit gemacht habe, als sie das perfekte britische Englisch einer sudanesischen Frau in der deutschen Fassung mit einem Akzent sprechen sollte. Damals wurde ihr gesagt, dass Netflix sich dies so wünsche. Sie lehnte ab.
Der berühmte Streamingdienst mit dem roten N trat nun scheinbar mit ihr in einen Dialog und gelobte Besserung, wie Thelma Buabeng, die für den Netflix-Film „Freaks“ vor der Kamera stand und bei dem Netflix-Film „Die Geldwäscherei“ (s.o.) synchronisierte, auf Instagram publik machte.
Sie habe „ein längeres produktives Gespräch“ mit der Netflix-Supervisorin für die Synchronisation geführt. Die habe sich nicht nur entschuldigt, sondern auch Abhilfe versprochen. Verändernde Synchronisationen, in denen die Person im Original perfektes Englisch spricht, dann aber in der deutschen Fassung plötzlich einen Akzent hat, soll es zum Beispiel im Auftrag von Netflix nicht mehr geben.
Neu-Synchro für "Kevin"? Darum wird das wohl erst einmal nichts!
Zudem berichtet Buabeng auch, dass ihr versprochen wurde, dass die Synchro zu „Kevin - Allein in New York“ bei der nächsten Ausstrahlung geändert wird. Das führt zu der Meldung, dass Netflix den Film neu vertone. Doch das wird wohl eher nichts...
Denn Netflix kann das natürlich sehr einfach versprechen, wo es doch so aussieht, als würde der Streamingdienst den Weihnachtsklassiker ohnehin nie mehr im Programm haben. Schließlich liegen die Rechte daran mittlerweile bei Disney. Da das Maushaus mit Disney+ einen eigenen Streamingdienst hat (wo der Film auch läuft), ist ziemlich unwahrscheinlich, dass Netflix überhaupt noch einmal die Rechte bekommt. Daher werden wir „Kevin - Allein in New York“ mit dieser Synchro (oder irgendeiner anderen) ohnehin wohl nie mehr auf Netflix sehen.
Dass Netflix geantwortet hat, hat also wohl eher mit der allgemeinen Anklage über rassistische Probleme in der Synchronarbeit zu tun als mit dem Filmklassiker mit Macaulay Culkin selbst, denn mit diesem hat Netflix aktuell nichts mehr am Hut.
Hinsichtlich „Kevin - Allein in New York“ ist also abzuwarten, ob vielleicht Disney auch irgendwann reagiert. Zumindest ein deutlicher Hinweis auf die Problematik, wie ihn Disney ja mittlerweile auch vor vielen anderen Produktionen mit rassistischen Darstellungen hat, wäre wünschenswert. Dieser ist aktuell aber bei Disney+ noch nicht zu finden.
Trotzdem: Ein wichtiger Schritt von Netflix
Auch wenn nun die Schlagzeile um eine angebliche Neu-Synchronisation die Debatte überlagert, sollte man der Meinung des Autors dieser Zeilen nach vor allem den Teil der von Thelma Buabeng übermittelten Antwort betrachten, bei dem Netflix wirklich was machen kann und sich nun auch an diesen Worten, also an diesem Versprechen, messen lassen muss:
Der Streamingdienst kann Einfluss darauf nehmen, dass bei neuen Synchronisationen rassistische Begriffe, Klischees und Darstellungen nicht eingeführt werden:
Einer Figur, die in der Originalfassung perfektes Englisch spricht, nur wegen Hautfarbe oder Herkunft in der deutschen Synchro plötzlich einen Akzent zu verpassen oder sie gebrochenes Deutsch sprechen zu lassen, ist rassistisch (und verfälscht ganz nebenbei auch noch den Film)!
Das trifft übrigens auch auf clowneske Synchronisationen zu, die mit der Originalfassung nichts zu tun haben und nur aufgrund der Hautfarbe einer Figur verpasst wurden.
Solche Synchronisationen müssen aufhören und es ist eine Schande, dass es scheinbar noch immer solche Fälle gibt. Und da ist natürlich nicht nur Netflix, sondern auch jeder andere Auftraggeber (Streamingdienste, Filmverleiher, TV-Sender, ...) und am Ende natürlich auch das umsetzende Synchronstudio in der Pflicht!