„Babylon Berlin“ ist nicht nur im deutschen TV-Vergleich ein absolutes Mammutprojekt. Mit den ersten beiden Staffeln schuf man 2017 nichts weniger als die bis dato teuerste deutsche Serie. Das stolze Produktionsbudget von 40 Millionen Euro war dabei in jeder der 16 Folgen sicht- und spürbar. Mit enormem Aufwand wurde das abgründige Berlin der ausgehenden 1920er Jahre nachgestellt.
Und Staffel 3 knüpft nun nahtlos an diese akribische Weltenbildung an. Grundlage war dabei auch diesmal wieder dieselbe ambitionierte Arbeitsweise.
Eingespieltes Regie-Trio
Tom Tykwer, Achim von Borries und Hendrik Handloegten zeichnen bei der dritten „Babylon Berlin“-Staffel erneut für Drehbuch und Regie verantwortlich. Während das Trio die intensiv recherchierten Skripte noch direkt zusammen erarbeitet hat, hat man sich die Inszenierung nicht streng nach Folgen aufgeteilt (wie es sonst bei TV-Projekten üblich ist), sondern nach Drehorten.
Nachdem ein Look festgelegt war, hatte jeder der Filmemacher größtenteils sein eigenes Team, das recht unabhängig von den anderen agierte. Am Ende setzte man dann im Schneideraum wieder gemeinsam alles zusammen. Obwohl jeder auf diesem Wege seine ganz eigenen Stärken in die einzelnen Folgen einfließen lassen konnte, kreierte man so letztlich trotzdem ein Gesamtergebnis wie aus einem Guss.
Gestützt wurde ihre Wiederbelebung einer vergangenen Epoche dabei vor allem auch von vielen anderen Meisterleistungen hinter den Kulissen.
"Babylon Berlin" in Zahlen
Allein bei den ersten beiden „Babylon Berlin“-Staffeln kamen über 300 Haupt- und Nebendarsteller sowie mehr als 5.000 Komparsen zum Einsatz, um die bebende Metropole mit Leben zu füllen. Dazu gehörte natürlich auch, dass sie alle in authentische Kostüme gehüllt werden mussten, die Hauptfiguren sogar in eine Vielzahl verschiedener Outfits.
Auf diese Vorarbeit konnte man in Staffel 3 nun natürlich zurückgreifen, dennoch wurde der Aufwand dadurch nicht unbedingt geringer – mal ganz davon abgesehen, dass es in den neuen Folgen auch eine ganze Reihe neuer Gesichter gibt.
„Die größte Schwierigkeit bestand diesmal weniger in der Kreation neuer Charaktere als darin, die bereits bekannten Figuren um feine Details weiterzuentwickeln. Wir wollten uns keinesfalls wiederholen und doch gleichzeitig den individuellen Wiedererkennungswert der Figuren bewahren“, verriet Kostümbildner Pierre-Yves Gayraud dazu und betonte zudem, dass er erneut in ständiger enger Zusammenarbeit mit den Regisseuren viel Freiraum zum Experimentieren hatte.
Nicht weniger Sorgfalt floss in die Umgebungen. In den Staffeln 1 und 2 drehte man an über 300 Orten (vor allem in Berlin und Brandenburg), die auch entsprechend aufbereitet werden mussten. In Staffel 3 mussten nun nicht nur viele der bekannten Orte erneut her- und errichtet werden (so etwa das Polizeipräsidium inklusive neuer Abteilungen), wir besuchen auch komplett neue Schauplätze – allen voran das akkurat nachgestellte Filmstudio Babelsberg zur Zeit des aufkommenden Tonfilms. Dort bekommen es Gereon Rath (Volker Bruch) und Charlotte (Liv Lisa Fries) nämlich mit einem neuen Todesfall zu tun.
Das Augenmerk lag hier vor allem auf dem expressionistischen Bühnenbild der fiktiven Dreharbeiten. Mit der bloßen Kulisse war es hierbei aber nicht getan. Um für diese überhaupt ein Fundament zu schaffen, musste man sich erst die grobe Handlung für einen nicht-existenten Film überlegen. Ein schönes Beispiel dafür, wie „Babylon Berlin“ auch immer wieder über die bloße Abbildung hinausgeht und stattdessen vor dem historischen Hintergrund auch immer etwas Eigenes erschafft.
Trotz der vielen verschiedenen Orte wäre aber auch Staffel 3 ohne das Herzstück der Produktion und vor allem der Außendreharbeiten undenkbar: Die Neue Berliner Straße, international auch als Metropolitan Backlot bekannt.
Die Neue Berliner Straße
Die erst 2016 eröffnete Neue Berliner Straße im Studio Babelsberg ist heute eine der größten und modernsten Außenkulissen Europas. Dabei stand deren Bau wegen veranschlagter Kosten von fast neun Millionen Euro lange auf der Kippe, da dafür zunächst ein großes Projekt her musste. Hier bedingten sich das Bauvorhaben und „Babylon Berlin“ quasi gegenseitig.
Fest steht nämlich: Ohne die gesicherte Finanzierung von „Babylon Berlin“ wäre der Bau damals (noch) nicht zustande gekommen und ohne die Neue Berliner Straße hätte „Babylon Berlin“ nicht in der Form realisiert werden können, wie wir das Serien-Highlight nun kennen.
Die Neue Berliner Straße bietet auf einer Gesamtfläche von über 15.000 Quadratmetern vier Straßenzüge in unterschiedlichen Architekturstilen und mit mehreren Innenhöfen. Die zwischen 12 und 15 Meter hohen Hausfassaden erstrecken sich über eine Fläche von 8.400 Quadratmetern und können dank vieler Gerüstkonstruktionen noch erweitert werden. Die Kopfsteinpflaster- und Asphalt-Straßen nehmen rund 5.000 Quadratmeter ein.
Die einzelnen Bereiche sind dabei so verschieden und können so flexibel abgewandelt werden, dass hier verschiedene Metropolen in unterschiedlichen Epochen entstehen können – wie etwa das Berlin der 1920er Jahre. Tatsächlich sind die Fassaden so wandelbar, dass auch innerhalb von „Babylon Berlin“ die gleichen Ecken auf verschiedene Weise mehrfach genutzt werden – was durch entsprechendes Umbauen aber nicht weiter auffällt.
Zur Bedeutung der Neuen Berliner Straße für „Babylon Berlin“ und der Wiederaufnahme der Arbeit dort für Staffel 3 erklärte Szenenbildner Uli Hanisch:
„Hier konnten wir tatsächlich die Saat der ersten beiden Staffeln ernten. Die Neue Berliner Straße in Babelsberg ist ja eine feste Außenkulisse, die entsprechend immer noch da stand bzw. noch steht. Hier war es so, als ob man einen schlafenden Riesen weckt, der sich dann mühsam wieder aufrappelt und erst langsam wieder lebendig wird.
Eine so große Kulisse ist ein mysteriöser Apparat. Ganz lange bleibt es ein riesiger Haufen totes Material. Dann auf einmal, wenn alles da ist, die Schaufenster dekoriert, Lampen brennen, Autos hupen und Menschen im Kostüm geschäftig auf und ab laufen – auf einmal atmet der Ort und wird zur lebendigen Stadt. Ein Berlin vor knapp hundert Jahren, das es schon lange nicht mehr gibt.“
Bei der Aufrechterhaltung der Illusion spielt allerdings auch die mögliche Erweiterung durch Effekte aus dem Computer eine wichtige Rolle...
Ohne visuelle Effekte geht es nicht
So eindrucksvoll und vielseitig die Szenenbilder und Kulissen auch sind, auf Computereffekte kann auch „Babylon Berlin“ nicht verzichten. Am Rechner werden hier bisweilen ganze Straßenzüge entworfen, Gebäude erweitert oder Hintergründe eingefügt. Solche digitalen kosmetischen Feinheiten sind essentiell, wenn es um die Reise in eine Zeit geht, die es so nicht mehr gibt und die deswegen nicht einfach so abgefilmt werden kann.
Die Effektfirma Rise hat den Einsatz von visuellen Effekten in „Babylon Berlin“ im nachfolgenden Video sehr schön veranschaulicht:
Das fertige Ergebnis gibt es dann schon bald wieder im Fernsehen zu bestaunen.
Die 3. Staffel "Babylon Berlin" im Ersten und in der ARD Mediathek
Das Erste zeigt die zwölfteilige dritte „Babylon Berlin“-Staffel ab dem 11. Oktober 2020 um 20.15 Uhr erstmals im Free-TV. Zum Auftakt und am 14. Oktober gibt es jeweils drei Folgen am Stück. Am 15., 21. und 22. Oktober laufen dann jeweils noch einmal zwei Episoden zur selben Zeit.
In der ARD Mediathek können die ersten drei Folgen der neuen Staffel bereits ab dem 9. Oktober flexibel abgerufen werden. Zum TV-Start der Season gibt es dort dann schon die komplette Staffel im Stream. Schon jetzt stehen übrigens auch die ersten beiden Staffeln in der Mediathek bereit.